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Unfallursache "Menschliches Versagen" relativiert  
  Die Begründung "Menschliches Versagen" nach Unfällen beendet oft die Frage nach ihren Ursachen. Neue Forschungen relativieren dies: Sie zeigen, dass das Wahrnehmungssystem des Menschen in vielen Fällen des Alltags schlicht überfordert ist.  
Eine Schuldzuweisung nach der Diagnose "Menschliches Versagen" relativiere sich damit, sagte Ernst Pfleger vom Ludwig Boltzmann Institut (LBI) für Verkehrssystemanalyse, interdisziplinäre Unfallforschung und Unfallrekonstruktion, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien.
Das Test-System
Untersucht wurde die Wahrnehmungleistung von Menschen mit Hilfe des "Viewpointsystems". Dieses besteht im Prinzip aus zwei Kameras, einer Aufzeichnungseinheit und einem Computer. Neuerdings können die auf einer Brille montierten kleinen Kameras völlig flexibel eingesetzt werden, die Daten werden per Funk an ein Aufzeichnungsgerät übertragen.

Der Proband - etwa ein Auto-, Fahrradfahrer oder Fußgänger - trägt nur noch die Brille und einen leichten Sportrucksack mit sich.

Der Clou an dem System ist, dass eine Kamera nach vorne gerichtet ist und so das Gesichtsfeld des Probanden aufnimmt. Die zweite Kamera zeichnet dagegen ständig ein Bild des Auges der Testperson auf.
Kinder im Straßenverkehr
In einer Studie wurden Kindern die Brillen aufgesetzt und sie dann angewiesen, eine Straße zu überqueren. So konnten sich die Wissenschaftler die Situation im wahrsten Sinne aus der Sicht des Kindes betrachten, Schwachstellen erkennen und benennen. Kinder zeigten sich dabei als besonders anfällig für Ablenkungen, da sie Buntes und Bewegtes sofort anvisieren.
Tunnel-Sicherheit
In einer anderen Untersuchung mussten die Probanden einen Tunnel durchfahren. Es zeigte sich unter anderem, dass Fahren in besonders dunklen Stellen mit dem Blick gleichsam am Mittelstreifen kleben und so gar nicht mehr wahrnehmen, was etwa am rechten Fahrbahnrand vor sich geht.

"Mit entsprechender Beleuchtung kann die Situation wesentlich entschärft werden", meinte Pfleger.
Unfallgefahr an Baustellen
Auch die Sicherheit von Baustellen wurde von den LBI-Experten durchleuchtet. Geht ein Mensch auf einer Baustelle beispielsweise eine relativ steile Treppe hinunter, so achtet er kaum mehr darauf, was in Kopfhöhe geschieht, der Blick bleibt auf die Stufen fixiert.

"Ein Hindernis in Augenhöhe birgt daher extreme Unfallgefahr", so Pfleger. Wenn sich eine Person dabei am Kopf verletzt, so ist die Feststellung, "Er hätte aufpassen sollen", ebenso nur ein Teil der Wahrheit wie "Menschliches Versagen" bei Verkehrsunfällen.
->   LBI, Institut für Verkehrssystemanalyse
 
 
 
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01.01.2010