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Defekte Embryonen: Quelle für Stammzellen?  
  Therapeutisches Klonen zur Gewinnung der für die Forschung interessanten Stammzellen war bislang mit dem Abtöten des lebensfähigen Spender-Embryos verbunden. Neuere Versuche zeigen nun, dass entwicklungsfähige Stammzellen auch aus defekten, nicht lebensfähigen Embryonen, gewonnen werden können.  
Wie britische Forscher vom Wellcome Cancer Research Institute in Cambridge anhand von Experimenten mit Fröschen gezeigt haben, behalten die Stammzellen aus absterbenden Klon-Embryos ihre Entwicklungsfähigkeit.

Die Versuche könnten nach Ansicht der Wissenschaftler auch für den Menschen relevant sein. Damit wäre der Vorwurf entkräftet, das therapeutische Klonen opfere zur Zellgewinnung embryonales Leben.
Stammzellen in der Medizin
Die Verwendung von Stammzellen eröffnet der Medizin vielversprechende neue Therapie-Möglichkeiten. Besonders die Fähigkeit von Stammzellen, spezifische Gewebe und Organe zu bilden, weckt Hoffnungen, diese im Bedarfsfall nachwachsen zu lassen.

Auch bei Bluterankungen, Diabetes, Parkinson, Alzheimer oder Multipler Sklerose setzt man auf die Therapieansätze durch Stammzellen.
Stammzellen: Gewinnungsmöglichkeiten
Bei erwachsenen Organismen können Stammzellen aus Knochenmark, Blut und verschiedenen Organen gewonnen werden. Im Nabelschnurblut finden sich ebenfalls Stammzellen, diese haben zudem eine höhere Entwicklungspotenz als jene aus differenzierten Organen.

Für die Gewinnung von embryonalen Stammzellen greift man unter anderem auf eine Technik zurück, die therapeutisches Klonen genannt wird. Bei dieser Methode war es bisher unvermeidlich, dass der gesunde Spender-Embryo abstirbt.
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Klonen und Kerntransplantation
Beim Klonen (der Herstellung genetischer Kopien von Organismen) werden Embryonen hergestellt, indem man den Zellkern einer ausdifferenzierten Körperzelle in eine zuvor entkernte Eizelle überträgt. Diese Methode der Kerntransplantation ist bei Amphibien relativ unproblematisch.

Bei Säugern weisen Transplantationen von adulten Spenderzellen jedoch eine äußerst niedrige Erfolgsquote auf. Prinzipiell ist dies aber möglich, wie man 1997 mit dem Schaf "Dolly" nachweisen konnte. Auch das therapeutische Klonen greift auf diesen methodischen Ansatz zurück, allerdings fungieren die entwickelten Embryonen nur als Zellspender und werden daher nicht großgezogen.
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Britischer Forscher als Pionier
Bereits im Jahr 1962 implantierte der britische Wissenschaftler John Gurdon den Kern einer Körperzelle eines ausgewachsenen Frosches in eine entkernte Eizelle und wies damit erstmals nach, dass das Klonen von adulten Zellkernen möglich ist. Heute zählt diese Technik zum Standardrepertoire von Klon-Experimenten.
Defekte Embryonen behalten Entwicklungspotenzial
Nun hat die Arbeitsgruppe um John Gurdon erneut für Schalgzeilen gesorgt. Die Forscher vom Wellcome Cancer Research Institute in Cambridge übertrugen Kerne aus Darmzellen von Kaulquappen in entkernte Eizellen.

Ein Viertel der Klone stellte nach wenigen Zellteilungen (noch vor Erreichen des Hohlkugelstadiums) die Entwicklung ein und starb innerhalb von 24 Stunden ab. Aus solchen defekten Embryonen entnahmen die Forscher Zellen, um deren Entwicklungspotenzial zu untersuchen.

Es stellte sich heraus, dass die Stammzellen dennoch fähig waren, sich in Muskel-, Knochen- und Hautzellen zu entwickeln, wenn sie in normale Embryonen injiziert wurden. Damit besitzen diese Zellen, obwohl sie aus nicht lebensfähigen Embryonen stammen, das Entwicklungspotenzial von Stammzellen.
"Ethischer Fortschritt"
Die britischen Forscher meinen, dass die am Frosch gewonnenen Erkenntnisse auch auf den Menschen übertragbar wären. Da therapeutisches Klonen bislang immer mit dem Töten eines lebensfähigen Embryos verbunden war, bedeutete die Verwendung ohnehin absterbender Embryonen einen ethischen Fortschritt.
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Rechtliche Lage in Großbritannien und Österreich
In Großbritannien ist die Forschung an menschlichen Embryonen innerhalb der ersten 14 Tage (ca. 1mm Größe) zu bestimmten Zwecken erlaubt. Dabei steht das therapeutische Klonen und speziell die Stammzell-Technologie im Mittelpunkt. Aber auch therapeutisches Klonen soll dort nur mit den Körperzellen des Patienten, der das gezüchtete Gewebe benötigt, möglich sein.

Nach dem österreichischen Fortpflanzungsgesetz von 1992 dürfen entwicklungsfähige Zellen, also Embryonen, nicht für andere Zwecke als für die medizinische Fortpflanzung verwendet werden. Es dürfen weder Embryo- noch Körperzellen geklont werden.
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In Österreich: nur von theoretischem Interesse
Allerdings sind diese Erkenntnisse in Österreich nur von akademischen Interesse. Denn der Vorwurf der Embryonen-Tötung wurde hierzulande noch nie erhoben, da das Klonen von menschlichen Embryonen ohnehin gesetzlich verboten ist.
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01.01.2010