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Optimismus bei Krebsimpfstoff  
  Ein Impfstoff, der den Körper dazu bringt, seinen Krebs selbst zu eliminieren - dieses Ideal verfolgen viele Forscher weltweit. Einer österreichischen Firma ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung gelungen. Der von ihr entwickelte Impfstoff wird bereits an Patienten getestet.  
Erste Ergebnisse bei Patienten stimmen vorsichtig optimistisch. Grundsätzlich könnte die in Österreich entwickelte Impfung bei allen so genannten epithelialen Krebsarten wirken - dazu gehören etwa Brust-, Darm-, Lungen-, Magen-, Eierstock und Prostatakrebs.
Immuntherapie: Krebs als fremd erkennen
Der Impfstoff des Biotech-Unternehmens Igeneon soll zweierlei bewirken: erstens das Immunsystem des Körpers insgesamt aktivieren, und zweitens, es Krebszellen als zu vernichtende Fremdkörper erkennen lassen.
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Wirkprinzip des Impfstoffes IGN 101
Der Impfstoff IGN 101 ist ein dem Menschen fremdes Protein. Wird dieses Protein injiziert, wird es vom Immunsystem als fremd erkannt und löst eine starke Immunantwort aus.

Zusätzlich ist das Protein so konstruiert, dass es zum Teil strukturelle Ähnlichkeiten mit einem Protein hat, das vermehrt auf der Oberfläche der meisten Krebszellen vorkommt. Das so genannte Tumor-Antigen EpCAM. IGN 101 "imitiert" damit die Krebszellen. Wenn das Immunsystem durch den Impfstoff aktiviert ist, lernt es EpCAM als fremd zu erkennen - und sorgt so auch für die Eliminierung der Krebszellen.
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Gefahr "schlafender Tumorzellen"
Ein Tumor zeichnet sich unter anderem durch unkontrollierte Zellteilung und damit beständiges Wachstum aus. Mit der bei der Krebsbehandlung üblichen Chemotherapie werden - bei allen bekannten und oft schwerwiegenden Nebenwirkungen - sich teilende Zellen abgetötet. Nicht behandelt bleiben damit aber "schlafende Tumorzellen".

Denn schon in ganz frühen Stadien einer Krebserkrankung können einzelne Tumorzellen abwandern und sich in anderen Körperregionen ansiedeln.

Diese "versteckten" Tumorzellen beginnen sich oft erst nach Jahren zu teilen und sind dann Grund für die Ausbildung von Metastasen. Und auch wenn bereits Metastasen vorhanden sind, spielen sich absiedelnde einzelne Tumorzellen noch eine wichtige Rolle.
Metastasierung verhindern
Mit Hilfe von IGN 101 soll das Immunsystem Tumorzellen unabhängig davon, ob sie sich teilen oder nicht, nur an ihrer Oberflächenstruktur erkennen.

Damit, so Igeneon-Vorstandsvorsitzender Hans Loibner, könnten auch die "schlafenden" Tumorzellen rechtzeitig eliminiert und so einer (weiteren) Metastasierung vorgebeugt werden.
Erste klinische Phase erfolgreich
An 20 Patienten, die an unterschiedlichen Krebsarten leiden, wurde in einer ersten klinischen Phase Verträglichkeit und Wirkprinzip des Impfstoffs getestet. Die Ergebnisse hält der Onkologe Hellmut Samonigg von der Universitätsklinik Graz für viel versprechend.
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Phase I klinischer Studien
In der Phase I klinischer Studien wird bei Patienten, für die in der jeweiligen Krankheitssituation keine andere sicher wirksame Therapiemöglichkeit besteht, das neue Medikament eingesetzt und vor allem dessen Verträglichkeit untersucht. Darüber hinaus wird natürlich auch gleich auf eine mögliche Wirkung des neuen Präparats geachtet.
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Bei 60 Prozent Immunantwort auf Tumor
Bei 100 Prozent aller Patienten wurde tatsächlich eine Immunantwort ausgelöst. In immerhin 60 Prozent der Fälle konnte auch eine speziell gegen den Tumor gerichtete Immunantwort nachgewiesen werden - eine durchaus optimistisch stimmend hohe Zahl, so Salmonigg.

Zusätzlich wurden außer nicht schmerzenden Hautrötungen an der Einstichstelle bisher keine nennenswerten Nebenwirkungen beobachtet.
Immun- und Chemotherapie gekoppelt
Nach wie vor sei - und bleibe wohl auch - Chemotherapie ein ganz wichtiger Bestandteil jeder Krebsbehandlung, so Samonigg. Daher will man jetzt in Phase II die Wirkung des Impfstoffes in Kombination mit Chemotherapie untersuchen.

An dieser zweiten Phase sollen sich insgesamt 40 Patienten mit unterschiedlichen Krebsformen beteiligen.
Marktreife frühestens in drei Jahren
Bis der Impfstoff einer großen Gruppe von Patienten zugänglich sein kann, wird es allerdings noch dauern. Sollte alles nach Plan verlaufen, rechnen die Wissenschaftler mit einer Marktreife in drei bis fünf Jahren.

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
->   Medizinische Universitätsklinik Graz
->   Igeneon
 
 
 
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01.01.2010