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Very Large Telescope entdeckt älteste Galaxie  
  13,5 Milliarden Lichtjahre - so weit ist die älteste bislang beobachtete Galaxie von der Erde entfernt. Entdeckt wurde sie mit dem Very Large Telescope (VLT), wie am Dienstag von der Europäischen Organisation für Astronomie ESO zu erfahren war.  
350 klare Nächte pro Jahr: das zeichnet den Cerro Paranal in der chilenischen Atacama-Wüste aus. Und deshalb hat sich die Europäische Organisation für Astronomie - die ESO - entschieden, dort das weltweit größte Teleskop zu errichten, das Very Large Telescope VLT.
Kinderstube des Universums
De facto sind es vier Teleskope mit jeweils 8,2 Metern Durchmesser. 1998 nahm das erste seinen Betrieb auf, mittlerweile haben von der Europäischen Südsternwarte viele spektakuläre Beobachtungen ihren Ausgang genommen.

Die sensationellste ist der ESO in diesen Tagen gelungen.
Mit der Beobachtung der 13,5 Milliarden Jahre alten Galaxie haben Astronomen aus Holland, den USA und Deutschland in die Kinderstube des Universums zurückgeblickt. Es war zu diesem Zeitpunkt gerade erst einmal 1,5 Milliarden Jahre alt.

Die Beobachtung soll unter anderem dabei helfen, die Bildung von Galaxienhaufen aus Einzelgalaxien zu verstehen. Offenbar dürften diese so genannten Galaxien-Cluster schon früher entstanden sein als bisher angenommen.
Wann entstanden die ersten Galaxien?
Erst vor kurzem blickten die Sternforscher in Richtung Urknall zurück und fanden eine weitere sehr alte Galaxie namens MS1512-cB58.

Dachten die Kosmologen vorher, die ersten Galaxien seien frühestens eine Milliarde Jahre nach dem Urknall entstanden, könnte ihre Geburtsstunde nach neuesten Hypothesen auch schon 600 bis 700 Millionen Jahre nach dem Big Bang geschlagen haben.
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Entdeckung durch "Gravitationslinse"
Die Entdeckung von MS1512-cB58 war ein astrophysikalischer Glücksfall. Denn etwa auf halbem Weg zwischen dem VLT in der Atacama-Wüste und der alten Galaxie liegt MS1512+36. Dieser Galaxiencluster diente als eine Art kosmisches Vergrößerungsglas - als Gravitationslinse, wie die Astronomen sagen. Das Licht wird durch sehr massereiche Objekte nämlich abgelenkt, was wie im vorliegenden Fall zu einer Vergrößerung auf das 50-Fache führte.
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VLT zur Planung der "Rosetta"-Mission
Das VLT wurde kürzlich auch eingesetzt, um eine der spannendsten Weltraum-Missionen der Zukunft zu planen - "Rosetta". Diese Sonde soll 2004 starten und sieben Jahre später auf dem Kometen Virtanen landen. Ein Lieblingsprojekt des ESO-Kometenforschers Richard West.

"Ein Kometenkern, das ist ein großer schmutziger Schneeball, vielleicht ein paar hundert Meter oder ein paar Kilometer groß. Wir wollen wissen, wie dieser Kern beschaffen ist, ob er etwa rotiert, da die ESA-Leute ja darauf landen wollen", erklärt dazu der Experte.

Virtanen rotiert demnach - "gottseidank", wie West sagt - sehr wenig. "Aber er ist sehr klein, wahrscheinlich kleiner als ein Kilometer im Durchmesser."
Kometenforschung zum Ursprung des Lebens
Kometen wie Virtanen sind für die Astrophysiker so etwas wie Relikte aus der Kinderzeit unseres Sonnensystems, als es sich vor etwa 4,6 Milliarden Jahren gebildet hat. Auch die frühesten Elemente wurden in den Kometen quasi eingefroren.

Rosetta wird die erste Mission sein, die auf einem Kometen landet und quasi in seinen Eingeweiden herumstochern kann, um damit mehr über den Ursprung des Lebens zu erfahren.

Auf den Kometen soll es nämlich organische Moleküle geben, chemische Grundbausteine des Lebens. Vermutungen, dass solche Moleküle durch Kometen auf die Erde gekommen sein könnten, sind noch immer nicht verstummt.
Röntgensatelliten liefern weitere Bilder
Astronomie und Kosmologie finden aber nicht nur auf sicherem Erdboden und via Raumsonden statt; Röntgensatelliten wie Chandra und XMM-Newton blicken von außerhalb der Erdatmosphäre in das Universum hinaus.
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Chandra zeigt Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie
Der 1999 in seine Umlaufbahn geschossene Chandra beispielsweise hat zuletzt Licht ins Dunkel des supermassiven Schwarzen Loches gebracht, das inmitten unserer Galaxie, der Milchstraße, sitzt.

Bislang wusste man nur indirekt von seiner Existenz, weil eine Reihe von Sternen um ein nicht-sichtbares Zentrum kreisten. Chandra hat nun die dazugehörigen Röntgenbilder des Schwarzen Loches geliefert, das etwa 30 Kilometer im Durchmesser haben dürfte und zweieinhalb Millionen mal so schwer ist wie unsere Sonne.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Rätselhafte Gammastrahlenblitze
Rätsel geben den Astrophysikern die so genannten Gammastrahlenblitze auf. Sie sind mit freiem Auge nicht sichtbar und dauern von ein paar Sekunden bis zu ein paar Minuten.

Hendrik Spruit vom Münchner Max-Planck-Institut für Astrophysik vergleicht sie mit einer Super-Atombombe - als würde man die Masse des Jupiter in einem Augenblick, gemäß der Gleichung E=mc2, in Energie umwandeln.

Man vermutete, dass Gammastrahlen bei Supernova-Explosionen entstehen. Der europäische Röntgensatellit XMM-Newton hat im Dezember das Nachleuchten eines 270 Sekunden langen Gammastrahlenausbruchs verfolgt und die Annahme bestätigt.
Gravitationswellen - Schwingungen der Raumzeit
Hart an der Grenze des Vorstellbaren wandern die so genannten Gravitationswellen entlang. Das sind Schwingungen der Raumzeit; Sie entstehen, wenn sehr viel Materie im Universum unrund läuft, also ungleichmäßig torkelt - zum Beispiel durch verschmelzende Schwarze Löcher.

Der Arbeitsgruppe von Ewald Müller am Münchner Max-Planck-Institut für Astrophysik ist es vor kurzem gelungen, den Kollaps eines rotierenden, sehr massereichen Sterns im Computer zu simulieren.

Ein wichtiger Schritt hin zu einer realistischen Vorhersage von Gravitationswellen. Denn damit wissen die Forscher endlich, wonach sie suchen müssen.
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Wie Sterne explodieren ...
Ewald Müller ist an Gravitationswellen interessiert, weil er mit ihrer Hilfe mehr über den Mechanismus von Sternexplosionen erfahren will. Gravitationswellen würden quasi einen Blick ins Sterninnere, ins Zentrum der Explosion erlauben. Denn die derzeitigen Stern-Explosionsmodelle haben ein großes Defizit, wie Ewald Müller schmunzelnd sagt: "Sie explodieren nicht."
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Zukunftsprojekte und Aussichten
Rund 1.500 Astronomen profitieren jährlich von den Daten, die die Satelliten und Teleskope von ESO oder ESA liefern. Für Peter Predehl vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik das spektakulärste Zukunftsprojekt der Röntgenastronomen: "Rositta", ein aus sieben Spiegeln bestehendes Teleskop, das an Bord der Internationalen Raumstation ISS installiert werden und den Himmel im Röntgenbereich durchmustern soll.

Gut sind auch die Aussichten für das Very Large Telescope in Chile. Seine volle Stärke wird es nämlich erst heuer im Herbst erreichen, wenn alle vier 8,2 Meter Spiegel gleichsam zu einem Riesenspiegel zusammen geschaltet werden.

Die vier im Abstand von 200 Meter positionierten Spiegeln bündeln ihre Kraft dann so, als wären sie ein 200-Meter-Teleskop. Erstes Ziel des VLT, wenn es tatsächlich zum Very Large Telescope geworden ist: die Suche nach Exo-Planeten - das sind Planeten außerhalb unseres Sonnensystems; dass es diese gibt, ist bekannt. Man hat allerdings noch nie Bilder von ihnen gesehen.

Ein Beitrag von Franz Zeller für die Sendung "Dimensionen" am 09. April um 19.05 auf Radio Österreich 1.
->   Radio Österreich 1
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->   Very Large Telescope
->   Max Planck-Institut für Astrophysik
 
 
 
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01.01.2010