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Gehrer: Uni-Streiks nicht zielführend  
  Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) hält die für Mittwoch geplanten Streiks an österreichischen Universitäten für "nicht zielführend". Sie weist auf laufende Verhandlungen hin und zeigt sich kompromissbereit, etwa bei der Bestellung der Universitätsräte. Zugleich erinnert sie die Professoren an ihre Dienstpflicht: Der Protest dürfe nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden, betont Gehrer im Interview für das heutige (20.04) Ö1-Mittagsjournal.  
Proteste machen wenig Eindruck
Noch vor dem Sommer soll das Gesetz über die Universitätsreform beschlossen werden. Gegen dieses Gesetz gab und gibt es heftige Proteste.

Gehrer zeigt sich von diesen Protesten wenig beeindruckt. "Wenn man die Geschichte der Universitätsreformen anschaut, dann hat es immer diese Protestbewegungen gegeben. Scheinbar ist es an den hohen Schulen Österreichs besonders schwierig, sich zu verändern." Die negativen Stimmen würden in der Öffentlichkeit immer mehr gehört, so Gehrer.
Erinnerung an Dienstpflicht
Zum für kommenden Mittwoch angekündigten Warnstreik an den Universitäten sagte Gehrer, sie halte es für nicht zielführend, zu streiken, solange es noch Verhandlungen gibt.

Die Streikbewegung dürfe nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden. Es sei Dienstpflicht, den Studierenden Prüfungstermine anzubieten, das habe das Ministerium den Professoren ganz klar mitgeteilt.
Furcht verständlich, aber unbegründet
Sich zu fürchten, wenn es Veränderungen gibt, sei ein allgemeines Phänomen. Das gelte auch für das akademisch gebildete Uni-Personal. "Wenn man sagt, es gibt keine Autonomie und es wird allen Bediensteten nicht mehr zu gut gehen, dann ist es ja unvermeidlich, dass die Betroffenen sich fürchten", so die Ministerin.

Doch das Gegenteil sei der Fall, so Gehrer. Es gebe mehr Autonomie und mehr Chancen für die Professoren und Professorinnen und die Assistenten. Es gebe mehr Herausforderungen, mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung. "Und manchen ist es halt lieber, sie müssen keine Verantwortung übernehmen."
"Neuer Geist zieht ein"
Viele innovative junge Leute, Professoren und auch Rektoren hätten sich auf die Reform schon eingestellt. Es gebe etliche Universitäten, die schon an den neuen Satzungen, der neuen Organisation und Buchhaltung arbeiten. "Der neue Geist zieht schon ein."
Kompromiss bei Uni-Räten ?
Ein Kritikpunkt ist die Zusammensetzung der künftigen Universitätsräte, der "Aufsichtsräte" der Hochschulen. Die Rektoren befürchten, dass drei der fünf Ratssitze von der Regierung beschickt werden und damit die Autonomie beschnitten werden könnte. Gehrer zeigt sich in dieser Frage kompromissbereit und bietet eine Änderung des Bestellmodus an.

Sollten sich die jeweils zwei Vertreter von Universität und Regierung nicht auf einen geeigneten Fünften einigen, werde man die Akademie der Wissenschaften beauftragen, einen Dreiervorschlag zu machen. Aus diesem Vorschlag solle dann, anders als es derzeit im Gesetz steht, nicht die Regierung, sondern der Senat auswählen, so Gehrer
Aus der Welt geschafft
"Damit hat sich die Sache." Der Universitätsrat werde damit mehrheitlich von den Hochschulen gestellt. Der Verfassung sei genüge getan, und "diese riesige Problematik, die den Rektoren so viele schlaflose Nächte beschert hat", sei aus der Welt geschafft, hofft die Bildungsministerin.
Mehr Mitbestimmung
Ein weiterer umstrittener Punkt ist die Frage der Mitbestimmung. Gehrers schildert ihren Plan für die gesetzliche Regelung so: Im Senat werden 25 Prozent der Stimmen auf Studierende entfallen, so viele wie bisher.

Unterhalb von Rektorat und Senat sollen entscheidungsbefugte Gremien "mit Genehmigungsvorbehalt" eingerichtet werden können. Das heiße, dass eines der drei im Gesetz festgehaltenen Organe die Verantwortung zu übernehmen hat, erläuterte die Ministerin.
" Zielparagrafen"
Gehrer will die Studierenden aber mittels eines "Zielparagrafen" im Gesetz noch mehr beteiligen. Die Mitsprache der Studierenden bestehe demnach im Bereich der Qualität, der Verwendung der Studienbeiträge und in Studienangelegenheiten.
Sanktionen, wenn Qualität nicht stimmt
Bei der Qualität der Lehre müsse es Beurteilungen geben, die Konsequenzen haben. Als Beispiel führte sie die Veröffentlichung der Beurteilungen von Vorlesungen im Intranet an, wie es der Rektor der TU Wien, Peter Skalicky, handhabe.

Häuften sich negative Beurteilungen, dann führe Skalicky ein Mitarbeitergespräch. Lehraufträge könnten auch entzogen werden, wenn die Qualität nicht stimmt.
Wahlmöglichkeit per Zahlschein
Für die Verwendung der Studienbeiträge soll der Senat vier große Ziele festlegen, wofür diese verwendet werden könnten. Beim Einzahlen soll der Studierende für eine Möglichkeiten stimmen können. Die Hochschule müsse auch Rechenschaft darüber abgeben, was sie mit den Studienbeiträgen gemacht hat.

Die Mitsprache in Studienangelegenheiten müsse die Universität in ihren Satzungen regeln.
Vorschläge noch bis Mittwoch
Wenn man den Vorschlag ihres SPÖ-Vorgängers Caspar Einem noch dazurechnet, wurde über die Uni-Reform drei Jahre diskutiert.

Bis zur Vorlage im Ministerrat sind es noch 32 Tage, bis zur Beschlussfassung im Nationalrat 83 Tage. Das sei noch viel Zeit für Verbesserungen. Bis Mittwoch werde noch alles berücksichtigt.
"Leistungsstandards" zur Überprüfung
Ab Herbst sollen "Leistungsstandards" gestestet werden - Lesen und Rechnen am Ende der Volksschule, Deutsch, Mathematik und Englisch am Ende der Unterstufe. Diese Leistungsstandards würden derzeit erarbeitet.

Es gehe darum zu definieren, was ein Kind am Ende der vierten Klasse Volksschule oder am Ende der vierten Klasse Hauptschule oder Gymnasium können muss.

Die Leistungsstandards dienten dazu, dass die Lehrer messen können, ob sie ihr Ziel erreicht haben. Damit würden die Lehrer in der nächsten Schule wissen, auf was sie sich verlassen können.
Lesetest in 3. Volksschulklasse
In der dritten Klasse Volksschule sollen alle Kinder getestet werden, ob sie Sinn erfassend lesen können. Das Ergebnis soll nicht weitergemeldet werden. Die Förderstunde müsse dafür verwendet werden, den Nachzüglern perfektes Lesen beizubringen.

Aus einer internationalen Studie sei hervorgegangen, dass Lesen die Grundlage für jede Art von Lernen und die Benutzung neuer Medien wie des Computers sei.
Leseschwäche halbieren
Ihr Ziel sei es, so Gehrer, die Zahl jener, die nicht oder schlecht lesen können, in Österreich innerhalb von fünf Jahren zu halbieren. Zuletzt hätten laut Studie vier Prozent nicht und zehn Prozent sehr schlecht lesen können.
Entwicklungstest soll bei Schulwahl helfen
Kinder sollten in jene Schule kommen, die ihrem Entwicklungsstand entspricht. Wegen der Durchlässigkeit des österreichischen Bildungssystems hätten Kinder nach der Hauptschule jede Chance.

Gehrer will den Eltern in der vierten Klasse Volksschule im Rahmen des Prognoseverfahrens zusätzlich einen "Entwicklungstest" anbieten.
Nicht permanent überfordern
Er soll über den Entwicklungsstand des Kindes Aufschluss geben und den Eltern bei ihrer Entscheidung helfen. Die Entscheidung sollte so getroffen werden, dass Kinder nicht permanent überfordert und frustriert werden und die Freude am Lernen verlieren, sagte die Bildungsminsterin.
Kinderporno: "Hinschauen und nicht wegschauen"
Auf die Kinderporno-Affäre, in die auch ein Volksschullehrer verwickelt ist, will Gehrer mit verstärkter Wachsamkeit reagieren: Sie ruft dazu auf, auch nur den kleinsten Verdacht der Kinderpornografie aufzuzeigen.

Man müsse "hinschauen und nicht wegschauen". Jeder, der nur den kleinsten Verdacht hegt, müsse das melden, verlangt die Ministerin. "Wenn so etwas erwiesen ist, muss man mit aller Härte vorgehen."

Die betroffenen Lehrer und Erzieher seien sofort außer Dienst gestellt worden. Das müsse ein Signal sein, dass so etwas nicht mehr passieren darf.
->   Die Uni-Reform in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010