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Kokain macht Proteine dem Körper fremd  
  Dass Kokainkonsum die körperliche Gesundheit stark beeinträchtigt, war schon länger bekannt. Jetzt wurde entdeckt, dass Kokain wichtige Proteine des menschlichen Körpers langfristig schädigt. Es verändert die Proteine derart, dass diese als körperfremde Stoffe eine Autoimmunreaktion auslösen. Durch die neuen Erkenntnisse können jetzt verschiedene Langzeitschäden der Droge erklärt werden.  
Entscheidende Proteine des menschlichen Körpers können durch Kokainfragmente verändert werden - auch, wenn die Droge im Blut nicht mehr nachweisbar ist, wie Molekularbiologen um Donald Landry jetzt festgestellt haben.

Diese neu entdeckte chemische Aktivität könnte einige nachhaltig schädigende Effekte der Droge erklären.
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Artikel in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (kostenpflichtig; A catalytic antibody against cocaine prevents cocaine's reinforcing and toxic effects in rats)
->   Artikel in den "Proceedings of the National Academy of Sciences"
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Obwohl die Droge weniger als eine Stunde im Blut bleibt, leiden ehemalige Kokain-Konsumenten u.a. an Autoimmunerkrankungen wie z.B. chronisch entzündeten Blutgefässen, die wiederum zu einer Vielzahl von Folgeerkrankungen führen können.
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Kokain und Langzeitschäden
Kokain wird aus den getrockneten Blättern der Kokapflanze mit der botanischen Bezeichnung Erythoxylum coca gewonnen, es ist aber auch vollsynthetisch herstellbar. Die Hauptgefahr der Droge besteht vor allem darin, dass der Konsument sehr schnell abhängig wird, und von langfristig schweren gesundheitlichen Folgen wie Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkten, Atemstörungen oder auch psychischen Störungen beeinträchtigt werden kann.

Der chronische Missbrauch von Kokain führt zu einer Reihe schwerer "Nebenwirkungen": es kann u.a. zu Sehstörungen, verschiedensten neurologischen Störungen wie gesteigertem Schlaganfallrisiko und Hirnblutungen, starken psychischen Veränderungen bis hin zu Psychosen kommen. Antriebsschwäche, Suchtverhalten mit einem übermächtigen Drang nach der Droge, Impotenz, Schleimhautverätzungen, Leberschäden, körperlicher Verfall mit einer allgemeinen Abwehrschwäche werden ebenfalls häufig beobachtet.
->   Mehr über Kokain
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Anbindung an Proteine
Lange Zeit waren der Wissenschaft jene molekularen Mechanismen unklar, die hinter den Langzeitschäden von Kokain stehen.

In einer früheren Studie untersuchten Donald Landry, organischer Chemiker von der Columbia Universität, New York, und seine Kollegen, wie sich die Droge in Wasser aufspaltet.

Die Ergebnisse ließen die Forscher vermuten, dass im Körper das Suchtgift abgebaut wird, indem Teile sich an körpereigene Proteine anheften.
Eiweiß-Transporter
Landry und sein Team zeigten in weiteren Forschungen, dass sich Kokainfragmente an Albumin binden können. Dieses Eiweiß kommt im ganzen Körper vor und dient als Transporter für vielerlei Stoffe.

Von den 21 Aminosäuren des Proteins war das entscheidende Bindeglied das so genannte Lysin. Dieses ist Bestandteil zahlreicher Proteine des gesamten Körpers, und nicht nur von Albumin. Daraus schlossen die Forscher, dass Kokain viele Proteine und damit viele Gewebe verändern könne.
Antikörper gegen transformierte Proteine
In weiterer Folge untersuchten die Wissenschaftler Blutproben von 13 "Kokain-Usern". In sechs fanden sie zwei veränderte Proteine - nämlich Albumin und das so genannte Makroglobulin. Von den anderen sieben, die sie auf Autoimmunreaktionen testeten, wurden bei zwei der Probanden Antikörper gegen solche von Kokain veränderte Proteine gefunden.

Diese Ergebnisse brachten die Forscher zu dem Schluss, dass die Droge die Proteine zu Zielobjekten (Antigene) für die körpereigene Abwehr (z.B. Antikörper) "transformieren" kann.
Weitere Bausteine ...
"Die Ergebnisse stellen einen weiteren Baustein zu den Langzeitschäden dar, die durch Kokain hervorgerufen werden. Die nächsten Ziele wären, herauszufinden, welche weiteren Proteine das Suchtmittel verändert und wie lange diese im Körper verbleiben", erläutert Landry.
...und breiteres Verständnis
Obwohl die aktuellen Forschungen die gesundheitlichen Probleme, die Betroffene berichteten, nicht erklärt, "erhöht es die Möglichkeit, Proteinfunktionen zu verändern", meint Patricia Molina, eine Molekular-Pathologin vom Louisiana State University Medical Center. "Dies kann zum breiteren Verständnis der gewebetoxischen Effekte des Kokains führen".
->   Department of Medicine, Columbia University
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01.01.2010