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Quarkstern: Superschwer, -heiß und -dicht  
  Einen superschweren Stern mit extremen Eigenschaften hat ein amerikanisch-deutsches Astronomenteam entdeckt. Der sehr kleine Himmelskörper besteht vermutlich aus so genannten freien Quarks, den Bausteinen von Atomkernen.  
Die Materie im Sterninneren scheint noch dichter gepackt zu sein als ein Atomkern. Die Temperatur beträgt etwa 700.000 Grad Celsius, das ist mehr als 100 Mal heißer als die Oberfläche der Sonne.
Durchmesser von nur elf Kilometern
Bild: NASA
Beobachtung des RXJ1856.3-3754 mit Hilfe des Weltraumteleskops Chandra
Der Himmelskörper trägt die Bezeichnung RXJ1856.3-3754. Ihre Erkenntnisse gewannen die Astronomen durch die Kombination von Daten des Röntgensatelliten "Chandra" und des Hubble-Weltraumteleskops.

Der Stern hat einen Durchmesser von elf Kilometern - zu klein, als dass er mit Standardmodellen für Neutronensterne erklärt werden könnte, welche die bisher extremste bekannte Form von Materie darstellen. Daher lassen die Beobachtungen nach Angaben der Astronomen den Schluss zu, dass er nicht aus Neutronen besteht, sondern aus Quarks.
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Dies ist der Inhalt einer Publikation, die im "Astrophysical Journal" am 20.6.2002 erscheinen wird. Das amerikanisch-deutsche Astronomen-Team wird geleitet von Jeremy Drake vom "Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics". Zum Team gehören auch Stefan Dreizler Klaus Werner vom Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen.
->   Astrophysical Journal
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Eine Milliarde Tonnen pro Teelöffel
Quarks werden als fundamentale Bausteine der Atomkerne betrachtet, sie sind allerdings bisher niemals außerhalb eines Atomkerns als freie Teilchen beobachtet worden.

Ein Teelöffel des exotischen Sternenmaterials würde Angaben der US-Raumfahrtbehörde NASA zufolge eine Milliarde Tonnen wiegen - mehr als alle Autos, Lastwagen und Busse der Erde zusammen.

Die außergewöhnlich hohe Dichte des Sterns entspricht derjenigen von eng zusammengepackten Atomkernen. In normaler Materie dagegen sind Atomkerne weit voneinander entfernt.
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Quarks
Die Physiker Murray Gell-Mann und George Zweig entwickelten in den sechziger Jahren ein Theorie-Modell, in dem Neutronen und Protonen aus noch kleineren Bestandteilen zusammen gesetzt sind - den so genannten "Quarks". Das Quarkmodell fordert heute sechs Quarks und sechs Antiquarks. Protonen und Neutronen setzen sich aus jeweils drei Quarks - zwei Quarks und einem Antiquark - zusammen.

Zunächst unterschied man nur drei Quarks: up-, down- und strange-quarks. Erweitert wurde das Modell später durch charm- und bottom-quarks (b). Das sechste, aus Symmetriegründen geforderte top-quark wurde 1994 mit dem Tevatron-Beschleuniger am Fermilab bei Chicago nachgewiesen. Freie Quarks sind bis heute nicht beobachtet worden; der Nachweis der Quarks geschieht experimentell durch Beobachtung verschiedener Elementarteilchen in großen Elektron-Positron-Speicherringen.
->   Mehr dazu in: Strange Quarks - Flüchtige Bestandteile der Materie
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Unklarheit über Entstehung eines Quarksterns
Neutronensterne stellen das Endstadium der Entwicklung massereicher Sterne dar. Der etwa zwei Sonnenmassen schwere Eisenkern eines solchen massereichen Sterns kollabiert unter seinem eigenem Gewicht zu einem Neutronenstern mit nur etwa 20 Kilometern Durchmesser.

Der überwiegende Teil der Sternhülle wird in Form einer Supernova-Explosion vom Stern fortgeschleudert. Es ist nicht klar, ob ein Quarkstern nun während einer Supernova-Explosion entstehen kann oder erst später ein Neutronenstern einen so genannten Phasenübergang zu einem Quarkstern vollzieht.
Doch ein normaler Neutronenstern?
Die Astronomen sind so auch vorsichtig mit ihrer Schlussfolgerung. Im Prinzip könne man die Beobachtungen von RXJ1856.3-3754 auch mit einem normalen Neutronenstern und einem heißen Fleck auf seiner Oberfläche erklären.

Allerdings würde man von einem solchen Modell her mit großer Wahrscheinlichkeit eine variable Röntgenstrahlung erwarten, was nach Angaben der Astronomen so gut wie ausgeschlossen werden kann.
->   Institut für Astronomie und Astrophysik, Universität Tübingen
->   Chandra
->   Hubble-Weltraumteleskop
 
 
 
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01.01.2010