News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Was Vögel alles können  
  Vögel sind im Bereich der Geschicklichkeit und der Wahrnehmung zu erstaunlichen Leistungen fähig. Was sie tatsächlich alles können, haben neue Untersuchungen aufgezeigt, die sich vor allem mit den kognitiven Fähigkeiten von Rabenvögeln befassen.  
Die schlauen Elstern
Erstaunliche Ergebnisse haben die Biopsychologen der Ruhr-Universität Bochum als Zieheltern von acht kleinen Elstern erzielt, die zur Familie der Rabenvögel zählen.
...
Rabenvögel
Eine weltweit verbreitete Familie der Singvögel; es gibt an die hundert Arten. Zumeist handelt es sich um große, kräftige Vögel, die in der Regel Allesfresser sind. Zu den Rabenvögeln zählen unter anderem Dohlen, Krähen, Elstern und Häher.
...
Gezieltes Suchen nach Gegenständen
Der Ruf dieser sprichwörtlich schlauen Vögel wurde mehr als bestätigt: Elstern können schon sehr früh gezielt nach einem Gegenstand suchen, den man vor ihnen versteckt. Sie erreichen dabei eine Leistungsstufe, die sonst nur Menschen, Menschenaffen und Hunde erreichen.

Elstern suchen versteckte Objekte selbst dann erfolgreich, wenn das Objekt von einem Versteck in ein anderes gebracht worden ist, ohne auf dem Wege dahin sichtbar zu sein.
Fähigkeit zur Objektpermanenz ist überlebenswichtig
Die Fähigkeit zur so genannten Objektpermanenz brauchen die Elstern dringend zum Überleben. Sie horten nämlich Futter in Verstecken und müssen es dort wiederfinden. Wenn junge Vögel nach zehn Wochen ihr eigenständiges Leben beginnen, sind sie darin schon Meister.
...
Objektpermanenz
Als Objektpermanenz wird in der Humanpsychologie eine grundlegende Form des Denkens bezeichnet, die ein Kleinkind im Alter von 8 bis 9 Monaten entwickelt: es lernt, dass Objekte auch dann noch weiter existieren, wenn sie aus seinem Blickfeld verschwunden sind. Mit diesem Themenbereich hat sich insbesondere der Schweizer Psychologe Jean Piaget beschäftigt.
...
Elstern erkennen sich selbst im Spiegel
Ausgeklügelte Bochumer Experimente mit einem Spiegel machten zudem einen erstaunlichen Grad von Selbstwahrnehmung deutlich. Im Unterschied etwa zu Wellensittichen, die auch nach Jahren einen Spiegel in ihrem Käfig als Artgenossen behandeln, zeigten sich die Elstern dem Spiegelbild gegenüber neugierig und erkundend. Das selbstbezogene Verhalten markierter Elstern vor einem Spiegel legt den Schluss nahe, dass sie im Spiegelbild ihren eigenen Körper wahrnehmen.
Hohe Merkkapazität bei Vögeln
Wie ein Mitglied des Bochumer Teams, der Verhaltensforscher Helmut Prior, im Gespräch mit dpa sagte, sind die Leistungsfähigkeiten von Vögeln bis vor kurzem unterschätzt worden. Das gelte vor allem für ihr Gedächtnis.
Blauhäher: Komplexes Merkvermögen
Er verwies hier auf neuere Untersuchungen der Briten Nicola Clayton und Anthony Dickinson. Sie zeigten, dass sich ein Rabenvogel, der Blauhäher, mehrere Dinge gleichzeitig merken kann. Also etwa nicht nur den Ort, an dem es Futter gibt, sondern auch, wann und was für Futter dort versteckt wurde. Dies ermögliche eine flexible Nutzung.

Andere von Prior erwähnten Forschungsergebnisse zeigen die immense Gedächtnis-Kapazität mancher Arten. Wie die Amerikaner Alan Kamil und Russel Balda gezeigt haben, scheint sie bei den Hähern im Bereich von vielen tausend Orten zu liegen, die einzeln gemerkt werden können. Vergleichbare Leistungen sind von Säugetieren nicht bekannt.
Vögel lange Zeit unterschätzt
Ein Grund dafür, warum Vögel so lange unterschätzt wurden, ist, dass der Aufbau ihres Gehirns sich sehr von dem der Menschen und Säugetiere unterscheidet. Vermutlich werden die Leistungen, die hier von der Großhirnrinde vollbracht werden, im Vogelgehirn von anderen und anders zusammengeschalteten Instanzen ausgeführt.
...
Entstehung der Arten
Für das Alter der Vögel und der einzelnen Arten gelten die folgenden groben zeitlichen Meilensteine: Die Säugervorläufer und die Vogelvorläufer trennten sich vor etwa 300 Millionen Jahren. Rund 150 Millionen Jahre später gab es die ersten ursprünglichen Vögel. Die Ausbildung der so genannten Rabenartigen erfolgte vor 50 bis 60 Millionen Jahren. Die ältesten Fossilien von Rabenvögeln in Europa sind 25 Millionen Jahre alt. Die gegenwärtigen Vogelarten sind in einigen Millionen Jahren entstanden.
...
Gehirnleistung abhängig von Anforderungen
Die Art der Gehirnleistungen unterscheidet sich bei den verschiedenen Vogelarten. Der Motor für die Entwicklung der enormen Lernfähigkeit war - so wird vermutet - die Tatsache, dass sie den Rabenvögeln viele Vorteile bringt.

Zum Vergleich nannte Prior die Brieftaube, die andere Fähigkeiten besonders entwickelt hat: Sie kann sich zwar nur wenige Futterplätze merken, vollbringt aber eine erstaunliche Orientierungsleistung.
->   Ruhr-Universität Bochum
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010