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Chinesische Wissenschaftler klonen Embryonen  
  Während in weiten Teilen der Welt eine kontroversielle Debatte über das Klonen läuft, dringt in China kaum etwas an die Öffentlichkeit: Chinesische Wissenschaftler haben in den letzten zwei Jahren bereits Dutzende menschlicher Embryonen geklont, ein gesetzlicher Rahmen ist kaum vorhanden.  
"Wir klonen nur Embryonen für medizinische Zwecke. Ich bin entschieden gegen das Klonen von Menschen", beteuert eine der führenden Forscherinnen Lu Guangxiu, die nach eigenen Angaben schon seit zwei Jahren im Xiangya Medical College in Changsha (Provinz Hunan) Embryonen klont. Andere Institute in China verfolgten ähnliche Klon-Projekte, die meisten klonten aber nur Tiere.
"Niemand weiß, wer in China was tut"
Bislang ist nach Auskunft des britischen Magazins "New Scientist" noch keines der chinesischen Experimente in einem angesehenen Fachjournal veröffentlicht worden, die Artikel von Gutachtern prüfen lassen. Fest steht dennoch, dass sich eine große Zahl von Universitäten und Instituten auf unterschiedliche Art und Weise mit Klonen und Stammzellen beschäftigt.

Professor Chen Xigu von der Zhongshan Medizinischen Universität in Kanton etwa pflanzte menschliches Erbgut in die Eizelle eines Kaninchens, um Stammzellen zu gewinnen. "Viele verraten lieber nicht, was sie tun. Es könnte eine Menge Missverständnisse auslösen", sagt ein Wissenschaftler des Tiantan-Hospitals in Peking.
Weltweite Proteste
Mit den ersten geklonten Embryonen lag Lu Guangxiu weit vor der US-Firma Advanced Cell Technology (ACT), die im November mit der Mitteilung, einen Embryo geklont zu haben, weltweit Proteste ausgelöst hatte.

Auch in Europa ist ein bioethischer Konsens zum Status von Embryonen nicht absehbar, menschliches Klonen ist von der UNESCO wie der Biomedizinkonvention des Europarates verboten worden.
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Klon-Debatte und Verbot in Europa
Der ontologische, moralische und rechtliche Status von Embryonen ist höchst umstritten. Weder naturwissenschaftlich, noch philosophisch oder theologisch gibt es hierzu eine einhellige Meinung.

1998 verabschiedete die Vollversammung der Vereinten Nationen die von der UNESCO erarbeitete "Allgemeine Erklärung über das menschliche Genom und die Menschenrechte". In Artikel 11 wird das so genannte reproduktive Klonen, d.h. das Klonen von Menschen, ausdrücklich untersagt, weil es mit dem Prinzip der Menschenwürde unvereinbar sei.

Ein eindeutiges Verbot des reproduktiven Klonens enthält das Zusatzprotokoll zur Konvention über Menschenrechte und Biomedizin des Europarates (Biomedizinkonvention).
->   Mehr zur Konvention in science.ORF.at
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"Freie Forschung" in China
Das Verbot der Pekinger Regierung bezieht sich auf das Klonen von Menschen, nicht jedoch auf Embryonen. Die Forscher sind weit gehend frei, da es an gesetzlichen Grundlagen fehlt. Zudem dringen nur spärlich Informationen über die Stammzellforschung an die Öffentlichkeit.

Lu Guangxiu beispielsweise verrät nicht viel über ihre Arbeit, die jedoch bald in einem westlichen Wissenschaftsmagazin publiziert werden soll. Doch bestätigte sie einen Bericht im "Wall Street Journal", wonach fünf Prozent der geklonten Embryonen in ihrem Labor die Blastozysten-Stufe erreicht hätten.
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Blastozyste
Unmittelbar nach dem Verschmelzen von Ei- und Samenzelle kommt es zur ersten Teilung der neu entstandenen Zelle. Auf dem Weg durch den Eileiter teilen sich die Zellen mehrmals. Nach ca. vier Tagen wird die Gebärmutter erreicht, man spricht jetzt bereits von einer Keimblase, der so genannten Blastozyste, die aus einer äußeren Wand, dem Trophoblasten, und einer inneren Zellansammlung, dem Embryoblasten, besteht. Von der Keimblase werden Enzyme freigesetzt, die eine Auflösung der Gebärmutterschleimhaut bewirken und ca. am 7. Tag nach der Befruchtung die Einnistung, d.h. die Nidation der Keimblase in die Gebärmutter gestatten. Aus dem Trophoblasten entwickeln sich im folgenden die Plazenta und die Eihäute, aus dem Embryoblasten entwickelt sich der Embryo.
->   Mehr über die embryonale Entwicklung
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In diesem frühen Stadium erscheinen Stammzellen, die Lu Guangxiu gewonnen und über drei Generationen entwickelt hat. Da ihre Arbeit große Mengen Eizellen erfordert, wurden Frauen in ihrer Befruchtungsklinik einfach gebeten, überschüssige Eizellen zu spenden.
Forderung nach rechtlichem Rahmen
Einerseits klont Lu Guangxiu Embryonen, andererseits beteiligt sie sich am Entwurf des gesetzlichen Verbots, Menschen zu klonen.

Einer der schärfsten Kritiker ist jedoch Ba Denian, pensionierter Präsident der Medizinischen Akademie: "Es muss klar gesagt werden, was gemacht werden darf, wie weit jemand gehen kann, wem solche Arbeiten erlaubt werden und wie es überwacht wird." Er fürchtet: "Ohne Kontrolle ist der nächste Schritt das Klonen von Menschen."
"Beruhigende Worte"
Im therapeutischen Klonen und der Stammzellen-Forschung setzt China zu einem großen Sprung nach vorn an. Trotz des fortgeschrittenen Embryo-Klonens in China sieht der renommierte Stammzellen-Forscher Dou Zhongying aus Xi'an noch "eine Kluft von vier, fünf Jahren zu fortschrittlichen Ländern. Chinas Forschung schließt aber zum internationalen Standard auf."

Andreas Landwehr, dpa/red.
->   Reproduktives Klonen
->   Mehr zum Thema Klonen in science.ORF.at
->   Advanced Cell Technology in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010