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Umwerfende Physik  
  Als die Baltimore Ravens die New York Giants im 35. Superbowl-Finale Sonntag abends besiegten, war eines klar: Die Grundregeln der Physik spielten beim American Football wieder eine Hauptrolle.  
Unter anderem: p = m x v, der Impuls (auch die Bewegungsgröße oder der Kraftstoß) ist gleich Masse mal Geschwindigkeit. Ein Grundgesetz, das bei jedem gelungenen Tackle eines Football-Hünen zur Anwendung kommt.
Footballer: Modell für Energietransfer
Körperkollisionen sind der Hauptgrund, warum viele amerikanische Physik-Professoren Football als Modell für die Bewegung und den Transfer von Energie verwenden. Wie die online-Ausgabe von ABC berichtet, bietet etwa Tim Gay von der University of Nebraska Football-Fans in den Pausen der Heimspiele des eigenen Teams physikalische Kurzlektionen.
Größere Spieler, mehr Schäden
Die Zahlen für die "p = m x v"-Gleichung, so Gay, werden immer größer, die Spieler immer bulliger (m) und schneller (v) ¿, was für die Sportler immer härtere Tackles bedeuten würde.

Ein Beispiel: William Perry, der in den späten 80er Jahren als Verteidiger bei den Chicago Bears spielte, galt mit seinen 150 Kilogramm als Gigant. Heutzutage bestehen die meisten Teams ¿ egal ob in der Offensive oder in der Defensive ¿ aus solchen Giganten.
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78 Prozent aller Ex-Profis sind krank
Dank der Fortschritte in der Ernährung und im Training sind die Spieler heute auch viel schneller geworden. Die Folgen: Nach einer Untersuchung der Los Angeles Times leiden 78 Prozent aller ehemaligen Football-Spieler an irgendeinem physischen Gebrechen. Ihre durchschnittliche Lebenserwartung ist um 11 Jahre geringer als die der restlichen Bevölkerung. Was also können die Spieler tun, um sich vor den immer gefährlicheren Auswirkungen ihrer Sportart zu schützen? "Obwohl kaum einer der Trainer einen Physik-Kurs belegt hat, geben sie ihren Schützlingen schon die richtigen Anweisungen", meint Gay.
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Actio est reactio
Ein Beispiel: Gebücktes Stehen und den Kopf beim Tackling nach oben halten, sei einfach gut angewandte Physik. "Dadurch kann die Kraft des Aufpralls ¿ entweder durch die Schutzkleidung oder durch den Boden ¿ am besten absorbiert werden."

Die Kraft des Tackles zu kontrollieren ist für Angreifer und Angegriffene gleich wichtig. Der Grund ist ebenfalls ein physikalischer: das dritte Newtonsche Axiom - action est reactio. Ihm zufolge ist die Wirkung zweier Körper aufeinander stets gleich und von entgegengesetzter Richtung (actio = reactio). Klassisches Beispiel: der fallende Stein, der die Erde ebenso stark anzieht wie die Erde den Stein.

"Angenommen, ein größerer Spieler hat eine Schwungkraft von +10 und trifft auf einen kleineren, stehenden Spieler mit einer Kraft 0 ¿ nach dem Aufprall verfügen sie beide über einen Kraftwert von +5."

 


Ausrüstung entscheidend
Auch wenn der Aufprall nicht kontrolliert werden kann, so lernen gute Spieler doch die besten Möglichkeiten, ihn zu absorbieren, meint Davis Haas, Physikprofessor an der North Carolina State University. "Die Krafteinwirkung bleibt die gleiche, die Frage ist, wo sie am besten abgeleitet wird ¿ über die Rippen oder über den Schulterschutz."

Die Ausrüstung der Football-Spieler, die sich in den letzten Jahren enorm entwickelt hat, hat vor allem zwei Funktionen: das Verteilen und Absorbieren der Aufprall-Energien. Die Spieler verlieren durch das Tragen von Schulterpolstern und anderer Schutzkleidung im Moment der Kollision an Geschwindigkeit.
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Tiefer Schwerpunkt, gute Verteidigung
Bulliges, breitbeiniges Stehen im Moment des Tacklings ist ein weiterer Fall angewandter Physik. Der dadurch entstehende tiefe Schwerpunkt bietet attackierenden Spielern weniger Angriffsfläche ¿ sie können so nur das Zentrum der "gegnerischen" Masse angreifen. Was es wiederum schwieriger macht, sie umzuwerfen.
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Bessere Muskeln, weicherer Rasen
Trotz aller theoretischer Überlegungen: American Football wird immer ein vor allem physischer Sport bleiben. Tim Gay sucht deshalb Möglichkeiten, die Auswirkungen der Körper-Kollisionen zu kontrollieren.

Er spricht mit Fitnesstrainern, um Trainingspläne zum Aufbau spezieller Muskelpartien zu entwickeln, und fragt sich, wie der Kunstrasen auf dem Feld verändert werden kann, um die Absorbierfähigkeit zu erhöhen. "Am Football Feld regieren unveränderbare Grundregeln der Physik. Aber es gibt Wege die Auswirkungen dieser Grundregeln so gut wie möglich zu minimieren."
->   Die 35. Superbowl
->   National Football League
 
 
 
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01.01.2010