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"Scheidungskinder" brauchen beide Elternteile  
  "Scheidungskinder" kommen mit der neuen Situation besser zurecht und können sich besser entwickeln, wenn beide Elternteile an der Erziehung beteiligt sind. In einer aktuellen US-Studie zeigen diese Kinder etwa weniger emotionale Probleme und ein höheres Selbstwertgefühl.  
Wichtiger als die neue Lebenssituation sei besonders die Zeit, die Vater und Mutter effektiv mit ihren Kindern verbringen, wie der Psychologe Robert Bauserman vom Department of Health and Mental Hygiene des US-Bundesstaates Maryland, im "Journal of Family Psychology" schreibt.
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Child Adjustment in Joint-Custody
Der Artikel "Child Adjustment in Joint-Custody Versus Sole-Custody Arrangements: A Meta-Analytic Review" von Robert Bauserman ist im "Journal of Family Psychology" (Vol 16, No. 1.), herausgegeben von der American Psychological Association (APA), erschienen.
->   Originalartikel im "Journal of Family Psychology" (pdf-File)
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Gemeinsam statt einsam
In einer Meta-Analyse aus 33 Einzelstudien wies der Experte nach, dass Kinder in gemeinsamer Obsorge weniger an Verhaltens- und emotionalen Problemen leiden, ein höheres Selbstwertgefühl sowie bessere Beziehungen zur Familie haben und bessere Leistungen in der Schule zeigen als Kinder in Obhut nur eines Elternteils.
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Details der Metastudie
Bauserman fasste in seiner Meta-Analyse 33 Studien zusammen, die - zwischen 1982 und 1999 durchgeführt - insgesamt 1.846 alleinerzogene und 814 gemeinschaftlich erzogene Kinder in ihrer Entwicklung in der neuen Situation gegenüberstellten. Kinder aus 251 intakten Familien wurden zudem zum Vergleich herangezogen.
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Zeit wichtiger als Lebenssituation
Gemeinsame Obsorge war definiert als "physical custody", wo das Kind gleichermaßen Zeit mit den Eltern verbrachte, oder "legal custody", wo das Kind primär bei einem Elternteil lebte, aber beide in alle Bereiche des Lebens des Kindes involviert waren.

"Die Kinder in gemeinsamer Obhut waren gleichermaßen gut entwickelt wie Kinder intakter Familien", meint Bauserman, "wahrscheinlich, weil durch die gemeinsame Fürsorge das Kind dauerhaften Kontakt mit beiden Elternteilen haben kann."

Die Ergebnisse zeigten zudem, dass Kinder nicht unbedingt gleich viel Zeit mit beiden Eltern verbringen mussten, dass also weniger die neuen Lebensverhältnisse, sondern die "echte" Zeit mit beiden - im Besonderen mit ihren Vätern - zählte, so Bauserman.
Weniger Konflikte und ...
Gemeinsam erziehende Paare haben laut Studie auch über weniger Konflikte berichtet, möglicherweise weil beide am Leben der Kinder teilhaben konnten und nicht Zeit vergeuden mussten, über Kinderbetreuungsfragen zu streiten. Bezogen auf vergangene Konflikte wie etwa während der Trennung der Eltern, waren die später gemeinsam erzogenen Kinder noch immer deutlich im Vorteil.
... veraltete Vorstellungen
Unglücklicherweise herrsche die Auffassung, dass gemeinsame Erziehung den Kindern schade, weil diese in permanente Konflikte der Eltern hineingezogen würden, meint der Psychologe. Tatsächlich stritten alleinerziehende Eltern wesentlich mehr, wie die Studie bewiesen habe.
Nicht in jedem Fall
Die Forschungsergebnisse unterstützen jedoch gemeinschaftliche Obsorge nicht in jedem Fall. Leide beispielsweise ein Elternteil an psychischen oder körperlichen Problemen oder misshandle oder vernachlässige er das Kind, so sei Allein-Erziehung klar zu bevorzugen, meint der Psychologe.

Besonders Richter, Anwälte, Sozialarbeiter, Psychologen - also die Fachleute, die bei der Zukunft des Kindes eine Rolle spielten - sollten die Ergebnisse beachten, um für die Erziehung bzw. Umgebung des Kindes die beste Entscheidung zu treffen.

"Es sind jedoch noch mehr Forschungen zu diesem Thema notwendig, bevor die Frage vollständig beantwortet werden kann", so Bauserman.
->   Department of Health and Mental Hygiene, Maryland
->   American Psychological Association (APA)
 
 
 
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01.01.2010