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Giftigen Blaualgen in Österreichs Seen auf der Spur  
  Die Algenblüte in Badeseen ist nicht nur ein ästhetisches Problem. Massives Auftreten von Blaualgen bedroht die Qualität des Wassers und damit die Gesundheit der Menschen. In der Reihe "Young Science" beschreibt Rainer Kurmayer vom Institut für Limnologie der ÖAW, wie es durch Gentests gelingt, das giftige Algenwachstum in österreichischen Gewässern frühzeitig festzustellen.  
Blaualgen und Wasserqualität
Von Rainer Kurmayer

Massenentwicklungen von Blaualgen können die Wasserqualität durch die Produktion giftiger Naturstoffe nachteilig beeinflussen und die menschliche Gesundheit gefährden.

Durch die Entschlüsselung der verantwortlichen Gene an der Humboldt Universität Berlin ist es möglich geworden, giftige Blaualgen in den Gewässern nachzuweisen und in ihrem Auftreten zu erforschen. Diese Untersuchungen werden vom Institut für Limnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften an verschiedenen Gewässern durchgeführt.
Wasserqualität in Österreich

Algenblüte im Badesee
Österreich ist ein Land, das mit Süßwasser-Vorräten und einer generell guten Wasserqualität gesegnet ist. Werden jedoch in ein Gewässer größere Mengen an Nährstoffen, wie Phosphor und Stickstoff eingetragen, dann begünstigt dies das Wachstum von im Wasser schwebenden und mikroskopisch kleinen pflanzlichen Organismen, zu denen die Blaualgen (wissenschaftlich Cyanobakterien) gezählt werden.

Durch Auftreiben der Algen entstehen oft grünlich blaue oder rote Teppiche an der Wasseroberfläche, die dann als Algenblüte bezeichnet werden und in den Gewässern der gemäßigten Klimazone vor allem während der warmen und niederschlagsarmen Sommermonate auftreten können.
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Verschlechterung der Wasserqualität durch Cyanobakterien
Massenansammlungen von Cyanobakterien verschlechtern die Wasserqualität durch eine Verringerung des Lichteinfalls für die am Boden lebenden Wasserpflanzen und durch eine erhöhte Sauerstoffzehrung durch absterbende Algen.

Viele Cyanobakterien produzieren Naturstoffe verschiedenster chemischer Zusammensetzung, die zum Teil flüchtig sind und unangenehm riechen. Andere Naturstoffe sind für Mensch und Tier hoch giftig, allen voran das Microcystin (ein Heptapeptid), für welches aufgrund seiner weltweiten Verbreitung von der WHO ein Grenzwert von 1 µg pro Liter für die maximal zulässige Konzentration im Trinkwasser festgesetzt wurde
->   WHO - Guidelines for drinking water quality
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Genetische Regulation der Toxinproduktion
Die Fähigkeit eines bestimmten Cyanobakteriums zur Toxin -(Microcystin) Produktion ist genetisch bedingt, allerdings kann man giftige und harmlose Genotypen im mikroskopischen Bild nicht voneinander unterscheiden.

Dieser Umstand macht eine Analyse und Vorhersage der Toxinbelastung in einem Gewässer lediglich aufgrund der mikroskopische Analyse von Algen nicht möglich
Forschergruppe an der Humboldt-Universität
Durch die Entschlüsselung des Gens für Microcystin in einer Forschergruppe an der Humboldt Universität in Berlin (Dr. Elke Dittmann, Guntram Christiansen, Prof. Dr. Thomas Börner, ist es mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) möglich geworden, das Vorkommen von giftigen Cyanobakterien genetisch direkt im Gewässer nachzuweisen.
->   Humboldt Universität
Isolation von Cyanobakterien

Kolonieförmiges Cyanobakterium im Mikroskop (400 x)
Ein Ansatz besteht in der Isolation einzelner Cyanobakterienkolonien oder Cyanobakterienfäden unter dem Mikroskop und der DNA-Analyse mittels Polymerasekettenreaktion (PCR).

Die Sensitivität der PCR (wenige Zellen sind ausreichend) macht auch eine Warnung bereits lange Zeit vor dem Auftreten einer eventuell giftigen Algenblüte möglich.
DNA - Analyse der Cyanobakterien
 


Ein Beispiel für die DNA - Analyse, mit deren Hilfe die giftigen Cyanobakterien detektiert und quantifiziert werden können:
Nachweis giftiger Cyanobakterien mittels PCR und Darstellung der vervielfältigten DNA durch Gelelektrophorese.

Einzelne Kolonien wurden unter dem Mikroskop isoliert und auf das für Microcystin spezifische Gen getestet. Die Zahlen 1-8 zeigen einzelne isolierte Kolonien (Die Proben 2, 6 und 7 sind toxisch). - = negative Kontrolle, M = Größenmarker zur Charakterisierung der DNA Größe in Basenpaaren.
->   Microbiological Ecology
Genetische Diversität der Toxinproduktion

Fadenförmige Cyanobakterien im Mikroskop (400 x)
Die Häufigkeit giftiger und harmloser Genotypen ist neben dem Algenwachstum ein wichtiger Faktor für die Microcystin Belastung in einem Gewässer. So kann man bei fädigen Cyanobakterien große Unterschiede in der Häufigkeit von giftigen Genotypen zwischen Gewässern feststellen.

Mit Hilfe der genetischen Quantifizierung von giftigen und harmlosen Genotypen in Gewässern soll erforscht werden, unter welchen Bedingungen giftige Genotypen vorkommen bzw. in ihrer Häufigkeit gefördert werden.
Umwelfaktoren innerhalb eines Gewässers
Einzelne Umweltfaktoren innerhalb eines Gewässers werden ebenso betrachtet wie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Lebensräumen.

Dazu werden einzelne Cyanobakterien aus dem Freiland in Kultur genommen und phänotypisch (z.B. morphologisch) und genetisch charakterisiert.

Im einzelnen werden genetisch bedingte Unterschiede in der Wachstumsrate und in der Synthese von Microcystin, der Einfluß der Produktion von dem Microcystin ähnlichen Naturstoffen sowie für den Lebensraum spezifische Umweltfaktoren (seichte eutrophe Gewässer vs. nährstoffarme geschichtete Gewässer) berücksichtigt.
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YOUNG SCIENCE
"Young Science" ist eine Kooperation zwischen ÖAW und science.ORF.at. Junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stellen ihre Arbeiten und Projekte in Originalbeiträgen vor.

Dr. Rainer Kurmayer ist seit Mai 2001 am Institut für Limnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften tätig.
Kurzbiographie:
Geboren 1969 in Hollabrunn (Österreich)
1989-1994 Studium der Biologie/Ökologie an der Universität Wien
1996-1999 Doktorarbeit über den Einfluß von Blaualgen auf aquatische Kleinkrebse (Doktorandenstipendium der ÖAW)
1999-2001 Wissenschaftlicher Angestellter am Umweltbundesamt Berlin (Fachgebiet Wasseraufbereitung)

Institut für Limnologie der ÖAW
Mondseestraße 9, A-5310 Mondsee
Tel. 0043-6232-3125-32
Fax 0043-6232-3578
e-mail: rainer.kurmayer@oeaw.ac.at
->   Institut für Limnologie
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Häufigkeiten der Cyanobakterien in verschiedenen Gewässern
 


(n = Anzahl der untersuchten Fäden). Durch die geringen Zellzahlen ist die Gesamtbelastung durch Microcystin an der Nachweisgrenze (kleiner als ein Mikrogramm pro Liter). Probenahme durch das Bundesamt für Wasserwirtschaft in Scharfling (OÖ).
->   Österreichische Akademie der Wissenschaften
->   science.ORF.at präsentiert "Young Science"
 
 
 
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01.01.2010