News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Mediziner warnen vor zu rascher Brustrekonstruktion  
  In Österreich erkranken jährlich etwa 4.600 Frauen an Brustkrebs. Rund 30 Prozent verlieren die betroffene Brust - immer mehr lassen sie schon bei der Krebsoperation wieder rekonstruieren. Das birgt allerdings auch Risiken, wie Mediziner jetzt warnen.  
Wenn der Tumor bereits zu groß geworden ist oder ungünstig liegt, dann muss mit der bösartigen Geschwulst die ganze Brust entfernt werden. Fast jede dritte an Brustkrebs erkrankte Frau erleidet dieses Schicksal.
Häufig Rekonstruktion gleich bei Krebsoperation
Aber jede Brust lässt sich wieder aufbauen - entweder aus körpereigenem Gewebe (Haut-, Muskel und Fettgewebe vom Rücken oder Unterbauch), oder mittels einer Prothese (mit Silikon oder Salzlösung gefüllt). Immer häufiger wird die Brust gleich im Zuge der Krebsoperation wieder aufgebaut.

Das habe den Vorteil - so der Wiener Gynäkologe und Krebsarzt Ernst Kubista - dass die Frau nicht mit jedem Blick in den Spiegel an ihre Krankheit und an den Verlust dieses emotionell besetzten Organs erinnert werde.
...
Brustkrebs in Österreich
Brustkrebs ist die häufigste Form einer Krebserkrankung bei Frauen. In Österreich ist die Anzahl der Neuerkrankungen in den vergangenen 15 Jahren von rund 3.400 auf 4.600 pro Jahr angestiegen. Diese Zunahme, insbesondere bei jüngeren Patientinnen, entspricht laut Expertenangaben dem internationalen Trend. Die Sterblichkeitsrate ist mit etwas über 1.600 Fällen jährlich in etwa gleich geblieben.
->   Österreichische Krebshilfe
...
"Psychische Komponente der Krankheit wird verdrängt"
Brustkrebs hat eine starke psychische Komponente. Es sei heute eindeutig erwiesen - so Hildegunde Piza, Plastische Chirurgin an der Universitätsklinik Innsbruck -, dass Frauen, die mit einer psychisch belastenden Situation nicht fertig werden, ein erhöhtes Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken.

Wird die Brust sofort im Zuge der Krebsoperation wieder aufgebaut, lässt sich die Frau möglicherweise die Chance entgehen, die psychischen Hintergründe aufzuarbeiten, erläutert Piza.

¿Frauen, die ihre Brust erst später wieder aufbauen ließen, erzählen, dass die Zeit zwischen Amputation und Rekonstruktion der Brust sehr wichtig für die Bewältigung der Situation insgesamt gewesen sei¿, erzählt die Expertin.
Prothese oder körpereigenes Gewebe
Grundsätzlich gilt es zu wählen zwischen einer Fremdprothese und der Rekonstruktion aus körpereigenem Gewebe. Dabei bieten beide Methoden gewissen Vorteile - aber auch Risiken, wenn sie zu schnell angewandt werden.

Die Fremdprothese hat gegenüber dem körpereigenen Gewebe den Vorteil, dass sie rascher implantiert ist, der Eingriff damit nicht so lange dauert und der Blutverlust geringer ist. Ihr Nachteil: Es kann zu Kapselschrumpfung und Bindegewebsvermehrung um das Prothesenmaterial kommen.
Wann warten mit der künstlichen Prothese?
Soll eine künstliche Prothese eingesetzt werden, so ist mit der kosmetischen Aufarbeitung des Problems vor allem dann zu warten, wenn mit der Brust auch Lymphknoten entfernt werden mussten. Denn die Prothese kann durch die abfließende Lymphe ins Schwimmen kommen, in Folge können Infektionen auftreten.
Körpereigenes Gewebe ... und die Risiken
Körpereigene Gewebe hat den Vorteil, dass es weich ist und sich wie körpereigen anfühlt. Der Aufbau dauert jedoch sehr lange, weil zur Brust- und Lymphknotenentfernung noch die Entnahme des Gewebes von Bauch oder Rücken kommt - dann muss daraus noch die Brust aufgebaut werden.

Es ist dies insgesamt eine Operation, die lange dauert, mit höherem Blutverlust verbunden ist und Komplikationen nach sich ziehen kann, sagt Hildegunde Piza. Je größer ein Eingriff, umso höher die Komplikationsrate.

Die Komplikationen nach einer solch großen Operation können zudem zur Folge haben, dass nicht rechtzeitig mit der notwendigen Chemotherapie begonnen werden kann.
Brustaufbau jederzeit möglich
Da ein Brustaufbau jederzeit, auch Monate nach der Amputation gemacht werden kann, ohne dass der Frau daraus Nachteile erwachsen, müssen Für und Wider einer sofortigen Rekonstruktion also genau abgewogen werden.

Jedenfalls sollte sich keine Frau zu einer sofortigen kosmetischen Operation drängen lassen, meint Hildegunde Piza.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft
->   Mehr zum Thema Brustkrebs in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010