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Stephen Hawking wird 60  
  Er kann sich nicht bewegen und nicht sprechen. Und doch lehrt er als Professor in Cambridge. Er gilt als einer der klügsten Köpfe der Welt und führt gerade wieder einmal seit Wochen die Bestsellerlisten an. Stephen Hawking, von manchen auch als "Herr des Universums" bezeichnet, ist ein Phänomen. Nach Meinung seiner Ärzte hätte er mit 22 Jahren an einer unheilbaren Nervenkrankheit sterben müssen - am 8. Jänner 2002 wird der Astrophysiker und Kosmologe 60 Jahre alt.  
Der Vater dreier Kinder ist Inhaber des Lehrstuhls an der britischen Universität von Cambridge, den schon Isaac Newton innehatte. "Damals war der Lehrstuhl allerdings noch nicht elektrisch", soll Hawking einmal in Anspielung auf seine Behinderung gescherzt haben.
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Unheilbar an ALS erkrankt
Als die Ärzte seine unheilbare Krankheit "amyotopische Lateralsklerose (ALS)" mitten in seiner Studienzeit diagnostiziert hatten, gaben sie ihm nur noch ein bis zwei Jahre. Er selbst macht Witze über seine Behinderung, die nicht wenig zur Mythisierung Hawkings beiträgt: Wenigstens komme er nicht in Versuchung, seine Zeit mit Joggen und Golfspielen zu vertrödeln, meinte er einmal. Seit einem Luftröhrenschnitt 1986 kann sich Hawking nur noch mit Hilfe eines Sprachcomputers verständlich machen.
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Fachmann für Kosmologie und Schwarze Löcher
Heute gilt Hawking als der bedeutendste lebende Wissenschaftler auf dem Gebiet der theoretischen Physik. Er hat wesentlich zum modernen Verständnis des Universums beigetragen und unsere Vorstellungen über Phänomene wie Schwarze Löcher revolutioniert.
Noch kein Nobelpreis ...
Er hat Dutzende wissenschaftlicher Preise gewonnen, wurde in die Royal Society aufgenommen, von Queen Elizabeth zum Commander of the British Empire und zum Companion of Honour ernannt. Lediglich der Physik-Nobelpreis fehlt ihm noch; nur eine Frage der Zeit, meinen seine Anhänger.
"Eine kurze Geschichte der Zeit"
Bild: APA
Bekannt wurde Hawking der breiten Öffentlichkeit aber erst mit dem populärwissenschaftlichen Millionenerfolg "Eine kurze Geschichte der Zeit - Die Suche nach der Urkraft des Universums".

Das Buch sicherte ihm eine Eintragung in das Guiness-Buch der Rekorde, es wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt, führte monatelang die Bestsellerlisten an und verkaufte sich seit 1988 über 20 Millionen Mal.
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Viel gekauft, wenig gelesen ...
Allerdings wird dazu gerne auch angemerkt, dass nur die wenigsten das Buch überhaupt gelesen haben. Noch weniger haben das auch zugegeben, darunter allerdings der "Times"-Rezensent des Millionenerfolges. Er gestand offen ein, er sei über Seite 29 nicht hinausgekommen. Mittlerweile arbeitet Hawking aber an einer neuen Fassung - für Kinder.
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Antworten auf die großen Fragen der Menschheit
Hawking sucht die Antwort auf die großen Fragen der Menschheit: "Mein Ziel ist ein vollständiges Verständnis des Universums, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert."

Mit anderen Worten: Er will "die Gedanken Gottes lesen", wobei der Atheist den Begriff Gott allerdings nur als schöneres Wort für die abstrakten Gesetze der Physik verwendet.
Auf der Suche nach der "Weltformel"
Dieses Ziel glaubt er erreichen zu können, wenn er die Weltformel findet. Eine Formel, die Einsteins Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik verbindet. Einen Satz mathematischer Gleichungen, der vom Urknall bis zu den Atomen alles erklären soll.
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"Gott würfelt nicht"
Der Begründer der Relativitätstheorie, Albert Einstein, hatte die aus der Quantentheorie folgende Unschärferelation immer abgelehnt, wonach bei einem Elementarteilchen Ort und Geschwindigkeit nicht gleichzeitig, sondern nur unscharf bestimmt werden können.

"Gott würfelt nicht", lautet Einsteins bekanntes Zitat. Die Versöhnung beider Theorien ist Hawkings Mission: "Dann hätten wir die Weltformel, eine allumfassende Theorie für alles, die das Universum von Anfang bis Ende beschreiben würde."
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Pessimistische Prognose für die Menschheit
In den 70er Jahren glaubte Hawking noch, die Wissenschaft werde diese Formel bis zum Jahr 2000 gefunden haben. Inzwischen hat er die Stunde der Erkenntnis auf das Ende des 21. Jahrhunderts verschoben.

Aber er ist sicher, dass sie kommen wird - falls die Menschheit noch so lange existiert. Denn was die Zukunft der Menschen angeht, ist Hawking pessimistisch.
Treibhauseffekt und Killerviren ...
Nacheinander hat er bereits ihr nahendes Ende durch den Treibhauseffekt und ein Killervirus vorausgesagt. Auch einen Kometeneinschlag hält er für möglich.

Das nächste Jahrtausend jedenfalls werde die Menschheit nur dann erleben, wenn sie in Kolonien den Weltraum besiedelt, sagte Hawking im vergangenen Oktober in einem Interview.

"Panikmache" werfen ihm seine Kritiker vor. Sie graust es auch bei Hawkings Spekulationen über Außerirdische, Zeitreisen und den "neuen Genmenschen".
Keine Selbstzweifel
Der "Fachmann für die Entstehung des Universums und Schwarze Löcher" dagegen kennt keine Selbstzweifel. Kritikern fährt er schon mal mit seinem Rollstuhl über die Füße.

Gelegentlich weist er darauf hin, dass er am 300. Todestag von Galileo Galilei geboren wurde, den Lehrstuhl Isaac Newtons innehat und "nicht so bedeutend wie Einstein" ist.

Und auch als populärwissenschaftlicher Autor ist Hawking nach wie vor erfolgreich: Sein im vergangenen Jahr veröffentlichtes Buch "Das Universum in der Nussschale" führt einmal mehr die Bestsellerlisten an.
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Die Hawking-Strahlung
Hawking beschäftigte sich lange in theoretischen Berechnungen mit so genannten Schwarzen Löchern, Objekte von einer so hohen Dichte, dass nicht einmal Licht ihrer enormen Anziehungskraft entkommen kann.

Hawkings bekannteste Entdeckung in Bezug auf Schwarze Löcher ist wohl die nach ihm benannte Hawking-Strahlung: Vereinfacht gesagt erklärt er damit, wie ein Schwarzes Loch Strahlung emittieren kann und gleichzeitig den Energiegesetzen gehorcht. Denn eigentlich dürfte ein Schwarzes Loch keinerlei Teilchen abstrahlen, da es ja alle Materie schluckt.

Doch gemäß seiner Theorie geht man von einem Vakuumzustand aus, in dem - nach Heisenbergs Unschärferelation - ständig virtuelle Paare aus Materie und Antimaterieteilchen entstehen und wieder verschwinden. Durch die starke Gravitationskraft des Schwarzen Loches kann es passieren, dass diese Paare getrennt werden und ein Teilchen ins Schwarze Loch fällt, während das andere ins All entkommt. Dieser quantenmechanische Prozess könnte über viele Milliarden Jahre sozusagen zum Verdampfen von Schwarzen Löchern führen.
->   Mehr zur Hawking-Strahlung
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"Ich hoffe, er würde lächeln"
Welchen wissenschaftlichen Rang er wirklich hat, darüber streiten vorerst noch die Gelehrten. Und auf die Frage eines Journalisten, was Gott wohl zu seinen Theorien sagen würde, antwortete Hawking einmal: "Ich hoffe, er würde lächeln. Wenn nicht, wäre ich in großen Schwierigkeiten."
->   Stephen Hawkings Homepage
->   Ausführliche Infoseite zu Stephen Hawking
 
 
 
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01.01.2010