News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Stellungnahme zur Uni-Enquete von Gertrude Brinek
Wissenschaftssprecherin der ÖVP
 
  Die Universitäten haben sich in den letzten Jahrhunderten in Europa von Lehrkooperation mittelalterlichen Zuschnitts zu staatlichen "Studier-Großbetrieben" entwickelt und befinden sich gegenwärtig in einer intensiven Reform-Diskussion, die von "Entstaatlichung", "Wettbewerbsfähigkeit" und Autonomie-Streben gekennzeichnet ist.  
"Mit großen Chancen verbunden"
Das Motiv für die Reform wird exemplarisch von Georg Winckler beschrieben: "Die gestiegenen und sich schneller denn je wandelnden Leistungsansprüche der Wissensgesellschaft an die Universität sowie die Herausforderung der Internationalisierung bzw. Europäisierung von Bildung und Forschung schaffen das Bewusstsein für Universitätsreformen. Wie die Erfahrung zeigt, sind solche Reformen mühsam, aber mit großen Chancen verbunden..." (Vorwort Georg Winckler, zur Inaugurationsrede des Rektors vom 4.2.2000).
Das Monopol verloren
Die Universitäten haben ihr Monopol als tertiäre Bildungseinrichtung verloren. Auch ein Wissenschafter/innen-Leben verlangt heute nach mehr dienst- und sozialrechtlicher Flexibilität als noch vor einigen Jahrzehnten; wissenschaftlicher Austausch braucht unkomplizierte Formen der internationalen Kooperation.

Universitäten sind auf besondere Weise der Ort, an dem das Wissen über organisatorische Herausforderungen selbst hervorgebracht ¿ und nach und nach unter Einbezug zivilgesellschaftlicher Kräfte - "gemanagt" werden muss.
Voraussetzung für persönliche und berufliche Entfaltung
Der Zugang zur Universität ist heute kein sozial exklusives Recht mehr. Universitäre Bildung ist vielfach die Voraussetzung für die persönliche und berufliche Entfaltung - in einer wirtschaftlichen Umgebung, in der die Primärproduktion immer mehr zurücktritt und das Augenmerk auf gehobene und differenzierte Dienstleistung zu legen ist.

In der Atmosphäre des lebensbegleitenden Lernens, des Verschmelzens von Arbeit und Weiterbildung ist der/die nicht-traditionelle Studierende der/die eigentlich Studierende.

Heute geht es um das Bewältigen von neuen (Bildungs-)Aufgaben der Universität, um wissenschaftliche Wissensbildung, ohne die "alten", traditionellen, d.h. die Universität konstituierenden Fragen und Methoden zu vernachlässigen; eine wissensbasierte Gesellschaft kann aber nicht auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, auf die "Hervorbringung intellektueller Eliten und Forschergrößen", verzichten.
Keine nachgeordneten Dienststellen
Universitäten können künftig keine nachgeordneten Dienststellen eines Ministeriums sein, in denen per Weisung agiert und operiert wird, auch keine halb-autonomen, semi-demokratischen (= es gibt heute ja im Wesentlichen nur eine Antrags - Demokratie) Verwaltungs- und Bürokratieeinheiten.

Ein neues Universitätsgesetz, an dem seit einiger Zeit gearbeitet wird, soll soviel zivilgesellschaftliche Mitsprache - im Unirat - wie angemessen, soviel wissenschaftliche Autonomie - im Senat - wie möglich und soviel Generalkompetenz beim Rektorsteam, wie notwendig, enthalten.
"Betriebsförmige Elemente" sind nicht kulturlos
Betriebsförmige Elemente sind mit Wissenschaftseinrichtungen absolut kompatibel. Sie sind nicht schon deshalb kulturlos, weil sie nicht vom Staat, d.h. von der Regierung generiert werden.

- Universitäten müssen selbst thematisieren, ob sie mit situativer Differenzierung auskommen, oder ob beispielsweise eine dauernde Fakultäten- und Departementgliederung angemessen ist.

- Universitäten selbst müssen entscheiden, wie sie Forschungs-, d.h. Neugierspielräume definieren und/oder auf aktuelle Markt-Nachfragen reagieren.

- Universitäten können selbst am besten einschätzen, wofür sie welche Mittel benötigen, wie sie synergieren, d.h. interdisziplinäre Denk- und Handlungsspielräume schaffen, damit der "Geist Flügel bekommt".
Autonomie des Einzelnen
Eine moderne Gesellschaft verlangt - und forciert - all jene Kompetenzen, die die geistige und ökonomische Autonomie des Einzelnen fördern. Die Politik muss die Rahmenbedingungen dazu schaffen.

Österreich leitet dazu paradigmatische Veränderungen ein; die Reform der Universitäts-Organisation und die Reform der Universitäts-Idee gehören dabei zusammen.
Nachbemerkung
Reform ist ein aufgeklärter Prozess, Reformwille ist Ausdruck von aufgeklärten, sich selbst reflektierenden Gesellschaften. Wenn die Universitätsreform gelingen will, müssen die handelnden Personen Abschied nehmen vom "grand design", aber nicht naiv im "muddling through" schwimmen.
->   ÖVP
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010