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Österreich isst sich krank  
  Eine neue Studie, die Ende Jänner veröffentlicht wurde, lässt Ärzte Alarm schlagen. Was immer vermutet wurde, haben wir jetzt schwarz auf weiß: Die Österreicher ernähren sich großteils falsch. Obwohl die Lebenserwartung fast jedes Jahr steigt, nimmt auch die Anzahl der Übergewichtigen und Bluthochdruckpatienten jährlich zu. Die "Initiative Ernährung" möchte jetzt nicht nur Konsumenten, sondern auch Produzenten zum "Weiterdenken" bringen.  
Mangelndes Bewusstsein
Obwohl Produkte in den Medien immer öfter mit den Attributen "gesund" und "vital" beworben werden und der Biotrend einen Hype erlebt, ist laut der Studie nur für 24 Prozent der Österreicher eine gesunde und vernünftige Ernährung wichtig.

Und: Die Menschen leben zwar länger als früher, gleichzeitig steigt aber auch die Anzahl an ernährungsbedingten Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes.
Falsche Selbsteinschätzung
Ein Problem: Auch wenn die Folgen der schlechten Ernährung schon spür- oder gar sichtbar sind, reagieren nur die wenigsten darauf. Ein Drittel ist fest davon überzeugt, dass richtige Ernährung und Wohlbefinden überhaupt nicht zusammenhängen.

76 Prozent der Österreicher sind überzeugt, dass sich die Österreicher ziemlich ungesund ernähren, allerdings - so scheint es - immer nur die anderen. Denn obwohl jeder Dritte übergewichtig ist, meinen nur zwei von 100, dass weniger Zucker und Süßes in ihrer persönlichen Ernährung ein sinnvoller Diätplan wären - wer verabschiedet sich schon gerne für immer von der Sachertorte?

Nur sieben Prozent legen Wert auf vitaminreiche Nahrung - und wenn greifen Herr und Frau Österreicher eher zu Vitamintabletten anstatt zu Obst und Gemüse. Denn oft sei - so die Befragten - gesunde Ernährung zu kompliziert und aufwendig.
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Obst und Gemüse vermindern das Krebsrisiko
Welchen Krebsarten eine gesunde Ernährung vorbeugen kann, haben zwei amerikanische Fachgesellschaften untersucht: die 1997 vom "World Cancer Research Fund" und dem "American Institute for Cancer Research" durchgeführte globale Dokumentation über Nahrung, Ernährung und Krebsprävention (Food, nutrition and the prevention of cancer: a global perspective. World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research, July 1997).

Darin führen sie 217 Studien zu allen Krebsarten auf. 75 Prozent der Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Verzehr bestimmter Gemüse- oder Obstsorten und einem verminderten Krebsrisiko.

Gesicherte Hinweise dafür, dass viel Obst und Gemüse das Krebsrisiko senken, gibt es für Tumoren von Dickdarm, Magen, Mund, Rachen, Enddarm, Lunge und Speiseröhre. Gesicherte Hinweise nur in Bezug auf einen hohen Gemüseverzehr bestehen für das Dickdarm- und Rektumkarzinom.

Wahrscheinliche Hinweise existieren für Brust-, Blasen-, Bauchspeicheldrüsen- und Kehlkopfkarzinom. Mögliche Hinweise bestehen für Gebärmutter-, Eierstock- und Schilddrüsenkarzinome. Mögliche Hinweise nur in Bezug auf einen hohen Gemüseverzehr gibt es für das Leber-, Prostata- und Nierenkarzinom.
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Was tun?
Stellt sich die Frage: "Was tun?" Michael Kunze vom Institut für Sozialmedizin: "Wir müssen das Bewusstsein vertiefen, und bei denen, die es schon wissen, trifft etwas anderes zu. Essen muss auch Spaß machen, wir sind schon lange davon abgekommen, zu strenge Ratschläge zu geben, die dann ohnehin nicht befolgt werden. Man muss sich als Konsument überlegen: Was schmeckt mir und ist trotzdem - oder eben auch - gesund? Und danach sollte man dann leben. Und die Hersteller müssen verstärkt solche Produkte anbieten."
Angebot unzureichend
Ein zentraler Kritikpunkt der Studie ist, dass die Lebensmittelhersteller zu wenig maßgeschneiderte Produkte zur Verfügung stellen, die einerseits gesund und preiswert und andererseits schnell und einfach zuzubereiten sind. Denn für viele Menschen ist das so genannte "gesunde Leben" zu aufwendig. 34 Prozent haben stressbedingt zu wenig Zeit zum essen, noch mehr essen nicht das, was sie wollen, sondern nur das, was sie bekommen können - und das schnell und hastig, Kantinen bieten nach wie vor oft eher Hausmanns- als Vollwertkost an.

Ein weiteres Problem ist, dass Ernährungsvorschläge vieler Experten oft nur sehr schwierig und auch teuer umzusetzen sind. Wenn ein enormer Aufwand für das gesunde Abendessen notwendig ist, müssen stressgeplagte Eltern oft auf die bewusste Ernährung verzichten und greifen zu Dosen oder Packerln. Doch gerade im Bereich der industriell produzierten Nahrung kann die Qualität der Produkte, so die Studie, mit den Anforderungen an eine moderne Ernährung nicht mithalten.
Verwirrende Informationen
Fast zwei Drittel klagen, dass die Informationen über Ernährung verwirrend sind. Was in der Werbung behauptet wird, wird nur wenige Augenblicke später in den Nachrichten nicht selten als falsch hingestellt.

Ob das Fleisch jetzt wirklich von der grünen Weide so saftig ist oder doch antibiotikagesättigt, wird immer undurchschaubarer - die Schere zwischen Werbeslogangs und Nachrichtenmeldungen geht immer weiter auseinander.
Die Folgen
Die Folgen der schlechten Ernährung sind vielfältig. Neben den "üblichen" Erkrankungen schlägt sich der gastronomische Lebenswandel auch auf die allgemeine Stimmung nieder. Jeder fünfte Österreicher - so die Studie - fühlt sich antriebslos, müde und ausgebrannt.

Wie man sich mit gesunder Ernährung speziell vor Krebs schützen kann, darüber hat die Wiener Krebshilfe gestern eine neue Broschüre herausgebracht.

Nikki Popper, ZiB-Wissenschaft
->   Broschüre der Wiener Krebshilfe
 
 
 
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01.01.2010