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Forscher entschlüsseln Wassertransport im Körper  
  Der menschliche Organismus ist nicht nur auf eine ausreichende Versorgung mit Wasser angewiesen, sondern auch auf einen fehlerfreien Transport der Wassermoleküle innerhalb und zwischen den Zellen. Bislang war allerdings nicht klar, wie genau dieser Transport funktioniert - US-Forscher haben nun die Details entschlüsselt.  
Das Forscherteam der Universitäten von Illinois und Kalifornien konnte laut einer im aktuellen "Science" publizierten Studie über aufwändige Computersimulationen zeigen, dass Wassermoleküle eine bestimmte Ausrichtung ihrer Bestandteile verwenden, um durch die Zellkanäle zu wandern.
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"Control of the Selectivity of the Aquaporin Water Channel"
Der Artikel "Control of the Selectivity of the Aquaporin Water Channel Family by Global Orientational Tuning" ist erschienen in "Science", Bd. 296, Nr. 5567, Seiten 525 - 530 vom 19. April 2002.
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
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Korrekter Transport - gesunder Organismus
Nur wenn der Wassertransport zwischen den Zellen korrekt funktioniert, ist beispielsweise bei Pflanzen sichergestellt, dass Blüten und Blätter ausreichend versorgt werden. Bei Säugetieren und Menschen sorgt der gleiche Mechanismus dafür, dass der Organismus bzw. der zelluläre Metabolismus funktioniert.

Beim Menschen können Störungen des Transportes zu schweren Erkrankungen führen. Ist etwa die Niere betroffen - das in dieser Hinsicht wichtigste Organ des menschlichen Körpers mit rund 400 Litern Pumpleistung pro Tag - kann Diabetes insipidus die Folge sein.

Die Nieren sind bei dieser Erkrankung nicht mehr in der Lage, Flüssigkeit den Erfordernissen des Organismus entsprechend einzubehalten. Als Folge kommt es zur Ausscheidung großer Urinmengen und zur Austrocknung des Körpers. Störungen innerhalb anderer Organe können zu Hörverlust oder Grauem Star führen.
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Wasser und seine Eigenschaften
Wasser, zusammengesetzt aus Wasserstoff und Sauerstoff (H2O), stellt eine der einfachsten und zugleich interessantesten chemischen Verbindungen dar: Im Gegensatz zu anderen Flüssigkeiten dehnt sich Wasser beispielsweise bei Erwärmung nicht immer aus - und durch sehr schnelles Herabkühlen von Wasser kann man es ohne Gefrieren auf eine Temperatur unterhalb von null Grad bringen.

Durch die unterschiedlichen Ladungen (bestehend aus dem negativ geladenen Sauerstoff und dem positiv geladenen Wasserstoff) ist das Wassermolekül ein so genannter Dipol.
->   Mehr zu den Eigenschaften von Wasser
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"Aquaporinos" - Wasserkanäle der Zellen
Innerhalb des Körpers sorgt eine bestimmte Klasse von Proteinen dafür, dass die Wassermoleküle von Zelle zu Zelle gelangen können: so genannte Aquaporinos, deren Struktur das Forscherteam vor zwei Jahren entschlüsselt hat.

Diese Aquaporinos - Pflanzen weisen 35 dieser Proteine auf, Säugetiere bzw. der Mensch haben etwa zehn - liegen in der Zellmembranen und formen die transmembranen Kanäle, durch welche die Wassermoleküle von Zelle zu Zelle wandern können.
Ionen dürfen nicht mit
Bis jetzt konnten die Forscher jedoch nicht völlig klären, auf welche Weise das Wasser in diese Kanäle geleitet wird und wie es dabei verhindert, dass andere elektrisch geladene Teilchen (Ionen) "mitwandern".

Denn sobald beispielsweise Protonen mit positiver Ladung sich - zusammen mit den Wassermolekülen - in den transzellulären Transport schmuggeln würden, bräche die elektrische Spannung zwischen dem Inneren und dem Äußeren einer Zelle zusammen.

Wären die Kanäle also durchlässig, müsste der Zellmetabolismus zusammenbrechen, erklären die Wissenschaftler die Bedeutung des fehlerfreien weil ionenfreien Wassertransportes.
Informatiker machen es möglich
Für ihre Studie mussten die Forscher zunächst allerdings auf die Hilfe von Informatikern zurückgreifen, denn erst ein Supercomputer machte die aufwändige Simulation der Kanäle, Zellmembranen und Wassermoleküle möglich, die ein System von mehr als hunderttausend Atomen zeigt.
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Tausende von Prozessoren zeigen den Transport
Das Ergebnis sei eine der fortgeschrittensten biomolekularen Simulationen, die jemals gelungen seien, erklärte dazu Teammitglied Klaus Schulten vom Beckman Institute for Advanced Science der University of Illinois. Erst die Unterstützung von Informatikern habe es ermöglicht, das Programm über Tausende von Prozessoren ablaufen zu lassen.

Wasser ist zudem ein mitunter "schwieriges" Forschungsobjekt, da seine chemischen und physikalischen Eigenschaften recht komplex sind. So gelang es kürzlich einem anderen Forscherteam, Wasser erstmals in einem sich verändernden Aggregatzustand am Computer zu simulieren. Dabei wurde der Veränderungsprozess vom flüssigen zum festen Zustand - Wasser, das zu Eis gefriert - dargestellt.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Nacheinander, schnell und mit Drehungen
Den Wissenschaftlern gelang es schließlich, mithilfe der Simulation genau zu beobachten, dass Wasser sehr schnell durch die Kanäle fließt, wo genau es sich dabei befindet und wie die Leitung von Ionen verhindert wird.

Demnach zeigte sich, dass die einzelnen Wassermoleküle brav hintereinander die Aquaporinos passieren und dabei ihre Ausrichtung wechseln: Beim Eintritt zeigt das Sauerstoffmolekül nach unten, in der Mitte des Kanals dreht sich das Wassermolekül und der Sauerstoff richtet sich nach oben aus.

Diese streng entgegengesetzte Ausrichtung verhindert nach Angaben der Wissenschaftler das Mitführen von Ionen und ermöglicht es den Wassermolekülen dennoch, im Bruchteil einer Sekunde den Kanal zu passieren.
->   "Science"
->   University of Illinois Beckman Institute for Advanced Science
Mehr zu Wasser in science.ORF.at:
->   Forscher bringen Wasser zum "Leuchten"
->   Wasser aus dem Nanoröhrchen
 
 
 
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01.01.2010