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"Gen-Spritze" gegen Gelenksrheuma  
  Jeder zehnte Österreicher leidet an rheumatischen Gelenkschmerzen. Bisher sind diese teuersten Krankheiten des Gesundheitswesens unheilbar. Nun wurde eine "Gen-Spritze" gegen Rheuma entwickelt, die auf einer einmaligen Technik beruht.  
Eigenbluttherapie gegen Rheuma
In einer Spritze sind kleine Kügelchen, die mit Genen beschichtet sind. Dem Patienten wird damit Blut abgenommen. Kommen die Gen-Kügelchen mit Blutzellen in Kontakt, dann nehmen diese das fremde Gen auf. Es dringt in den Zellkern ein und regt die Zelle zur Produktion von Hemmstoffen, bestimmten Proteinen an. Diese Hemmstoffe bekämpfen die Entzündung und halten so die Knorpelzerstörung auf.

Das so gewonnene Blutserum mit den Proteinen wird in das erkrankte Gelenk injiziert. Der große Vorteil: Der Patient bekommt keine fremden Gene gespritzt, sondern nur seine körpereigenen knorpelschützenden Eiweißstoffe.

Drei Patientinnen wurden bisher mit der Gen-Spritze behandelt. Die ersten Ergebnisse stimmen optimistisch.
Verzögerung des Unvermeidlichen
"Grundsätzlich sind solche Therapien geeignet für die anfänglichen und mittleren Stadien der Artrose. Das macht etwa 90 % der Arthrose-Patienten aus", sagt der Leiter des Projekts Peter Wehling.

"Für das Endstadium der Arthrose ist sicher der Gelenkersatz das optimale Verfahren. Aber wir brauchen unbedingt Maßnahmen, wo wir den Zeitpunkt, dass wir ein künstliches Gelenk einsetzen, hinauszögern. Und diese Verfahren sind hervorragend dazu geeignet"; so der Mediziner weiter.
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Arthrose und Arthritis
Gelenkschmerzen entstehen, wenn der als Gleitschicht dienende Knorpel im Alter oder durch Fehlbelastung abgenützt wird ¿ dieser Vorgang heißt Arthrose. Werden Knorpel und Gleitschicht durch entzündliche Prozesse zerstört spricht man von Arthritis. Bei diesem entzündlichen Vorgang gerät die Abwehr des Körpers aus dem Gleichgewicht. Zu hohe Konzentrationen bestimmter Botenstoffe des Immunsystems, sogenannte Zytokine, führen zu Entzündungen und zerfressen den Knorpel. Eine wichtige Schlüsselsubstanz dabei ist Interleukin-1.
Normalerweise bekämpft der Körper selbst mit einem natürlichen Gegenspieler, Anti-Interleukin-1 die Entzündung. In einem kranken Gelenk ist dieser Prozess gestört. Arthrose und Arthritis können Finger-, Hand-, Schulter-, Knie- und Knochengelenke betreffen. Bis jetzt sind diese Erkrankungen unheilbar.
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Erste Gentherapie gegen Rheuma
Vor zwei Jahren wagte Wehling gemeinsam mit amerikanischen Kollegen die weltweit erste Gentherapie gegen Rheuma.

Zwölf Patientinnen wurde aus entzündeten Gelenken Schleimhautzellen mit einem athroskopischen Eingriff herausoperiert, die im Labor genetisch verändert wurden.
Anti-Interleukin-1 unterbindet Entzündung
Die Forscher bauten den Bauplan für einen körpereigenen Eiweißstoff ein, der die Knorpelzerstörung blockiert. Die Zellen wurden zurück in das erkrankte Gelenk gespritzt.

Nach vier Wochen wurde zur Kontrolle eine Gewebeprobe entnommen. Sie zeigte, dass tatsächlich der gewünschte Hemmstoff, Anti-Interleukin-1 freigesetzt wurde. Die Behandlung hatte keine Nebenwirkungen.
Gentherapie von Rheuma noch im Anfangsstadium
Ob die Gentherapie eine Heilung von Rheuma bedeuten kann, müssen noch weitere Studien klären. Außerdem ist diese Behandlung für einen breiten Einsatz in der Praxis im Moment noch viel zu aufwendig.
Molekulare Orthopädie
In den Labors in Düsseldorf geht die Forschung weiter. Die Forscher wollen nicht nur die Entzündungen bekämpfen und die Knorpelzerstörung aufhalten.

Mit ihrer Genspritze können die Ärzte theoretisch jeden beliebigen Faktor im Blut hochjagen. Sie wollen in Zukunft auch versuchen, knorpelregenerierende Wachstumsfaktoren zu verabreichen, die den kaputten Knorpel wieder reparieren.

Das Ziel der "Molekularen Orthopädie" ist, Arthrose und Arthritis tatsächlich zu heilen.

Sylvia Unterdorfer/Modern Times
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in Modern Times am 12.04.2002 in ORF 2 um 22:35.
->   Modern Times
 
 
 
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01.01.2010