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Extra-Solare Planetensysteme werden erforscht
Gastbeitrag von Elke Pilat-Lohinger
 
  Die Entdeckung des ersten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems im Jahr 1992 zählt zu den herausragenden Ergebnissen der Astronomie des späten 20. Jahrhunderts. Heute kennt man bereits 46 Planetensysteme. Besonderes Augenmerk bei Ihrer Beobachtung gilt der Stabilität der Planetenbahnen. Langzeitstabilität ist auch eine Voraussetzung für die Bildung einer eigenen Biosphäre.  
Der erste Extra-Solare- Planet
Der erste so genannte Extra-Solare Planet wurde 1992 bei dem Pulsar PSR 1257+12 gefunden. Das allgemeine Interesse an den fernen Planeten wurde aber erst 1995 geweckt, als Genfer Astronomen den ersten Planeten bei einem sonnenähnlichen Stern (und zwar bei 51 Pegasi) nachweisen konnten.

Der planetare Begleiter von 51 Pegasi umläuft seinen Zentralstern in nur 4,2 Tagen, wodurch sich eine Umlaufgeschwindigkeit von ca. 120 km/s ergibt (dies entspricht etwa 4 mal jener der Erde um die Sonne). Lange Zeit haben sich diese Planeten unserer Kenntnis entzogen, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass ein Stern wie unsere Sonne im sichtbaren Licht eine Milliarde mal heller strahlt als ein Planet. Dies verdeutlicht die Schwierigkeiten des photometrischen Nachweises.
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Gastbeitrag
Dr. Elke Pilat-Lohinger untersucht im Rahmen des Hertha-Firnberg-Programms des Wissenschaftsfonds (FWF) in einem Forschungsprojekt die "Stabilität von Extra-Solaren Planeten".
->   Wissenschaftsfonds (FWF)
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Nachweis der Extra-Solaren Planeten
Ermöglicht wurde das Auffinden der Extra-Solaren Planeten
durch die periodische Dopplerverschiebung im Sternspektrum, wobei auch diese Methode eine extreme Messgenauigkeit voraussetzt. So bewirkt ein jupiterähnlicher Planet eine Änderung von nur einem Zehnmillionstel in der Wellenlänge des Sternlichts!

Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass man heute bereits mehr als 70 Extra-Solare Planeten bei sonnenähnlichen Sternen kennt, deren Planetenmassen unter 11 Jupitermassen sind (der magische Grenze dafür, dass ein Himmelobjekt als Planet klassifiziert wird; wobei 1 Jupitermasse etwa 317 Erdmassen entspricht).
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Sind wir allein im Universum?
Diese vielfach gestellte Frage beschäftigt die Menschheit zumindest seit den Tagen von Giordano Bruno. Aufgrund seiner revolutionären Gedanken, zu denen auch die Vorstellung gehörte, dass es unzählige Sonnen gibt und unzählige Planeten, die diese Sonnen umkreisen - geriet der italienische Philosoph mit der katholischen Kirche oftmals in Konflikt und wurde im Jahre 1600 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Und doch wissen wir heute, dass die Planeten unseres Sonnensystems nicht die einzigen im Universum sind.
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Exotische Planetensysteme
Natürlich hat man auch in Fachkreisen erwartet, dass die fernen Planetensysteme unserem Sonnensystem ähnlich seien. Es zeigte sich jedoch, dass keines dieser Systeme mit unserem Sonnensystem vergleichbar ist, wo die Planeten nahezu auf Kreisbahnen und beinahe in derselben Bahnebene die Sonne umlaufen.

Aus beobachtungstechnischen Gründen wurden bisher nur sehr massereiche Planeten (zwischen 0.16 und 11 Jupitermassen) entdeckt, die zum Teil ihrem Stern sehr nahe sind (bis zu 0.038 AE/Astronomische Einheiten und das entspricht einem Zehntel der Distanz des Merkurs, dem innersten Planeten unseres Sonnensystems, zur Sonne!).
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Hohe Abweichungen von der Kreisbahn
Etwa die Hälfte aller Extra-Solaren Planeten bewegen sich auf Bahnen, deren mittlerer Abstand zum jeweiligen Stern kleiner ist als jener des Merkurs zur Sonne. Ausserdem zeigen etwa 50% der Extra-Solaren Planetenbahnen hohe Exzentrizitäten, das heisst Abweichungen von der Kreisbahn - ganz im Gegensatz zu den Planeten unseres Sonnensystems.
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Stabilität der Planetenbahnen und Biosphäre
Aber nicht nur für die Beobachtung zählen die Extra-Solaren Planeten zu den aktuellsten Forschungsobjekten, sondern auch für das Fachgebiet der Dynamischen Astronomie, da die Langzeitstabilität der Planetenbahnen von grösster Wichtigkeit ist, weil sie mit eine Voraussetzung für die Bildung einer Biosphäre ist.
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Das Hertha-Firnberg-Projekt
Das für die Hertha-Firnberg-Stelle bewilligte Projekt befasst sich
eingehend mit der Stabilität der entdeckten Extra-Solaren Planeten.
Im Speziellen werden jene Systeme studiert, deren Planetenbahnen eine hohe Exzentrizität aufweisen.

In diesem Zusammenhang soll auch untersucht werden, ob in diesen Systemen mit weiteren Planeten zu rechnen ist, und wenn ja, wie deren Bahnen aussehen, bzw. welche Massen sie haben.
Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts ist die Untersuchung von
Doppelsternsystemen, da die meisten Sterne Doppel-- oder Mehrfachsysteme bilden.
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Planetenbahnen in Doppelsternsystemen
In Doppelsternsystemen sind grundsätzlich 2 Arten der Bewegung von Interesse: die S-typ Bahnen, wo sich der Planet um einen der beiden Sterne bewegt und die P-typ Bahnen, wo der Planet in einer weit entfernten Bahn um beide Sterne läuft.

Die Stabilitätsbereiche für diese beiden Bahntypen werden allgemein für massereiche Planeten bestimmt, wobei die Abhängigkeit der stabilen Zonen von verschiedenen Komponenten untersucht werden soll:
(a) von der Exzentrizität des Doppelsterns
(b) von der Exzentrizität des Planeten
(c) von der Neigung der Planetenbahn und
(d) von der Masse des Planeten.
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Planetare Begleiter
Neben dieser allgemeinen Studie von Doppelsternsystemen wird auch eine detailierte Analyse jener Systeme durchgeführt, bei denen ein planetarer Begleiter nachgewiesen wurde. Es handelt sich hierbei um die Sternsysteme 55 Cancri, tau Bootes, Gliese 86 und 16 Cygnus B, wobei vor allem der Planet von 16 Cygnus B sehr interessant ist, da er sich auf einer stark exzentrischen Bahn bewegt.
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Planeten in der "habitable zone"
Beim Studium der S-typ Bewegung werden auch jene Planetensysteme analysiert, bei denen ein massereicher Gasplanet etwa in Erdentfernung vom Stern gefunden wurde. Dieser befindet sich damit in der sogenannten 'habitable zone'.

Natürlich kann sich auf solch einem Planeten selbst kein Leben wie auf der Erde entwickelt haben bzw. entwickeln. Es stellt sich aber bei diesen Planetensystemen die Frage, ob einzelne Planeten eventuell einen oder mehrere Monde besitzen, die eine Entwicklung wie auf unserer Erde ermöglichen könnten.
Lebensdauer der Planetensysteme
Die einzelnen Schwerpunkte dieses Projekts werden durch numerische Modellrechnungen und anschliessende Bahnanalysen bearbeitet und sollen Aufschluss zu höchst aktuellen Fragen wie der dynamischen Lebensdauer der Extra-Solaren Planetensysteme geben.
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Elke Pilat-Lohinger promovierte 1994 mit der Dissertation "Statistische Methoden zur Bestimmung der dynamischen Lebenszeit von Kometen". Die wissenschaftlichen Arbeiten ihres Forschungsprojektes werden im Rahmen einer Hertha Firnberg Nachwuchsstelle am Institut für Astronomie der Universität Wien durchgeführt. Stabilitätsanalysen von astrodynamischen Systemen wie z.B. Planetensystemen, Bahnen von Kometen und Asteroiden mit dem Schwerpunkt erdnaher Asteroiden zählen zu den Forschungsbereichen der Astro Dynamics Group des Instituts.
->   Astro Dynamic Group
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Weitere Gastbeiträge über das Hertha-Firnberg-Programm finden Sie unter folgenden Links:
->   Sabine Weiss: Sprachverarbeitung im Gehirn
->   Monika Seekrichner: Wittgensteins kommentierter Nachlass
->   Maja Pivec: Neues Leben in Forschungsschulen
->   Sabine Agatha: Verborgene Lebewesen des Meerwassers
->   Ursula Prutsch: Kulturpolitik und Kulturtransfer in Brasilien
 
 
 
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01.01.2010