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Herbizid lässt Froschmännchen "verweiblichen"  
  Ein weltweit häufig verwendetes Unkrautvernichtungsmittel führt laut einer US-Studie dazu, dass männliche Frösche "verweiblichen": Es unterbricht demnach die Geschlechtsentwicklung der Amphibien und führt zu grotesken Anomalien bei den Tieren.  
Das Herbizid Atrazin verweibliche Frösche und mache sie zu Hermaphroditen, schreiben der Endokrinologe Tyrone Hayes und sein Team von der University of California in Berkeley in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).
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Atrazin - in vielen Ländern verboten
Das Unkrautvernichtungemittel Atrazin gehört zu den weltweit am häufigsten eingesetzten Herbiziden: Seit 40 Jahren wird das Mittel in rund 80 Ländern verwendet. Alleine in den Vereinigten Staaten wurden im vergangenen Jahr rund 30 Millionen Kilogramm des Herbizids versprüht. Nach Schätzungen der Herstellerfirma Syngenta wird das Mittel auf rund zwei Dritteln aller Getreideanbauflächen eingesetzt, um das Wachstum von Unkraut zu kontrollieren.

Einige Staaten haben den Einsatz von Atrazin aber mittlerweile verboten - darunter Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden und Norwegen. Im Jahre 1995 ist in Österreich die Zulassung aller atrazinhaltigen Präparate aufgehoben worden, was einem Verbot gleichkommt. In den USA ist die nationale Environmental Protection Agency (EPA) gerade dabei, die erlaubten Konzentrationen von Atrazin im Trinkwasser zu überprüfen. Nach Angaben der Wissenschaftler liegen die bei den Fröschen gemessenen Werte bis zu 30 mal niedriger, als der gesetzlich erlaubte Grenzwert.
->   Mehr darüber beim Umweltbundesamt
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Weniger Testosteron und Eierstöcke im Hoden
Wie das Forscherteam berichtet, verringert Atrazin auch die Konzentration des männlichen Geschlechtshormons Testosteron bei geschlechtsreifen Fröschen. Männchen weisen demnach weniger Testosteron auf, als ihre weiblichen Artgenossen.

Zudem finden sich bei den Fröschen auch abnormale Geschlechtsorgane: "Die Männchen haben Eierstöcke in ihren Hoden und sehr viel kleinere Stimmorgane", erklärt dazu Hayes. Diese allerdings sind für die Frösche notwendig - um mögliche Paarungspartner zu rufen.
Mögliche Erklärung für Rückgang der Amphibien
Unklar ist bislang, ob die Abnormalitäten auch die Fruchtbarkeit der Frösche beeinträchtigen. Wie genau sie Einfluss auf die Fortpflanzungsfähigkeit der Amphibien nehmen, wollen die Forscher nun untersuchen.

Hayes allerdings glaubt, dass hier eine Erklärung zu finden sein könnte für den weltweiten Rückgang von Amphibien. Wie die Biologen in ihrer Studie schreiben, zeigen ihre Ergebnisse die Empfindlichkeit von Amphibien gegenüber solchen Einflüssen.
Nebenwirkungen beim Menschen?
Bei Menschen sind solch schweren Nebenwirkungen jedoch nach Ansicht der Forscher nicht zu erwarten. Das Herbizid reichere sich nicht im Gewebe an, zudem verbringe der Mensch - anders als die Frösche - nicht einen Großteil seines Lebens im Wasser.

Allerdings fehlen noch genauere Studien zu diesem Thema: Denn bislang wurde der Effekt von Atrazin auf Säugetiere (und Amphibien) nur bei sehr viel höheren Dosen getestet, die sich normalerweise nicht in der Umwelt finden.
->   PNAS
->   University of California, Berkeley
 
 
 
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01.01.2010