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Eine wissenschaftliche Sensation hat Geburtstag  
  Am Samstag vor fünf Jahren wurde Dolly der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Schaf war eine wissenschaftliche Sensation: Mit ihm war es das erste Mal gelungen, ein Säugetier aus der Zelle eines erwachsenen Tiers zu klonen.  
Während Dolly mittlerweile an Arthritis leiden und von vorzeitigem Altern bedroht sein soll, hat sich die Technik bereits auf fünf weitere Säugetierarten ausdehnen lassen. Vor zwei Wochen erst gingen die Bilder der ersten geklonten Katze um die Welt.
Dolly: Die zweite Schöpfung
Um salbungsvolle Titel scheinen die an Dollys Entstehung beteiligten Naturwissenschaftler nicht verlegen, wenn es um die Erzählung ihrer großen Errungenschaften geht.

Mit nicht weniger als der "zweiten Schöpfung" betiteln Ian Wilmut und Keith Campbell das Buch, in dem sie "Empfängnis" und Geburt des wohl bekanntesten Schafs der Welt beschreiben: Dolly, das erste Säugetier, das durch somatisches Klonen entstanden ist.
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Somatisches Klonen
Aus einer Eizelle wird im Labor der Zellkern entfernt und durch den Kern und damit auch das darin enthaltene Erbgut aus der Zelle eines erwachsenen Tiers ersetzt. Die so entstandene Eizelle wird in die Gebärmutter einer Leihmutter übertragen. Das heranwachsende Tier ist weitgehend genetisch identisch mit dem Tier, von dem die Spenderzelle stammt. In Dollys Fall stammte die Spenderzelle aus dem Euter eines erwachsenen Schafes.
->   Cloning Fact Sheet
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Rinder, Ziegen, Katzen ...
In den Wochen und Monaten nach der ersten großen medialen Aufregung um Dolly wurde immer wieder angezweifelt, ob das Schaf wirklich war, was es zu sein vorgab - nämlich die genetische Kopie eines anderen schon erwachsenen Tiers.

Mittlerweile aber wurde die Technik des somatischen Klonens bereits erfolgreich bei anderen Tierarten angewandt: Mit Schaf, Rind, Ziege, Schwein, Maus und zuletzt Katze konnten bis heute sechs Säugetierarten geklont werden.
->   science.ORF.at: Erstes Klon-Kätzchen entwickelt sich normal
Älter, als sie aussieht?
Kaum vorstellbar, dass die Weltöffentlichkeit jemals derart regen Anteil am Gesundheitszustand eines Schafs genommen hat, wie im Fall Dolly.

Als festgestellt wurde, dass Dollys Chromosomen verkürzte Telomere haben, hieß es, sie könnte eventuell vorzeitig altern bzw. wäre vielleicht in Wirklichkeit schon so alt wie das Tier, dessen genetische Kopie sie ist.
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Telomere
Vor jeder Zellteilung muss die DNA verdoppelt werden, um eine Kopie auf jede Tochterzelle aufteilen zu können. Dabei wird sie an den Enden der Chromosomen jeweils um ein Stückchen kürzer. Damit es dadurch nicht zu einem Informationsverlust kommt, kommt eine kurze DNA-Sequenz an den Chromosomen-Enden vielfach wiederholt vor. Diese Telomere werden in regelmäßigen Abständen durch das Enzym Telomerase wieder verlängert. Der Alterungsprozess könnte unter anderem mit einem Nachlassen der Telomerase-Aktivität im Lauf des Lebens zu tun haben.
->   Mehr Informationen zu Telomeren
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Rinder bleiben jung
Verkürzte Telomere sind aber keine zwingende Folge des somatischen Klonens. Bei Rindern sind im Gegenteil sogar teilweise verlängerte Telomere festgestellt worden, erklärt Gottfried Brem, Ordinarius des Instituts für Tierzucht und Genetik der veterinärmedizinischen Universität Wien.

Er war vor etwas mehr als drei Jahren auch an der Geburt des ersten Klonkalbs beteiligt. "Uschi" geht es heute prächtig, sie sieht gerade zum zweiten Mal Mutterfreuden entgegen.
Weitere Komplikationen
Außerdem, so hieß es kürzlich, soll Dolly (die auch schon eigene Kinder hat) an Arthritis leiden. Ungewöhnlich für ein Schaf ihres Alters, ob das allerdings mit dem Klonen zu tun hat, lässt sich noch nicht sagen.
->   science.ORF.at: Klonschaf Dolly hat Arthritis
Von einem einzigen Tier auf mögliche Komplikationen beim Klonen zu schließen, hält Experte Brem zwar für unseriös. Es zeige sich aber, dass bekannte Probleme bei geklonten Tieren häufiger auftreten als normal.

Noch ist allerdings oft schwer feststellbar, ob das an der Technik des Klonens selbst, oder an der künstlichen Befruchtung liegt.
Probleme während Embryonalentwicklung
Bild: EPA
Klonschaf Dolly 1997
Dolly selbst ist der einzige gelungene Versuch von fast 300. Bei 277 Eizellen war der Zellkern durch einen anderen ersetzt worden, nur eine einzige davon ist zu einem erwachsenen Schaf gediehen.

Die Ausbeute habe sich bis heute zwar deutlich verbessert, erzählt Gottfried Brem. Der überwiegende Teil der Eizellen überlebt und entwickelt sich aber nach wie vor nicht bis zur Geburt.

Viele der geklonten Tiere sind bei der Geburt außerdem überdurchschnittlich groß und schwer - warum, ist weitgehend unbekannt, könnte aber eventuell auch mehr mit der künstlichen Befruchtung als mit dem Klonen zu tun haben, meint der Experte.
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Kränkelnde Klonmäuse
Vor kurzem wurde die erste Langzeitstudie bekannt, die den Gesundheitszustand von geklonten Tieren im Vergleich zu dem normal gezeugter Artverwandter untersuchte. Japanische Wissenschaftler beobachteten geklonte Mäuse - und stellten fest, dass diese krankheitsanfälliger sind und früher sterben, als nicht geklonte. Die Ursachen sind unklar.
->   science.ORF.at: Geklonte Mäuse sterben früh
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Viele Fragen bleiben offen
Insgesamt sei die Technik zwar immer ausgereifter, meint Gottfried Brem. Genaue Vorhersagen treffen, bei welchen Eizellen es funktionieren wird und bei welchen nicht, kann man allerdings weiterhin nicht.

Auch die Frage, warum es zwar eine geklonte Katze, aber bisher keinen geklonten Hund gibt - wovon es also abhängt, dass sich eine Tierart klonen lässt, bleibt vorerst unbeantwortet.

Fünf Jahre nach Dollys erstem Auftritt ist klar, dass noch einige Forschung nötig ist, um die Technik soweit zu verfeinern, dass gentechnisch veränderte Klontiere in großem Ausmaß Medikamente oder vielleicht sogar Organe für den Menschen produzieren könnten - wie es den "Schöpfern" von Dolly und ihresgleichen ursprünglich vorschwebte.

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
->   Institut für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien
Mehr zu Dolly und dem Thema Klonen in science.ORF.at:
->   Buch: Dolly - Der Aufbruch ins biotechnische Zeitalter
->   Chip zur Massenproduktion von Klonen
->   Klonen für den Artenschutz?
 
 
 
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01.01.2010