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Arabische Wissenschaftler kritisieren US-Intellektuelle  
  Mitte Februar bekannten sich führende US-Intellektuelle und Wissenschaftler im Anschluss an die Terroranschläge vom 11. September in einer offenen Petition zu "fundamentalen Werten", die notfalls auch in einem "gerechten Krieg" zu verteidigen wären. Nun mehren sich kritische Stimmen aus der arabischen Forschergemeinde, die sich vor allem gegen den Universalismus-Anspruch der Petition wenden.  
Edward Said: "Prätentiöser Sermon"
Edward Said, palästinensischer Literaturwissenschaftler an der Columbia University, bezeichnete die Petition vor kurzem in seinem Text "Thoughts about America" als "prätentiösen Sermon". Besonders die Annahme, wonach Amerika in ganz besonderem Maß den "fundamentalen Werten" verpflichtet sei, stieß auf seine Kritik.
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US-Petition: Gerechter Krieg, fundamentale Wahrheiten
Wie science.ORF.at berichtete, hatten Mitte Februar 60 US-Intellektuelle in einer im WWW veröffentlichten Mitteilung zum "gerechten Krieg" aufgerufen. Eher konservative Wissenschaftler wie der Soziologe Francis Fukuyama oder der Kulturhistoriker Samuel P. Huntington, aber auch Sozialwissenschaftler wie Michael Walzer und Amitai Etzioni begründeten darin moralisch, politisch und juristisch, warum "universale Werte und Grundrechte manchmal in einem gerechten Krieg" verteidigt werden müssen.

Die Verfasser des Aufrufs "What we're fighting for" bekräftigten, dass es "fundamentale Wahrheiten" gebe, auf die alle Menschen Anspruch hätten. Dazu gehöre, dass alle Menschen frei geboren seien und die gleiche Würde und die gleichen Grundrechte hätten. Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit seien unverletzbare Rechte des Menschen.
->   science.ORF.at: US-Intellektuelle für gerechten "Krieg gegen Terror
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"Gegenteil von Werten"
Said hält das Dokument für "das erste Geschoss in einem neuen kalten Krieg, der von den USA ausgerufen wurde - ironischerweise mit voller Unterstützung jener Islamisten, die behaupten, 'ihr Krieg' richte sich gegen den Westen und Amerika".

Als Amerikaner und Araber, wird Said in der Neuen Zürcher Zeitung zitiert, müsse er sich gegen die Sprache des Manifests verwahren: "Der offene Brief gibt vor, Werte zu formulieren und Prinzipien zu erklären, tut aber tatsächlich das Gegenteil . . ., indem er die Leser irreführt durch einen nationalistischen Ton, welcher der Unwissenheit Vorschub gibt und die politischen Tatsachen sowie die reale Geschichte und die realen moralischen Fragestellungen ausblendet."
->   Edward Said: Thoughts about America (in: OutlookIndia.com)
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Edward Said
Edward Said wurde 1978 mit seinem Buch "Orientalismus" berühmt, in dem er den Orient als Konstruktion europäischer Projektionen beschrieb. Schon kurz nach den Anschlägen vom 11. September meinte der Literaturwissenschaftler in der Tageszeitung "Die Welt": "Der Islam und der Westen taugen nicht als Fahnen, denen man blindlings nachlaufen könnte ... Wir sollten uns entschließen, unsere Schicksale als ein gemeinsames Schicksal zu begreifen, wie es die Kulturen allen kriegslüsternen Aufrufen und Glaubensbekundungen zum Trotz meistens getan haben."
->   Mehr über Edward Said
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Intellektuelle sollten Dialog einmahnen
Gefährlich scheint Said auch Zustandekommen des Dokuments, in dem sich Intellektuelle "in unerfreulicher Weise auf die Seite der Staatsmacht schlagen und ihre Position übernehmen, statt zu Zurückhaltung, Nachdenken, Dialog und echter Verständigung zu mahnen".
->   Edward Said: Backlash and backtrack (in Al-Ahram)
Weitere Kritiker ...
Der Politikwissenschaftler Munir Shafiq stellte laut NZZ zwar nicht grundsätzlich die Behauptung in Frage, dass es Zeiten gebe, wo ein Staat sich mit den Mitteln des Krieges verteidigen müsse; aber im Blick auf die amerikanische Geschichte zog er die Gültigkeit dieser Behauptung für die USA selbst in Zweifel.
... und islamische Grundwerte
Ahmed Abu Almajd, Koordinator des Programms der Arabischen Liga "Dialog zwischen den Kulturen", definierte laut NZZ seinerseits vier Grundwerte, unter denen sich der Islam präsentieren sollte.

Er hält zwar am Primat der Religion fest, jedoch bewahre laut seiner Interpretation der Glaube an Gott die Menschen vor Überlegenheitsgefühlen und halte sie auch von Aggression und Machtmissbrauch ab. Zweitens verweist Almajd auf die Rationalität des Islam und die einstigen Pionierleistungen der arabischen Kultur in Wissenschaft und Forschung.

Drittens hebt er hervor, dass Rasse und Hautfarbe im Islam keine Rolle spielten. Und schließlich viertens, dass die islamische Kultur eine Kultur des Gebens sei, welche Rechte und Pflichten der Menschen gleichermaßen wahrnehme.
->   Original-Artikel in der NZZ
->   Die US-Petition: What we're fighting for
->   Mehr über den 11. September in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010