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Auerochsen: Ausgestorben, aber nicht mehr lange?  
  Auerochsen, die urtümlichen Riesen mit den geschwungenen Hörnern, sind seit fast 400 Jahren ausgestorben. In zwei Zuchtstationen sollen sie in Deutschland wieder zum Leben erweckt werden. Zoologen in der Nähe von Soest in Nordrhein-Westfalen und in der Nesse-Aue bei Erfurt versuchen, die Auerochsen mit Hilfe heutiger Tiere zurück zu züchten.  
In 10 Jahren soll Zuchtziel erreicht sein
In der Nesse-Aue leben derzeit 20 Tiere auf einem Areal von ungefähr 35 Hektar. Der dunkelbraune Bulle und seine Kühe und Kälber bleiben bei jedem Wetter auf der Weide.

"In spätestens zehn Jahren wollen wir unser Zuchtziel erreicht haben", sagt Edgar Reisinger, Biologe der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Das Ziel ist Größe: Mehr als drei Meter lang wurden die Bullen der Urrinder und sie erreichten bis zu 1,80 Meter Schulterhöhe.
->   Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie
1627 wurde letzter Auerochs getötet
1627 wurde der letzte der Art Bos primigenius von Jägern getötet. Die direkten Vorfahren aller heute existierenden Rinder waren ausgestorben. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begannen die Gebrüder Heck, Zoodirektoren in München und Berlin, mit der Rückzüchtung der robusten, schwarz- oder rotbraunen Tiere. Sie entwickelten innerhalb weniger Jahrzehnte eine neue Rasse - die Heckrinder.
Zwischenzüchtungen bereits 1,50 Meter hoch
"Diese Tiere sehen den Auerochsen in ihrer Farbe sehr ähnlich, doch die richtige Größe war noch nicht erreicht", sagt Reisinger. Die Tiere in der Nesse-Aue bringen es auf auch schon stattliche 1,40 bis 1,50 Meter. Die Zwischenzüchtung der Heckrinder wurde dafür mit Robustrinderrassen wie Chianina, Maremmana und Sayaguesa gekreuzt.

Die ersten fünf Tiere bezog Thüringen aus den Niederlanden. Um die fehlenden Zentimeter kämpft neben den Thüringer Forschern ein Zuchtzentrum in der Lippe-Aue nahe Soest. "Auch der Kölner Zoo möchte sich wahrscheinlich in Zukunft an diesem Vorhaben beteiligen", hofft Reisinger.
Zusammenspiel von Landwirtschaft und Naturschutz
Im Freistaat gehe es allerdings nicht nur um die Rückzüchtung der Auerochsen, sagt Bernhard Schmidtmann, Landschaftsplaner und Gesellschafter der SALIX Weidegesellschaft mbH. Ziel sei auch das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Naturschutz. Schmidtmann hat im Auftrag des Magistrats der Stadt Erfurt ein Konzept entwickelt, eine Auenlandschaft unter natürlichen Bedingungen entstehen zu lassen.
Natur verändert sich mit den Ochsen ...
Seit drei Jahren lässt man nun der Natur freien Lauf. Die Rinder bräuchten ohnehin keine Pflege, erklärt Reisinger. Sie seien sehr resistent und ertrügen Temperaturen bis zu minus 30 Grad. Dank der urwüchsigen Tiere verändere sich auch die Natur in der Nesse-Aue. "Wir haben in der kurzen Zeit schon erstaunliche Veränderungen beobachten können", sagt auch Schmidtmann.
... z.B. mehr Fledermäuse als zuvor
Der Dung der Rinder ziehe Fliegen an, diese wiederum Fledermäuse und Vögel. "Durch die ganzjährige Beweidung mit unseren Robustrindern sind diese Tiere ebenfalls mit Nahrung versorgt", sagt Reisinger. Die Vielfalt der Fledermäuse sei beispielsweise von fünf auf elf Arten angestiegen.

Auch bedrohte Pflanzenarten kämen wieder öfter vor. "Die Wechselwirkung zwischen großen Pflanzenfressern und der Vegetation wird weiter intensiv erforscht", sagt der Biologe. "Die Landwirtschaft profitiert letzten Endes von den Rindern als Fleischproduzenten." Das Fleisch sei wegen der natürlichen und artgerechten Haltung im Freien bestens gereift und äußerst schmackhaft.

Jana Heintze/dpa
->   Evolutionärer Stammbaum der Rinder
->   Organisation zur Sicherung der landwirtschaftlichen Arten Vielfalt in Europa (Save-Foundation)
 
 
 
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01.01.2010