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Welche Rolle spielen Unis in der Zivilgesellschaft?  
  Der Reformprozess an Österreichs Universitäten stellt auch die Frage nach deren grundsätzlichem Sinn. Sind Hochschulen dazu da, wirtschaftlich verwertbare Studienabgänger zu "produzieren" oder um Demokratie einzuüben?  
Die Lage der Hochschulen im Spannungsfeld zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft stand im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion zwischen den Wissenschaftssprechern der Parlamentsparteien am Mittwoch Abend im Parlament.

Die Uneinigkeit in Sachen Uni-Reform setzte sich dabei zum Teil auch in den theoretischen Fragen, etwa der Rolle der Unis in der Zivilgesellschaft, fort.
Brinek (ÖVP): Unis brauchen Subjektstatus
"So viel zivilgesellschaftliche Mitsprache wie nur möglich" soll laut ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek im künftigen Uni-Rat verankert sein. Die nun anstehende Reform sah sie als "letzte von oben verordnete".

Eine moderne Universität könne keine nachgeordnete Dienststelle des Ministeriums sein, in der es das Instrument der Weisung gebe. Grundsätzlich müssten die Hochschulen "Subjektstatus" zurück gewinnen. Sie müssten sich selbst definieren und sich nicht definieren lassen.
Graf (FPÖ): Veraltete Strukturen, oberflächliche Fragen
FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf konstatierte, dass "in unseren Breitengraden" niemand mit den Unis so recht zufrieden sei. Auf die Hochschulen wären mit Globalisierung sowie der Einführung von Benchmarking und Controlling viele Veränderungen zugekommen. Andererseits arbeite man noch mit den Strukturen vergangener Jahrhunderte.

Die Diskussion über die Reform kratze zum Teil nur an der Oberfläche. So sei etwa "die Frage, ob jetzt vier, sechs oder neun Personen in einem Rat" säßen, von nur sekundärer Bedeutung. Viel wichtiger wäre eine Regelung über die Verwertung von Patentrechten.
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Buch-Präsentation
Anlass für die Diskussion bot die Präsentation des von Emil Brix und Jürgen Nautz herausgegebenen Buchs "Universitäten in der Zivilgesellschaft" (Passagen Gesellschaft). Darin versammelt sind Beiträge von u.a. Konrad Paul Liessmann, Lothar Zechlin, Peter Kampits und Bernhard Rathmayr.
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Niederwieser (SPÖ): Anbiederung an Weltmarkt
Wenn der von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) vorgelegte Gestaltungsvorschlag ohne Veränderung beschlossen werde, führe dies "sicher nicht zu mehr Teilnahme der Zivilgesellschaft, sondern zu einem Heraushalten", kritisierte SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser die Einschränkung der Mitbestimmung: "Wie sollen denn demokratische Tugenden eingeübt werden können, wenn es keine Demokratie an den Unis gibt?"

Für eine Kooperation mit der Zivilgesellschaft bedürfe es "deutlich weniger Staat und wesentlich mehr Autonomie". Statt "Partizipation mit Betrieben" sieht Niederwieser eine "Anbiederung an die Effizienzbedingungen des Weltmarktes", was das Aussterben der Vielfalt an den Unis bedeute.
Grünewald (Grüne): Zivilgesellschaftliche Begriffsverwirrung
Auf den Punkt brachte es der Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald. Uneinigkeit gebe es schon beim Begriff der Zivilgesellschaft:" Die einen verstehen darunter nur die Donnerstags-Demonstranten, die anderen nur die Freiwillige Feuerwehr. Da kann man schwer diskutieren."

Die Gesetze des Marktes müsse die Universität zwar nicht um jeden Preis hin-, aber auf jeden Fall wahrnehmen. Natürlich müsse man eine feine Balance zwischen Markt, Staat und Zivilgesellschaft finden. Dazu bedürfe es jedoch eines "Kollektivs an Schiedsrichtern".

Kritik übte er an der Argumentation im Zuge der Ausgliederung der Unis. Wenn er auf die Frage, warum eigentlich die jetzt geplante Reform alles zum Guten wenden werde, als Antwort "Weil es im Regierungsprogramm steht" bekomme, müsse er sagen: "Da vermisse ich schon gewisse wissenschaftliche Kriterien."
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01.01.2010