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Heftige Kritik am angeblich ersten Klonbaby  
  Mit heftigen Protesten haben Ärzteverbände in Italien und den USA auf die Nachricht über ein angeblich erstes Klonbaby des umstrittenen Fortpflanzungsmediziners Severino Antinori reagiert. Die Frau ist nach Antinoris bisher unbestätigten Angaben in der achten Woche schwanger. Experten bezweifeln allerdings, dass dies der Wahrheit entspricht.  
Der römische Arzt wollte eine entsprechende Meldung aus der Fachzeitschrift "New Scientist" am Samstag selbst weder bestätigen noch dementieren.
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Antinori: Bericht bei Symposion
Wie der "New Scientist" unter Berufung auf einen Bericht der in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) erscheinenden "Gulf News" meldet, soll Antinori bei einem wissenschaftlichen Symposium in den Vereinigten Arabischen Emiraten von der Schwangerschaft berichtet haben.

Demnach sagte der Italiener, das Projekt befinde sich in einem sehr fortgeschrittenen Stadium. Eine Frau unter den Tausenden unfruchtbaren Paaren im Programm sei in der achten Woche schwanger. Antinori hatte damit offenbar auf eine Frage geantwortet, ohne jedoch noch weitere Details zu nennen. Unklar ist, ob der Mediziner tatsächlich klar geäußert hat, die Schwangerschaft der Frau sei ein Resultat des Klonens.
->   http://www.gulf-news.com/
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Heftige Reaktionen
Die Reaktionen auf die bislang unbestätigte Nachricht sind heftig: Der italienische Ärzteverband drohte dem Gynäkologen am Freitag mit einem Disziplinarverfahren.

Sollte der Bericht zutreffen, würde dies Konsequenzen für Antinori haben, da Klonversuche am Menschen in Italien verboten seien, sagte ein Sprecher des Ärzteverbandes der italienischen Nachrichtenagentur ANSA am Freitag in Rom.
Bislang keine Beweise
Die Amerikanische Gesellschaft für Reproduktive Medizin (ASRM) riet allerdings zur Skepsis: Es gebe bisher keine Beweise, hieß es in einer Stellungnahme. Die Öffentlichkeit möge Ruhe bewahren, solange Experten das angeblich gelungene Experiment nicht bestätigt hätten.
Zweifel von Experten
Richard Nicholson, Redakteur des britischen Fachmagazins "Bulletin of Medical Ethics", äußerte Zweifel an den Berichten - wenn sie jedoch wahr wären, sähe die Zukunft des Kindes düster aus.

"Ich glaube nicht, dass Dr. Antinori in irgendeiner Weise das Wohlergehen des Nachwuchses in Betracht gezogen hat", sagte er. "Wenn man das vorzeitige Altern bei geklonten Tieren betrachtet, wird dieses Kind keine besonders glückliche oder normale Kindheit haben."
Medizinische, ethische und juristische Verbote
Auch verschiedene italienische Wissenschaftler zweifeln an Antinoris Ankündigung. "Zu viele medizinische, ethische, religiöse und juristische Verbote sprechen gegen diese Schwangerschaft", sagte der Präsident des nationalen Bioethik-Komitees, Francesco
d'Agostino.

Viel drastischer drückt sich Carlo Flamigni als Spezialist für Unfruchtbarkeit aus: "Ich möchte wissen, in welcher Höhle sich ein Arzt versteckt, der beim Klonen ein missgebildetes Kind zur Welt gebracht hat."

Der italienische Gesundheitsminister Girolamo Sirchia hat die angebliche erste Klon-Schwangerschaft scharf verurteilt. Die Schwangerschaft mit einem geklonten menschlichen Embryo sei "aus moralischer Sicht eine Verirrung", sagte der Minister am Samstag der italienischen Tageszeitung "La Stampa".
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Gefährliche Wissenschaft
Gesundheitsminister Sirchia sagte, das menschliche Klonen sei aus wissenschaftlicher Sicht "zu gefährlich" und dürfe nicht missbraucht werden. Er erinnerte dabei an den Abwurf der Atombombe über Hiroshima und forderte, die Wissenschaft zum Wohle des Menschen einzusetzen. Sirchia kündigte an, die Entstehung der Nachricht aufzuklären: "Wir müssen wissen, was wirklich passiert ist."
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''Völlig empörend und verantwortungslos''
Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institute am Massachusetts Institute of Technology, einer der führenden Klonexperten, zeigte sich laut der Nachrichtenagentur Reuters sowohl zornig als auch sehr skeptisch.

"Es ist völlig empörend und verantwortungslos, das Klonen von Menschen zu versuchen, wenn wir wissen, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit von schweren Abnormalitäten besteht", erklärte der Biologe.

Es sei sehr unwahrscheinlich, dass das Baby überhaupt bis zur Geburt überlebe. Tatsächlich, so Jaenischs drastisches Fazit, wäre der Tod noch vor der Geburt das beste Resultat.
Antinori verweigert Stellungnahme
Antinori selbst hat bisher jede Stellungnahme zu dem angeblichen Klon- Baby verweigert. "Ich kommentiere nichts. Die Forschung braucht Ruhe", wurde er am Samstag von der italienischen Nachrichtenagentur ANSA zitiert.

Er wolle nur daran erinnern, dass er immer die Gesetze beachtet, das Leben respektiert und die ärztlichen Normen beachtet habe, wie er sagte. Zuvor hatte sein Büro mitgeteilt, man wisse nichts von einem erfolgreichen Klon-Experiment.

Auch der US-Fortpflanzungsmediziner Panayiotis Zavos hat einen Kommentar zu den Erklärungen seines italienischen Kollegen abgelehnt.

"Derzeit können wir diese Informationen weder bestätigen noch kommentieren", sagte einer von Zavos' Assistenten am Freitag der Nachrichtenagentur AFP in Washington. Einzig Antinori selbst könne dies gegenwärtig tun.
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''Klon-Connection'': Antinori und Zavos
Antinori will gemeinsam mit dem aus Zypern stammenden Zavos unfruchtbaren Paaren per Klontechnik ihren Kinderwunsch erfüllen. Beide hatten wiederholt das baldige Klonen von Menschen in Aussicht gestellt und waren damit weltweit auf Kritik gestoßen. Antinori hatte bereits 1994 weltweit für Schlagzeilen gesorgt, als er in seiner römischen Reproduktionsklinik einer 62 Jahre alten Frau zu einem Baby verhalf.
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Der Stand der Dinge ...
In den vergangenen Monaten hatten Wissenschaftler aus den USA, Südkorea und China berichtet, menschliche Embryonen zu Forschungszwecken geklont zu haben, die jedoch nur ein frühes Entwicklungsstadium mit wenigen Zellen erreichten.

Mehrere Säugetierarten, darunter das berühmte Klonschaf Dolly, konnten bereits erfolgreich geklont werden und sind - scheinbar gesund - zur Welt gekommen. Experten halten dies auch beim Menschen für prinzipiell möglich.
->   Gulf News
->   New Scientist: Cloning pregnancy claim prompts outrage
->   Website von Antinoris Reproduktionszentrum in Rom
->   Berichte über Severino Antinori in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010