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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
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Wissenschaft im Gespräch: Zwischen Forschungsalltag und Ambitionen  
  Anlässlich der Veranstaltung "Highlights der Wissenschaft" im ORF-Radiokulturhaus sprachen START- und Wittgenstein- PreisträgerInnen über ihren Forschungsalltag und Möglichkeiten, die sich nach der Verleihung der renommierten Preise eröffnet haben.  
Bedeutendste Förderprogramme in Österreich
"START" und "Wittgenstein" sind Österreichs höchstdotierte und bedeutendste Wissenschaftspreise.

Ihren Preisträgern ist internationale Anerkennung ebenso sicher wie die Aussicht auf interessante Kooperationen und eine Forschungstätigkeit unter besten Bedingungen.
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"Highlights der Wissenschaft"
Start- und Wittgenstein- PreisträgerInnen im Gespräch:
Andre Gingrich, Ethnologe, Wittgenstein-Preis 2000 mit Wolfgang Frühwald, ehem. Vorsitzender der Internationalen Jury
Susanne Kalss, Juristin, START-Preis 2000 mit Josef Aicher, Universität Wien
Peter Markowich, Mathematiker, Wittgenstein-Preis 2000 mit Helmut Neunzert, Mitglied der Internationalen Jury
Erwin Friedrich Wagner, Molekularbiologe, Wittgenstein-Preis 1996 mit Günther Kreil, Österr. Akademie d. Wissenschaften

Eine Veranstaltung des Wissenschaftsfonds (FWF), des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk) und der Wissenschaftsredaktion von Radio Österreich 1.
->   Mehr über die Veranstaltung und START- und Wittgenstein-Preise
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Vom praktischen Nutzen der Mittel
Daher überrascht es kaum, dass ungeachtet der unterschiedlichen Fachdisziplinen Einigkeit der Gesprächsteilnehmenden hinsichtlich der Verwendung und Nutzung der erhaltenen Mittel herrschte:

Hochkarätige Forschung braucht entsprechende Infrastrukturen und Kooperationen wobei "Investitionen" ins Personal - die Etablierung von Forschungsgruppen - als vordergründig erachtet wird.
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Wissenschaft und Journalismus - ein Systemgegensatz?
In seiner Begrüßungsrede betonte ORF-Hörfunkintendant und Wissenschaftssprecher Manfred Jochum die Notwendigkeit der Wissenschaftsvermittlung nach Außen und problematisierte dabei das schwierige Verhältnis von Journalismus und Wissenschaft.

Denn während der Journalismus bemüht ist, Komplexität zu verringern, trachte die Wissenschaft danach, sie zu erhöhen. Weiß die Berichterstattung, Geschichten zu erzählen, so ist es die Aufgabe der Wissenschaft, diese zu dekonstruieren etc. Um so mehr sei Wissenschaftsvermittlung heute die große Herausforderung nicht nur für Journalisten, sondern auch für Wissenschaftler.
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Gruppenarbeit und Teamforschung forcieren
So weiß Andre Gingrich, Ethnologe und Wittgenstein-Preisträger 2000, die Vorteile von Gruppenarbeit und Teamforschung zu schätzen.

Das Humboldt'sche Ideal des einsamen Forschers sei nicht mehr zeitgemäß. Kaum denkbar sei heutzutage eine Feldforschung, in der ein einsamer Ethnologe fremde Völker studiert, so der Wissenschaftler.
Gegen Berührungsängste
Als Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaftler ist Gingrich durchaus an Berührungspunkten zu den Naturwissenschaften interessiert. Die Arbeitsform "Teamwork" zählt ebenso dazu wie die Frage nach Anwendungsmöglichkeiten.
Für eine "Ökonomie" der Forschung
Als Verfechter der Frage nach Anwendungsmöglichkeiten innerhalb der Sozial- und Kulturwissenschaften: "diese Frage ist nicht nur populistisch, sondern auch heilsam", kann Gingrich der "Anwendungskomponente" viel abgewinnen.

Es sei gut für die Geisteswissenschaften nicht nur im Elfenbeinturm zu verharren, sondern sich auch der Wahrheit zu stellen, argumentiert Gingrich.
->   Zivilisations-Wissenschaften im Umbruch
Expertenwissen gefragt mehr denn je
Auch wenn die Funktion des Beraters nicht unbedingt als genereller Auftrag eines Wissenschaftlers zu sehen ist, so fördere sie dennoch das allgemeine Interesse an den so genannten "Orchideenstudien".
->   Ethnologie: Wissenschaft hilft Konflikte lösen
Preis ermöglicht Grundlagenforschung
Ungeachtet der Befürwortung von angewandter Forschung kommentiert der Wittgenstein-Preisträger die Verleihung "Dank des Preises kann ich mich auf die Grundlagen konzentrieren".
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Europäischen Forschungsraum errichten
Eingeleitet wurden die Gespräche von Bundesministerin Elisabeth Gehrer, die sich für "die Errichtung eines Europäischen Forschungsraumes, der in der globalisierten Welt bestehen kann" aussprach.
Die Wissenschaftsministerin plädierte auch für weniger Bürokratie in Zusammenhang mit der Vergabe von Forschungsgeldern und für mehr Verständnis in der Öffentlichkeit bezüglich der Notwendigkeit, Forschung und Wissenschaft zu fördern.
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Forschungsteam mit Einfluss?
Der Traum eines jeden Rechtswissenschaftlers könnte für Susanne Kalss, Juristin und START-Preisträgerin 2000, und ihr Forschungsteam in Erfüllung gehen: Die Einflussnahme auf gesetzliche Regelung durch einen Empfehlungskatalog.
Suche nach optimale Rechtsvorschriften
Anhand des Vergleichs von gesetzlichen Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedsländer sowie der Beitrittskandidaten forscht Kalss nach den optimalen Rechtsvorschriften für Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) im globalen Wettbewerb.

Denn spätestens mit dem legendären Centros-Urteil des Europäischen Gerichtshofes (1999) wurde die Problematik um eine einheitliche EU- Rechtssetzung evident.
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Centros-Urteil
Demnach kann eine Firma ihren Rechtsstandort innerhalb der EU und somit das ihren Interessen förderlichste Rechtssystem frei wählen, ungeachtet, wo die tatsächliche Geschäftstätigkeit entfaltet wird.

Durch Briefkastenfirmen im Ausland können dergestalt Geschäfte im Inland ohne dem nationalen "Schutz" der Gesetze betrieben werden.
->   Das Urteil
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Harmonie versus Wettbewerb
Am Beispiel des Centros-Urteils wurde nur allzu deutlich, dass die EU-Regelungen vom Spannungsfeld Harmonisierung und Rechtswettbewerb geprägt sind. Letzteren führt Kalss auf unterschiedliche nationale Rechtsentwicklungen zurück.
Recht: historisch gewachsen, vom politischen Willen geprägt
Die Regelungen in den Ländern sind notwendigerweise unterschiedlich, das sie laut Kalss entsprechend augenblicklicher Wertungen und Notwendigkeiten entstanden sind.

Deshalb ist für die Juristin nicht bloß die Konfrontation mit dem geltenden Recht relevant, sondern auch seine Entstehungsgeschichte.

Die darin dokumentierten Gestaltungsideen und -möglichkeiten könnten sich äußerst hilfreich erweisen, passende Regelungen für die Zukunft zu finden.
Gleichwertige Regelung versus Vereinheitlichung
Für Kalss steht außer Frage, dass angesichts der unterschiedlichen Regelungen und spezifischen wirtschaftlichen Gegebenheiten der EU-Mitglieds- und Beitrittsländer der Einheitsweg kein produktives Ziel sein könne.

"Jedes Land, soll für seine Wirtschaft optimale Regelungen formulieren und dafür sorgen, dass die jeweiligen Interessen wahrgenommen werden", so die Wissenschaftlerin.
Recht als Gestaltung und nicht als Beschränkung
Die EU hingegen müsse den Rahmen schaffen, der einen Wettbewerb der Rechtsordnungen erlaube. Es müsse garantiert werden, dass Unternehmen in rechtlichattraktivere Länder auswandern dürfen, aber auch umgekehrt, sie unattraktiven Regionen wieder verlassen können.
->   Porträt der START-Preisträgerin
Träume der Mathematik
Peter Markowich, Mathematiker und Wittgenstein-Preisträger 2000, träumt seinerseits von einem Weltzentrum angewandter Mathematik.
Etablieren und nicht bloß erscheinen
Österreich soll demnach nicht nur auf der internationalen Landkarte der Forschung erscheinen, sondern sich auch als Zentrum für angewandte Mathematik etablieren.

Markowich verweist in diesem Zusammenhang auf die wichtige Bedeutung von Forschungsnetzwerken, der Kooperation mit internationalen Spitzenwissenschaftlern und allen voran der Ausbildung von Postdoktoranten.
Wider die Isolation
Von Isolation hält der international angesehene Wissenschaftler entsprechend wenig. Und das gilt auf für die Mathematik als Disziplin. Markowich setzt somit auf Internationalität und Interdisziplinarität.

Denn Mathematik sei für ihn nichts esoterisches, das für sich stehe, sondern immer auch im Umfeld anderer Disziplinen. "Ich brauche die Physiker, die Chemiker usw."
"Annerkennung von innen wichtig"
Markowich, der über sich selbst sagt, kein Produkt der österreichischen Mathematik zu sein, über die Verleihung des Wittgenstein-Preises: "Jetzt müssen mich die in Österreich auch zur Kenntnis nehmen."
->   Homepage von Peter Markowich
 
 
 
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01.01.2010