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Magnetische Bits und Bites  
  Ob Kassetten, Disketten oder Festplatten - magnetische Aufzeichnungsverfahren sind immer noch eine der gängigsten und günstigsten Methoden, große Datenmengen zu sichern. Die Funktionsweise der Magneten während des Speichervorgangs war jedoch bisher nicht genau erforscht. Kanadischen Physikern ist es jetzt gelungen, den Prozess in einer Hochgeschwindigkeitsaufnahme sichtbar zu machen.  
Die Magneten im Magnet
Herkömmliche Magneten bestehen aus vielen mikroskopisch kleinen Magneten, den so genannten Elementarmagneten. Diese können - ähnlich kleiner Kompassnadeln - in eine beliebige Raumrichtung zeigen.
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Das Elementarmagnet-Modell
Beim Elementarmagnet-Modell denkt man sich alle magnetisierbaren Materialien aus unvorstellbar vielen, unvorstellbar kleinen Elementarmagneten zusammengesetzt. Diese kleinsten Magneten lassen sich nicht weiter zerlegen.
Beim magnetischen Zustand liegen die Elementarmagneten in geordneter Form vor. Liegen sie hingegen in ungeordneter Form vor, so ist der Gegenstand unmagnetisch.
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Sind die Elementarmagneten im Wesentlichen in eine Richtung ausgerichtet, so liegt eine Magnetisierung in diese Richtung vor. Durch ein externes Magnetfeld lassen sich die Elementarmagneten neu ausrichten bzw. umpolen. Genau diese Eigenschaft spielt bei diversen Datenverarbeitungsprozessen in einem Computer eine wesentliche Rolle.
Was passiert beim Speichern
Ein Beispiel: Eine herkömmliche Diskette besitzt auf ihrer Oberfläche eine dünne Schicht magnetischen Materials. Der Schreibkopf eines PCs fungiert als Magnetfeld, das die Elementarmagneten auf der Diskette in eine der beiden möglichen Richtungen polt - und somit Daten speichert.

Bisher war allerdings nicht genau bekannt, wie sich das magnetische Material während des Speichervorgangs - also während einer oder mehrerer Umpolungen - verändert.

Die große Frage: Drehen sich die unzähligen kleinen Elementarmagneten synchron wie viele kleine Kompassnadeln, oder entstehen "Inseln" mit entgegengesetzter Ausrichtung? Die Antwort darauf könnte in nicht allzu ferner Zukunft die Speicher- bzw. Schreibgeschwindigkeit von Computern buchstäblich in Schwung bringen.
Hochgeschwindigkeitsaufnahme bringt Aufklärung
Mark Freeman von der University of Alberta und seinen Kollegen ist es nun gelungen, mit einem so genannten Raster-Kerr-Mikroskop zu beobachten, wie ein magnetisches Bit umklappt.
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Raster-Kerr-Mikroskop
Bei diesem Verfahren strahlen sehr kurze Laserpulse im Takt von Femtosekunden (10 hoch -15 Sekunden) auf unterschiedliche Stellen der Probe - sie wird systematisch abgerastert. Die Probenoberfläche reflektiert das Laserlicht, wobei sich auf Grund des lokalen Magnetfeldes die Polarisationsebene etwas dreht. Dieser Effekt heißt Kerr-Effekt, daher der Name des Verfahrens. Die Drehung lässt sich erfassen und schließlich zusammen mit der Ortsinformation in ein Bild verwandeln. Innerhalb von Sekundenbruchteilen entsteht so eine detaillierte Aufnahme des magnetischen Zustands der Probe.
->   Kerr-Effekt
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Freeman und sein Team verwendeten für ihre Versuche ein kleines Rechteck aus Permalloy - einer weichmagnetischen Eisen-Nickel-Legierung (Ni80Fe20). Daran wurde zunächst waagerecht ein Magnetfeld angelegt und in einem zweiten Versuch ein senkrechtes hinzugefügt. Dadurch wechselte die Magnetisierung des Permalloy-Rechtecks zwei Mal kurz hintereinander die Richtung.
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Details des Versuchsvorgangs
Die Physiker platzierten die zehn mal zwei Mikrometer (Abk. mm; das 10-hoch-6fache eines Meters) großen und 15 Nanometer (Abk. nm; das 10-hoch-9fache eines Meters, also ein milliardstel Meter) dicken Rechtecke auf einem schmalen Goldstreifen. Schließlich legten die Forscher ein Magnetfeld parallel zur langen Seite der Rechtecke an - ein so genanntes longitudinales Feld -, um die magnetischen Momente auszurichten. Danach schickten sie einen zehn Nanosekunden dauernden Strompuls durch die Goldleiterbahn, sodass für kurze Zeit ein Magnetfeld entgegen dem statischen Magnetfeld wirkte. Dadurch wechselte die Magnetisierung der Probe zwei Mal kurz hintereinander die Richtung. Bei einem zweiten Versuch schalteten die Physiker außerdem noch ein weiteres statisches Feld senkrecht zum longitudinalen Feld hinzu - ein so genanntes transversales Feld.
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Waagerecht plus senkrecht: Drei Mal schneller
Während der Versuche deutete sich schon an, dass zwei verschiedene Arten des Umklappens auftraten. Bei einem waagerecht angelegten Magnetfeld dauerte es 3,5 Nanosekunden, bis die Magnetisierung auf den Puls reagierte. War aber zusätzlich auch das senkrechte Feld angelegt, so ließ die Reaktion nicht länger als eine Nanosekunde auf sich warten.
Verwirrte Elementarmagneten
Die Kerr-Aufnahmen erklären den Unterschied: Ohne das zweite Feld entstanden zunächst kleine Inseln, in denen die Elementarmagneten schon in eine andere Richtung ausgerichtet waren. Diese wuchsen und schmolzen zusammen, bis schließlich das gesamte Rechteck in die andere Richtung magnetisiert war.
Neue Erkenntnis: Synchron-Drehung
Mit dem zusätzlichen senkrechten Feld drehten sich alle Momente synchron - und sehr viel schneller. "Das ist ein bemerkenswertes Resultat, das im Gegensatz zur bisherigen Auffassung solcher Prozesse an kleinen magnetischen Teilchen steht", meint David Awschalom von der University of California in Santa Barbara.

Mit dem neuen Wissen ließen sich neuartige Schreibköpfe entwickeln, die eine wesentlich höhere Datentransferrate zu bieten hätten. Die schnelle Kerr-Mikroskopie ermöglicht es zudem, Modelle zu prüfen, die bisher für den Entwurf mikro- und nanomagnetischer Bauteile genutzt werden.
->   University of Alberta
->   Physical Review Letters
->   Magnetisches Material im PC
->   Mass Storage Technology
 
 
 
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01.01.2010