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Die Zukunft der Organtransplantation  
  Eines der größten Probleme nach einer Organverpflanzung ist die Abstoßungsreaktion des Immunsystems gegenüber dem neuen Organ. Medikamente, die diesen Prozess unterdrücken sollen haben starke Nebenwirkungen und sind nicht immer erfolgreich. Der Transplantationsspezialist Thomas Wekerle beschreibt in einem Gastkommentar für science.ORF.at neue Methoden, die ohne Medikamente auskommen.  
Organtransplantationen ohne Medikamente
Von Thomas Wekerle

Methoden zur Neu-Programmierung des Immunsystems ersetzen in experimentellen Studien die Gabe von Medikamenten, die üblicherweise nach Organverpflanzungen gegeben werden müssen. Damit könnten in Zukunft Transplantationen noch erfolgreicher werden.
Medikamente nach Transplantationen problematisch
Patienten nach Organverpflanzungen müssen lebenslang starke Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems einnehmen, das sonst heftig gegen das fremde Organ reagieren würde.

Diese intensive medikamentöse Behandlung ist häufig mit Nebenwirkungen verbunden und kann nicht immer die Abstoßung des transplantierten Organs verhindern.
Toleranz durch Neu-Programmierung des Immunsystems
Deshalb werden Wege gesucht, das Immunsystem des Organempfängers so neu zu programmieren, dass es das fremde Gewebe so wie das körpereigene annimmt.

Durch eine so erreichte Form der Toleranz würden Abstoßungen verhindert und durch den Wegfall der medikamentösen Behandlung auch deren Nebenwirkungen vermieden.
Toleranz durch Knochenmarktransplantation
In Tierversuchen kann Toleranz durch eine gleichzeitige Knochenmarktransplantation herbeigeführt werden. Dabei würde einem Patienten nicht nur ein Organ (z.B. die Niere) verpflanzt werden, sondern zusätzlich auch Knochenmark vom Organspender (in Form einer Infusion ähnlich einer Bluttransfusion).

Spezielle Immunzellen, die sich aus dem übertragenen Spenderknochenmark entwickeln, signalisieren dann dem Empfänger, das transplantierte Organ so wie das eigene Gewebe zu akzeptieren.

Die praktische Anwendung dieses Verfahrens wurde jedoch bisher dadurch erschwert, dass eine massive Vorbehandlung des Empfängers für eine erfolgreiche Knochenmarktransplantation notwendig war.
Fortschritt durch neuartige Medikamente
Weltweit wird daher in mehreren Forschungsgruppen, darunter auch an der Abteilung für Transplantation am AKH Wien, daran gearbeitet Knochenmarktransplantations-Protokolle zu entwickeln, die mit einer sanften Vorbehandlung auskommen und die speziell bei Organtransplantationen eingesetzt werden können.

Durch vielversprechende Fortschritte in den letzten Jahren konnten dabei wesentlich besser verträgliche Behandlungsprotokolle entwickelt werden. Dies gelang vor allem durch die einmalige Gabe von zwei neuartigen Medikamenten, so genannten "Costimulationsblockern", zum Zeitpunkt der Knochenmarktransplantation.
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Costimulationsblocker
Costimulationsblocker sind gentechnisch hergestellte Antikörper, die als Medikamente verwendet werden. Sie beeinflussen die Funktion von bestimmten Immunzellen, indem sie für diese Zellen wichtige Signale blockieren. Diese neue Art von Medikamenten wird derzeit in ersten klinischen Studien erprobt und gilt als zukunftsträchtig für die Behandlung von verschiedenen immunologischen Erkrankungen.
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Anwendbare Ergebnisse erst in einigen Jahren
Am AKH Wien werden diese neuen sanften Toleranzprotokolle derzeit weiterentwickelt, um sie für den klinischen Einsatz vorzubereiten.

Für die nächsten Jahre werden die ersten Studien zur Anwendung von Toleranzprotokollen bei nierentransplantierten Patienten erwartet. Davon erhofft man sich einen weiteren wichtigen Fortschritt für die Transplantationsmedizin.
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Thomas Wekerle arbeitet an der Abteilung für Transplantation an der Universitätsklinik für Chirurgie des Allgemeinen Krankenhaus Wien.
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->   AKH Wien
 
 
 
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01.01.2010