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Wo das Selbstbewusstsein sitzt  
  Tübinger Forscher haben eine Hirnregion gefunden, die nach ihren Angaben für das "Selbst-Bewusstsein" verantwortlich ist.  
Das internationale Team um die Ärzte Tilo Kircher und Mathias Bartels von der Universität Tübingen haben nach eigenen Angaben das neuronale Korrelat der Selbst-Erkennung entdeckt. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen wurden im Januar 2001 in der Zeitschrift "Cognition" veröffentlicht.
Gehirnmessung bei Foto-Präsentation
In mehreren Versuchen an gesunden Männern hatten sie die lokale neuronale Aktivität mit funktioneller Kernspintomographie gemessen. Sie präsentierten den Probanden Fotos ihres eigenen Gesichtes und das ihres Partners (Ehefrau oder Freundin) zum Vergleich, um emotionale Reaktionen auf bekannte Gesichter kontrollieren zu können. Weiters wurden Gesichter von unbekannten Männern und Frauen zum Vergleich gezeigt.
Unterschiedliche Gehirnhälften involviert
Bei der Betrachtung des eignen Gesichtes waren weite Teile des rechtshemisphärischen limbischen Systems und der linke Frontallappen aktiviert, bei der Betrachtung des Partners dagegen lediglich ein kleines Areal in der rechten Gehirnhälfte.

Die Ergebnisse zeigen einen dramatischen Unterschied in der neuronalen Verarbeitung des eigenen Gesichts im Vergleich zu einer emotional nahestehenden Person.

An der Selbsterkennung sind stammesgeschichtlich sehr junge Areale (linker Frontallappen), die mit der Fähigkeit zur Selbstreflexion in Verbindung gebracht werden, und sehr alte (limbisches System), das vielleicht mit dem diffusen Gefühl des "Selbst" oder "Ich" zusammenhängt, beteiligt.
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Selbstbewusstsein: Nur bei Menschen und Schimpansen
Die Unterscheidung zwischen Selbst und Fremd ist einerseits eine Gemeinsamkeit aller Lebewesen. Andererseits ist die Fähigkeit, über sich selbst und seine eigene Wahrnehmungen zu reflektieren, eine der höchsten kognitiven Leistungen. Als ein Test für reflexives Selbst-Bewusstsein gilt der in den 70er Jahren von G. Gallup und B. Amsterdam durchgeführte "Spiegel-Test". Nur Kleinkinder ab dem 18. Lebensmonat und erwachsene Schimpansen erkennen sich selbst im Spiegel. Diese Fähigkeit wird auf das Vorhandensein von Selbst-Bewusstsein zurückgeführt.
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Neue Forschungsmöglichkeiten bei Schizophrenie?
Die Untersuchungen würden beweisen, das "Selbst-Bewusstsein" mit naturwissenschaftlichen Methoden erforschbar sei, so die Tübinger Forscher. Es eröffne sich dadurch auch neue Möglichkeiten zur Erforschung von häufigen Erkrankungen wie der Schizophrenie, die mit einer grundlegenden Störung des Selbst-Bewusstseins einhergehen.
->   Die komplette Studie der Tübinger Wissenschaftler
Mehr zum Thema in science.orf.at
->   Das Ich sitzt rechts
 
 
 
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01.01.2010