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ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Arzneimittel in der Tierzucht: Risiken für den Menschen?  
  Eine ganze Latte an Human-Arzneimitteln bzw. verwandten Substanzen finden in der Landwirtschaft Verwendung. Welche gesundheitlichen Risiken bergen sie für den Menschen?  
Antibiotika im Tierfutter, Hormone in der Zucht, Beta-Blocker in Tiermastbetrieben und Asthma-Medikamente lassen Rind und Schwein schneller zunehmen.

Eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen lässt sich am ehesten aus der Entstehung von Antibiotika-Resistenzen ableiten. Weniger klar sind negative Auswirkungen anderer Mittel.
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Antibiotika-Resistenzen durch Hühnerfleisch
"Wir haben in Stuhlproben von Patienten mit Campylobacter-Infektionen Resistenzen gegen ein Antibiotikum feststellen können. Da eine Hauptquelle von Campylobacter-Infektionen
Hühner sind, leitet sich daraus der Verdacht ab, dass diese Resistenzen etwas mit der Verwendung von Antibiotika in der Hühnerzucht zu tun haben", erklärte am Montag Gebhard Feierl vom Hygieneinstitut der Universität Wien gegenüber der APA.
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Analogie zu Humanmedizin
Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass in 35 Prozent der Stuhlproben resistente Erreger gegen bestimmte Antibiotika (Chinolone) nachweisbar waren. Und solche Chinolone gehören auch in der Humanmedizin zu den meist verwendeten Antibiotika.

Die Angst der Chemotherapeuten und Mikrobiologen vor dem Import von resistenten Bakterien aus der Tierzucht in die Humanmedizin ist bereits groß.

"Die bisherigen Beobachtungen deuten darauf hin, dass der Gebrauch von Antibiotika in der Massentierhaltung die treibende Kraft für die Entwicklung von Keimen darstellt, die gegen Antibiotika resistent sind", warnte vor Jahren auf dem Höhepunkt der Diskussionen über die Substanz Avoparcin Wolfgang Witte vom deutschen Robert-Koch-Institut.
Reserve-Antibiotikum massenweise verfüttert
Warum jahrelang ausgerechnet Avoparcin in Tonnenmengen bei Tieren eingesetzt werden durfte, muss wohl ganz sicher kritisch hinterfragt werden. Avoparcin ist eine mit dem vor allem in Spitälern und bei Schwerstkranken lebensrettenden "Reserve-Antibiotikum" Vancomycin verwandte Substanz.

Denn wenn Vancomycin nicht mehr bei Menschen wirkt, ist die Medizin so ziemlich am Ende ihres Wissens angelangt. Avoparcin wurde schließlich 1998 in der EU verboten. Seither hat sich die Rate der resistenten Keime in Deutschland und Dänemark wieder reduziert.

Die hoffentlich BSE-freie Kuh sollte trotzdem im Stall bleiben: Die ganz offenbar größte Gefahr bezüglich der Entstehung von resistenten Keimen geht von der unsachgemäßen Verwendung von Antibiotika beim Menschen und von der mangelnden Hygiene in Spitälern aus.
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Asthma-Mittel wenig untersucht
Wenig ist bekannt über die Auswirkungen der Aufnahme von Asthma-Mitteln - etwa Beta-Agonisten - aus Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs (z.B. Clenbuterol, Salbutamol, Brombuterol, Comaterol). In der Behandlung von Asthma beim Menschen werden jedenfalls viel höhere Dosierungen verwendet.
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Keine Gefahr bei Wachstumshormonen
Die Anwendung von Wachstumshormonen in der Tierzucht wurde ebenfalls immer wieder als besonders gefährlich dargestellt. Doch der Wiener Gynäkologe, Endokrinologe und Hormonspezialist Johannes Huber (Wiener AKH) beruhigte am Montag: "Das Wachstumshormon ist ein Peptid. Das heißt, es wird im Magen des Menschen sofort abgebaut. Deshalb muss man es den Tieren ja spritzen."
Keine genauen Daten zu Hormonen
Anders ist das bei Östrogenen und anderen Geschlechtshormonen. Huber: "Die sind 'lipophil', werden also im Fett gespeichert. Doch auch hier weiß man noch viel zu wenig. Es ist fast unmöglich, genaue Daten zu erheben."

Der Gynäkologe und sein Team haben jedenfalls bereits vor einiger Zeit weltweit erstmals die "Umweltbelastung" durch Östrogene messen können: Sie stellten fest, dass mit dem Morgenharn der Frauen am Vormittag in der Hauptkläranlage auch die Östrogene aus der "Pille" ankamen.

Manche Experten vermuten, dass diese unterschwellige Östrogen-Belastung auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Männern haben könnte.
->   Robert Koch Institut
->   Homöopathie in der Veterinärmedizin: Ausweg aus Schweineaffäre?
 
 
 
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01.01.2010