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Präsentation implantierbarer Hörgeräte  
  Hilfe für Schwerhörige ohne die Probleme herkömmlicher Hörgeräte versprechen implantierbare Mikroverstärker. Am Mittwoch wurde das Verfahren an der Wiener HNO-Universitätsklinik päsentiert.  
"Symphonix" heißt das implantierbare Hörgerät, das bestimmten Patienten mit "Mittelohrschwerhörigkeit" wieder zu Laut- und Sprachverständnis verhelfen kann. Der Chef der Wiener HNO-Universitätsklinik, Klaus Ehrenberger: "Die implantierbaren Mikroverstärker erlauben heute die Versorgung von Patienten, denen wir bis vor kurzem noch nicht helfen konnten."
Geschichte einer Erfindung
Wolf-Dieter Baumgartner, der am Mittwoch eine solche Operation an einem schwerhörigen Hüttenwirt vornahm: "Der Amerikaner Jeff Ball wollte in den achtziger Jahren Medizin studieren. Doch wegen eines beidseitigen Hörschadens sagte man ihm: 'Sehr nett, aber bei uns können Sie nicht studieren'."

Ball zog sich in eine Garage zurück, um ein implantierbares Hörgerät zu entwickeln, das zunächst einmal ihm selbst helfen sollte. Der "Symphonix"-Erfinder trieb in den USA mehr als 100 Millionen Schilling Risikokapital auf und schuf das neue Gerät.

Baumgartner: "Die erste Implantation erfolgte 1996 in Zürich. Das zweite Gerät wurde schon Jeff Ball in den USA eingepflanzt." In Wien wurde 1998 damit begonnen. Mittlerweile wurden von weltweit 830 Patienten 29 in Österreich versorgt, davon 22 am Wiener AKH. Nach der Universitätsklinik Hannover erhielten in Wien weltweit die meisten Patienten diese Gehörgeräte.

Von den 15 bisher weltweit beidseitig implantierten "Symphonix"-Systeme (Vertrieb in Europa: Siemens) wurden zwei der Eingriffe in der Bundeshauptstadt vorgenommen.
So funktioniert das System
Hinter dem versorgten Ohr wird mit einem Magnet das Außengerät samt Mikrofon und Audioprozessor angeheftet. Bei der Operation wird unter dieser geplanten Stelle das Gegenstück (Magnet) samt Induktionsspule, Demodulator und einem Kabel implantiert. Das Kabel wird in das Mittelohr weiter geleitet.

Über das Kabel werden die zu Stromimpulsen umgewandelten Schalleindrücke an ein nur 2,8 Millimeter großes Endstück samt 1,3 Meter aufgerolltem Golddraht übertragen.

Diese "Trommel" (Floating Mass Transducer) von halber Reiskorn-Größe wird am Amboss-Gehörknöchelchen fixiert. Die Spule bewegt adäquat zu den hinter dem Ohr vom dort befindlichen Mikrofon aufgenommenen Schallimpulsen den Amboss. So funktioniert die Schwingungsübertragung auf das "Fenster" und somit zum Innenohr.
Das Ergebnis
Während herkömmliche Hörgeräte den Gehörgang "verstopfen", für Reizungen und Rückkopplungen sorgen können und ab einer Tonhöhe von 4.000 bis 5.000 Hertz aussetzen, überträgt das implantierbare Gerät Frequenzen bis zu an die 10.000 Hertz.

Der Gehörgang bleibt frei, im Gegensatz zu komplett implantierbaren Innenohrprothesen (Cochlearimplantate) befindet sich die gesamte Energieversorgung mit simpler Gehörgeräte-Batterie samt "Empfangsstation" außen am Kopf. Sollte ein Defekt auftreten oder eine technische Neuentwicklung die Leistung wesentlich verbessern, ist der Austausch einfach.
Nicht für alle Patienten
Allerdings kommen nur Patienten mit bestimmten Mittelohrschäden für das implantierbare Gerät in Frage. Das Sprachverständnis muss bei einem Schallpegel von 65 Dezibel noch rund 50 Prozent betragen.

HNO-Ärzte bzw. Patienten können Siemens auch einfach ihren Hörbefund faxen und erhalten dann binnen kürzester Zeit die Auskunft, ob der Betroffene für eine solche Versorgung in Frage käme. Das Gerät plus die Implantation kosten rund 11.000 Euro.
->   HNO-Universitätsklinik, AKH Wien
 
 
 
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01.01.2010