News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Technologie .  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 
Neue Einblicke mit molekularen Mikroskopen  
  Mit immer präziseren Technologien versuchen Wissenschaftler, kleinste Strukturen im Körper sichtbar zu machen. Jetzt wurden winzige Moleküle entwickelt, die in den Körper eingeschleust die Oberfläche von Zellen und Geweben detailliert beleuchten können. Sie fungieren quasi als molekulare Mini-Mikroskope.  
Viola Vogel und ihre Kollegen an der "University of Washington" berichten in einer aktuellen Publikation in den "Nanoletters", wie diese Nanoroboter in den Körper gebracht werden, um Detailaufnahmen von Zelloberflächen und Gewebestrukturen zu machen, die jene konventioneller Mikroskopmethoden qualitativ übertreffen.
...
Artikel in den "Nanoletters 2" (kostenpflichtig; S. 113-116 ):
->   Surface Imaging by Self-Propelled Nanoscale Probes
...
Die Bewegungen molekularer Roboter
Jeder der Nanoroboter wird mit einer "Lichtquelle", einer fluoreszierenden Farbe ausgestattet, sodass die Wissenschaftler ihren genauen Bewegungen folgen können, indem sie das von ihnen ausgestrahlte Licht messen. Auf diese Weise entsteht eine detaillierte Landkarte mit hochspezifischen Informationen über die von den Molekülrobotern "abgegrasten" Strukturen.

Die kleinen beweglichen Strukturen sind in der Lage, mikroskopische Hindernisse zu umgehen und durch Öffnungen zu gleiten.
Effiziente molekulare Maschinen
Um ihre winzigen molekularen Mikroskope zu entwickeln, modifizierten Vogel und ihre Kollegen natürlich vorkommende molekulare Maschinen, auch Mikrotubuli genannt.

Diese zylinderförmigen Moleküle enthalten ein Protein namens Tubulin, das als Stützskelett für Zellen dient.
...
Mikrotubuli
... röhrenförmige Zellbestandteile; sie bilden u. a. das
Muster der Wimpern und Geißeln, organisieren den Transport von Zellorganellen, das Auswachsen der Axone von Nervenzellen oder die Trennung der Chromosomenpaare während der Zellteilung. Mikrotubuli sind Röhren aus polymerisiertem Tubulin. Tubulin ist ein Proteindimer, es besteht aus den beiden Untereinheiten alpha und beta.

Mikrotubuli sind keine statischen Strukturen. Sie schalten beständig zwischen zwei Zuständen hin und her: Depolymerisation und Polymerisation. Gemeint ist damit das Verkürzen bzw. Verlängern der Mikrotubuli durch den Verlust bzw. das Hinzufügen von Tubulin-Untereinheiten. Die Gesamtpopulation von Mikrotubuli in der Zelle besteht zu jedem Zeitpunkt aus einem Gemisch von langsam wachsenden bzw. schnell schrumpfenden Polymeren.
->   Mehr zu Mikrotubuli
...
Kinesin als Motor
Die Wissenschaftler der "University of Washington" statteten die molekularen Roboter mit so genannten Kinesin-Molekülen aus, die eine zufällige Bewegung der kleinen Maschinen entlang verschiedener Oberflächenstrukturen ermöglichen.
Molekulare Landschaften
Die Kinesinmoleküle sind in der Lage, die kleinen Roboter über sanfte Steigungen und Hindernisse zu bewegen, allerdings stellen steile "Wände" noch ein Hürde dar. Denn die Mikrotubuli sind zu steif, um scharfe Kanten und Ecken exakt abzutasten.

Aus den aufgezeichneten Wanderungsbewegungen der Nanoroboter können die Forscher genaue topografische Karten der von den Robotern besuchten Oberflächenstrukturen erstellen.
...
Kinesin
Kinesin ist ein so genanntes Motor-Protein, das mechanische Bewegungen durch Umwandlung von ATP (Adenosintriphosphat; ATP ist eine wichtige Speicherform von Energie in der Zelle) in Bewegungsenergie generieren kann. Kinesin bindet an Mikrotubuli und kann diese mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1 Mikron (1 Millionstel Meter) pro Sekunde bewegen.
->   Mehr zu Kinesin-Molekülen
...
Besser als konventionelle Mikroskopie
Da die molekularen Roboter in winzige Spalten und Hohlräume eindringen können, sind sie in der Lage, Strukturen und hochspezifische "Plätze" sichtbar zu machen, was mit konventioneller Mikroskopie nicht möglich ist.

Das Team um Vogel geht davon aus, dass man auch hochspezifische Molekülroboter entwickeln kann, die nur ganz bestimmte Aspekte von Oberflächenstrukturen untersuchen können, wie z.B. Zell-Regionen, die wasseranziehend oder wasserabstoßend sind.

Diese Informationen geben Wissenschaftler wertvolle Hinweise über die Beschaffenheit von porösen Materialien oder die molekulare Architektur biologischer Gewebe.
Eine Frage der Zeit
Die Zeit, die von den Nanorobotern benötigt wird, um eine Oberflächenstruktur zu untersuchen, hängt von ihrer Anzahl und ihrer Geschwindigkeit ab. Die Wissenschaftler um Vogel waren in der Lage, ihre topografischen Karten durch Überlagerung von 500 Bildern zu erstellen.

Eine "Durchschnittsgeschwindigkeit" von 250 Nanometer pro Sekunde für die Mikrotubuli erbrachte dabei alle fünf Sekunden ein Bild.
Kleiner als 50 Nanometer
Die Wissenschaftler sehen in zukünftigen molekularen Robotern, die sich durch unseren Körpern bewegen, ein großes Potenzial. Prinzipiell sollten sie Strukturen bis zu einer Größe von 50 Nanometer (1 Nanometer entspricht 1 Milliardstel Meter) erfassen können.

Manche Forscher gehen gar von Molekülrobotern aus, die einmal Details bis zu einer Größe von 1 Nanometer sichtbar machen werden können.
->   Department of Bioengineering, University of Washington
Mehr zu Nano-Robotern in science.ORF.at
->   Nanobots für die Medizin
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Technologie .  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010