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Urlaub von der Strahlenbelastung  
  Vor 16 Jahren passierte der Supergau von Tschernobyl: 500.000 Kinder leben in Weißrussland nach wie vor in verseuchtem Gebiet. Belarussische Forscher haben untersucht, was es bringt, diese Kinder aus kontaminierten Gebieten zur Erholung ins Ausland zu schicken.  
In Weißrussland sind nur mehr rund 20 Prozent der Kinder gesund, alle anderen sind bereits durch die erhöhte Strahlenbelastung krank. Die Kinder werden vor allem von verseuchten Lebensmitteln krank, sagt Wassily Nesterenko vom Unabhängigen Strahleninstitut Belrad in Minsk.
Erholung im Ausland
Er hat die Kinder, die zur Erholung ins Ausland geschickt wurden, gemessen - vor und nach dem Aufenthalt. Einige der Kinder bekamen zusätzlich noch Pektine - ein natürliches Vitaminpräparat, das die Ausscheidung der Radionuklide aus dem Körper der Kinder beschleunigen soll.
Strahlenbelastung halbiert
"Wir stellten fest, dass rund 50 Prozent der Radionuklide durch den Aufenthalt und das Vitaminpräparat aus dem Körper entfernt wurden. Wenn die Kinder in Österreich waren, aber keine Pektine bekamen, verringerte sich die Belastung um nur 20 Prozent. Wenn die Kinder aber in Weißrussland blieben und auch keine Pektine bekamen, dann vergrößerte sich die Strahlenbelastung um 50%." Diese Veränderungen wurden bei einem Auslandsaufenthalt von 20 bis 25 Tagen beobachtet.
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Untersuchungsergebnisse im Detail
Das Unabhängige Institut für Strahlensicherheit Belrad in Minsk verweist auf folgende Untersuchungen.165 Kinder aus Rogatschjow, Gomel, Mins, Molodetschno und Shodino zeigten 1999 eine deutliche Verringerung von Cäsium 137 im Organismus: 50,4 Prozent weniger Belastung nach einem Urlaub in Österreich. Ebenso konnte1999 bei 650 Kindern, die auf Urlaub in Italien waren, 52-54 Prozent weniger Belastung gemessen werden.1.212 Kinder zeigten im Jahr 2000 nach einem Aufenthalt in England um 65 -95 Prozent weniger Cäsium 137 im Körper an.
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Jedes zweite Kind bleibt daheim
Auch wenn der Staat dafür sorgt, dass 200.000 Kinder in nichtverseuchten Gebieten des Landes ihre Ferien verbringen können und insgesamt 60.000 Kinder ins Ausland in die Ferien geschickt werden, so bleibt doch noch immer die Hälfte der Kinder zu Hause, kritisiert Nesterenko.

"Selbstverständlich ist der Aufenthalt der Kinder im Ausland sehr wichtig, aber das ist unvergleichbar teuer. Für die Mittel, die der Aufenthalt von 10 Kindern im Ausland kostet, können hier 1.000 Kinder gesund gemacht werden." Denn Untersuchungen zeigen auch, dass die Cäsium-Belastung in sauberen Regionen in Weißrussland - wenn saubere Lebensmittel gegessen und das Vitaminpräparat eingenommen wurde - ebenso um 50 bis 60 Prozent gesunken ist.
Sauberes Essen
Internationale Hilfe ist nötig, meint der Atomphysiker. Zuallererst müsste den Kindern im Land geholfen werden. In mehr als 1.100 Dörfern sei die Milch zum Beispiel mit mehr als 50 Bequerel pro Liter belastet.

Die Kinder bekämen 60 Prozent ihrer jährlichen Dosisbelastung durch die radioaktive Milch. Die Versorgung mit reinen Lebensmitteln habe oberste Priorität. Eine jährliche Erholung der Kinder über ein oder zwei Monate in sauberem Gebiet, in Erholungszentren würde die Dosisbelastung der Kinder zusätzlich senken.
Sommerurlaub ermöglichen
Das Hilfswerk Austria hat deshalb vor kurzem ein Sommerhaus in der Nähe von Minsk eingerichtet - in nichtverseuchtem Gebiet sollen sich die Kinder mit gesunder Nahrung von der Strahlenbelastung erholen können. Das Ferienhaus ist auch für jene gedacht, die für eine weite Reise schon zu krank sind.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010