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Deutsches Stammzellengesetz verabschiedet  
  Der deutsche Bundestag hat nach mehr als dreijähriger Diskussion das Stammzellengesetz verabschiedet. Danach soll der Import menschlicher embryonaler Stammzellen zwar "grundsätzlich" verboten sein, Ausnahmen aber zugelassen werden.  
Das Gesetz wurde am Donnerstagabend mit mit breiter Mehrheit verabschiedet. Als Ausnahmen gelten "hochrangige Forschungsziele", die unter strengsten Auflagen genehmigt werden.
Kontrollbehörde prüft Ausnahmen
Darüber sollen eine Kontrollbehörde beim Gesundheitsministerium und eine neue "Zentrale Ethik-Kommission für Stammzellenforschung" wachen.
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Abstimmungsergebnis
Für das Gesetz stimmten in namentlicher Abstimmung 360 Abgeordneten aus allen Fraktionen. Dagegen votierten 190 bei neun Enthaltungen.
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Import bisher erlaubt
Die Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen für die Forschung war in Deutschland zuvor auch schon verboten, nicht aber der Import. Das Gesetz war von einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe erarbeitet worden, die bereits Ende Jänner einen entsprechenden Grundsatzbeschluss des Parlaments erwirkt hatte.
Unterschiedliche Standpunkte
In der kontrovers geführten Debatte über das Gesetz wurden am Donnerstagabend im Parlament noch einmal die unterschiedlichen Standpunkte quer durch alle Fraktionen deutlich:
Die strikten Gegner der Forschung mit embryonalen Stammzellen um die Abgeordneten Hubert Hüppe (CDU), Wolfgang Wodarg (SPD) und Monika Knoche (Grüne) warben für ein völliges Import-Verbot. Die Abgeordneten um Margot von Renesse (SPD), Carola Reimann (SPD), Maria Böhmer (CDU) und Andrea Fischer (Grüne) begründeten ihr Eintreten für eine Ausnahmeregelung.
Stichtagsregelung beschlossen
Die Stichtagsregelung soll nach den Worten von Renesses sicherstellen, dass "für die deutsche Forschung kein Embryo sein Leben lassen darf".

Nach dem Gesetz dürfen nur Stammzellen importiert werden, die vor dem 1. Jänner 2002 gewonnen wurden und in Labors in Kulturen gelagert worden sind. Aus diesen "kryokonservierten" oder gefrorenen Stammzellen kann kein Embryo mehr entstehen.
"Regelung wenig anwenderfreundlich"
Die FDP-Politikerin Ulrike Flach, die eine offenere Regelung für die Forschung forderte, bezeichnete die Regelung als wenig anwenderfreundlich.

Der CDU-Politiker Peter Hintze, der sich grundsätzlich auch ein liberaleres Gesetz wünschte, warb in der Debatte aber für den Kompromiss, um der deutschen Wissenschaft die
medizinischen Forschungen grundsätzlich zu ermöglichen.
"Gesetzeslücke beseitigt"
Der Parlamentarische Staatssekretär im Forschungsministerium, Wolf-Michael Catenhusen (SPD), sagte, mit dem Gesetz werde der ohnehin schon strenge deutsche Embryonenschutz gestärkt und eine Gesetzeslücke beseitigt.

Zugleich werde die deutsche Forschung nicht von internationalen Entwicklungen abgekoppelt. Nach dem Gesetz dürfen für die Forschung nur Stammzellen und Zelllinien von Embryonen aus künstlicher Befruchtung importiert werden.
Nachweis über die Herkunft und Erklärungsbedarf
Es darf kein Honorar gezahlt werden. Über die Herkunft der Zelllinien muss ein Nachweis vorliegen. In einem Antrag müssen die Forscher darlegen, warum sie menschliche embryonale Stammzellen einsetzen wollen und nicht die ethisch unbedenklichen adulten (erwachsenen) Stammzellen aus Nabelschnurblut oder Stammzellen von Tieren.

Wer vorsätzlich ohne Genehmigung embryonale Stammzellen importiert oder verwendet, kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.
Importgenehmigung erst nach Begutachtung
Notwendig für die Importgenehmigung wird zugleich die Begutachtung durch eine neue unabhängige Zentrale Ethik-Kommission, die mit fünf Experten aus den Naturwissenschaften und vier aus dem Bereich der Theologie und der Ethik besetzt werden soll.

Die Mitglieder sollen für drei Jahre von den Ministerien für Gesundheit und Forschung berufen werden. Die Bundesregierung soll künftig alle zwei Jahre dem Parlament einen Bericht über die Entwicklung der Stammzellenforschung vorlegen.
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01.01.2010