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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Eisberge bedrohen Öko-System in der Antarktis  
  Vor wenigen Wochen sorgte die Meldung für Aufregung, dass sich mehrere große Eisberge vom Ross-Schelfeis in der Antarktis gelöst hatten. Schon im März 2000 war dort ein noch größerer Eisberg weg gebrochen. Wissenschaftler haben nun die Folgen untersucht - und dramatische Auswirkungen auf lokale Ökosysteme fest gestellt.  
40 Prozent weniger Plankton
Nach Auskunft der Forscher hat der Eisberg die Produktion von Phytoplankton um 40 Prozent reduziert - und das in einer Gegend, die zu den biologisch produktivsten der gesamten Antarktis gehört. Plankton steht am Beginn der marinen Nahrungskette, seine Verminderung hat Auswirkungen auf alle übrigen Meeresbewohner.
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Phytoplankton
Zum Phytoplankton zählen alle autotrophen Planktonorganismen, die Photosynthese betreiben. D.h. sie produzieren aus Licht, CO2 und Wasser energiereiche Kohlenhydrate, die sie zum Aufbau der eigenen Biomasse nutzen. Die Phytoplanktonproduktion dient als Grundlage für die anderen Organismen in und an Gewässern. Vom Phytoplankton ernährt sich das Zooplankton, das den Fischen als Nahrung dient.

Zum Phytoplankton zählen hauptsächlich pflanzliche Organismen, wie z. B Grünalgen (Chlorophyceen), Kieselalgen (Diatomeen) oder Blaualgen (Cyanophyceen), aber auch Organismen aus Gruppen, bei denen die Photosynthese seltener auftritt (Bsp. Flagellaten).
->   Mehr über Phytoplankton
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Eisberg reduziert offene Wasserfläche
Nach dem Wegbrechen des Eisbergs "B-15" im März 2000 werteten die Forscher die Aufnahmen von Satelliten des NASA-Projekts "SeaWiFS" aus, um die Effekte zu untersuchen, die große Eisberge auf die Produktion von Phytoplankton haben.

Der etwa 10.000 Quadratkilometer große B 15 hatte sich vom Ross-Schelfeis gelöst und war in das Rossmeer abgetrieben worden. Dort reduzierte er die Fläche offenen Wassers, das die Pflanzen für ihre Reproduktion benötigen.
->   Mehr über das Ross-Schelfeis
->   SeaWiFS (Sea-viewing Wide Field-of-view Sensor)
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Schelfeis
Schelfeis sind auf dem Meer schwimmende Eisplatten, die vom Eis auf dem Festland gespeist werden. In der Antarktis sind 1,54 Millionen Quadratkilometer Fläche von Schelfeis bedeckt. Die Dicke des Schelfeises beträgt am seewärtigen Rand 200 bis 300 Meter, sie kann bis auf 1.000 Meter zunehmen. Die Dicke hängt vom Zustrom zum Festland, Druck, Abschmelzen und Anfrieren von Eis ab. Am Rand des Schelfeises entstehen durch Abbruch Eisberge.
->   März 2002: Riesige Eisscholle von Antarktis weggebrochen
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Veränderung des marinen Ökosystems
"Wir konnten zum ersten Mal mit Satellitenbildern dokumentieren, wir enorm das Potential großer Eisberge ist, marine Ökosysteme zu verändern", meinte Kevin Arrigo, einer der Forschungsteilnehmer von der Stanford University.

Gemeinsam mit seinen Kollegen veröffentlicht er in einer der nächsten Ausgaben der "Geophysical Research Letters" unter dem Titel "Ecological Impact of a Large Antarctic Iceberg" seine Forschungsergebnisse.

 
Bild: NASA

Drei-Jahres-Aufnahme der Eisverteilung im Ross-Meer: Rot-Töne zeigen hohe Werte von Chlorophyll an, blaue und dunkle Töne niedere Werte - Chlorophyll im Phytoplankton dient der Photosynthese, die grüne Färbung des Wassers ermöglicht eine leichtere Visualisierung durch die Satellitenaufnahmen. Die weißen Flächen sind die abgebrochenen Eisberge, unter ihnen auch B 15.
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Antarktis
Das Südpolargebiet besteht bei einer Fläche von 13.98 Millionen km2 aus dem antarktischen Kontinent (Antarktika), Inseln und Meeren. Ost- wie Westantarktis werden von einer Inlandeismasse bedeckt, die eine mittlere Höhe von 2.000-2.500 m aufweist. Weddell- und Rossmeer greifen weit in den "Kontinent" ein. Diese Gebiete sind von Schelfeistafeln erfüllt; am Rand entstehen die Tafeleisberge. Die Temperaturen des sommerkalten Kontinentalklimas steigen selten über Null Grad Celsius. Die Antarktis ist das kälteste Gebiet der Erde mit Minimalwerten bis minus 88 Grad Celsius; 30-600 Millimeter Niederschläge jährlich fallen meist im Sommer als Schnee. Stürme mit bis zu 90 m/s Geschwindigkeit sind häufig.
->   Mehr über die Antarktis
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Eisberge verhindern Abdriften von Eis
Die Satellitenaufnahmen zeigen, wie Eisberge das normale Abdriften von Packeis verhindern. Üblicherweise sorgt der Wind im antarktischen Frühsommer für eine gleichmäßige Verteilung von Eis im Rossmeer. Dadurch entstehen offene Ozeanflächen, in denen Phytoplankton gedeihen kann.

Eisberge hingegen unterwandern diesen Prozess und führen - wie im Falle von B-15 am Ende des Frühjahrs 2000 - zu extremen Bedeckungen mit Packeis. Dadurch wurde die Menge an Phytoplankton reduziert - um mehr als 40 Prozent unter die üblichen Durchschnittswerte.

 
Bild: NASA

Das Bild stammt vom 9. November 2000, etwa jene Zeit, ab der die Forscher vermuten, dass sich ökologische Effekte eingestellt haben. Zu sehen ist wie B 15 in kleinere Eisberge zerbricht.
->   Aktuelle Bilder vom Ross-Schelfeis
->   Kevin Arrigo
->   Geophysical Research Letters
->   National Snow and Ice Data Center
->   Mehr über Eisberge in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010