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Neue Schritte im feministischen Diskurs gefordert  
  Im Blick auf die 30-jährige Geschichte theologischer Frauenforschung ortet die derzeit in Graz lesende Gastprofessorin und Moraltheologin Regina Ammicht Quinn Bedarf nach neuen Schritten im feministischen Diskurs.  
Es bedürfe nun eines dritten Entwicklungsschritts, nachdem mit der Neuen Frauenbewegung in den 70er Jahren zwei Probleme schon angesprochen wurden: die Gleichheit und die Schaffung frauenidentifizierter Räume. Es bedürfe eines Schrittes, der den Blick auf die "dichotom gespaltene Wirklichkeit", wie es Ammicht Qinnn formulierte, lenke.
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Regina Ammicht Quinn
Die in Stuttgart geborene Ammicht Quinn (44) ist eine der prominentesten deutschen Theologinnen. Die Berufung als erste Professorin für Moraltheologie in Augsburg scheiterte im vergangenen Jahr am "nihil obstat", der Lehrbefugnis, die der Vatikan verweigerte. Seither hat Quinn zahlreiche Gastprofressuren und Lehraufträge im deutschen Sprachraum wahrgenommen.
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Erheblicher Nachholbedarf für Gleichheit
Die ersten beiden Phasen des feministischen Diskurses - Gleichheit und die Schaffung frauenspezifischer Räume - haben nach Ansicht der deutschen Theologin noch nicht richtig gegriffen: "Für beide Bewegungen gibt es innerhalb der Theologie und innerhalb der Kirche noch erheblichen Nachholbedarf", so Regina Ammicht Quinn. Sie drängt auf einen weiteren Schritt.
Die hierarchisierte und sexualisierte Ordnung im Blick
Es sei eine neue Phase notwendig, in der ein echter "Gender-Diskurs" geführt wird, der sein Augenmerk auf eine "sowohl hierarchisierte als auch sexualisierte Ordnung der Wirklichkeit, in der Geist und Körper, Kultur und Natur, Verstand und Gefühl einander entgegengestellt werden", richtet. Der Gender-Diskurs könne diese Dualismen aufbrechen und "aus dem Gelände der Geschlechterfallen heraus führen".
Kritik an Frauenförderung der Universitäten
Der breiten Frauenförderung, die in den letzten Jahren auch an österreichischen Universitäten Fuß gefasst hat, steht Ammicht Quinn durchaus kritisch gegenüber: "Zwar werden durch Kontakt-, Wiedereinstiegs- und Habilitationsstipendien tatsächlich wissenschaftliche Wege für Frauen eröffnet; gleichzeitig steigt die Abhängigkeit vieler Frauen von Sondermitteln", so die Moraltheologin.

Die Wege, die durch diese Sondermittel eröffnet oder zumindest geebnet werden, sind aber nach wie vor Sonderwege. Wege, die sich nicht geradlinig in die wissenschaftliche Normalbiografie einpassen", erläutert Ammicht Quinn. Für viele Institutionen scheine bisher damit das Problem "erledigt" zu sein.
Von der Gleichstellungspolitik zur Strukturpolitik
Auf der öffentlichen Ebene gehe es daher darum, den Weg von der Gleichstellungspolitik zur Strukturpolitik zu gehen. Reform könne nicht heißen "wir wollen ein bißchen mehr vom Gleichen". Es könne eben nicht länger darum gehen, die anderen - sprich die Frauen - in die traditionellen Lebensläufe einzupassen.
->   Koordinationsstelle für Frauen- und Geschlechterforschung Graz
 
 
 
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01.01.2010