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Doping oder nicht? Neuer Test schafft Klarheit  
  Der niederländische Fußballprofi Edgar Davids, der lettische Bobfahrer Sandis Prusis, Jamaikas Sprinterin Merlene Ottey und der deutsche Langstreckenläufer Dieter Baumann haben zwei Dinge gemeinsam: Sie wurden erstens alle des Dopings mit Nandrolon, einem Mittel zum Muskelaufbau, überführt und bestreiten zweitens alle ihre Schuld. Tatsächlich kommen Abbauprodukte von Nandrolon auch natürlich im Körper vor, die von den Sportverbänden eingeführten Grenzwerte sind umstritten. Ein neues Verfahren möchte nun Klarheit schaffen.  
Der neue Test soll eindeutig zwischen künstlichem und natürlich im Körper produziertem Nandrolon unterscheiden. Wie die aktuelle Ausgabe des "New Scientist" berichtet, wurde er von Bruno Le Bizec von der Nationalen Veterinärschule in Nantes/Frankreich vorgestellt.
->   New Scientist
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Nandrolon
Nandrolon ist ein anabol androgenes Steroidhormon (Anabolika), das zu therapeutischen Zwecken bei Osteoporose dient und besonders im Verlauf chronisch rheumatischer Erkrankungen eingesetzt wird. Wie andere Anabolika wird es in der Trainingsphase von Athleten verwendet, um einen stärkeren Muskelaufbau und zu erzielen.
->   Mehr über Nandrolon
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Üblicher Nachweis durch Stoffwechselprodukt
Der Nachweis von Nandrolon und seinen Prohormonen (z.B. 4-Norandrostendion) beruht üblicherweise auf der Identifizierung des Stoffwechselproduktes Norandrosteron. Nandrolon selber wird durch Leberenzyme sehr schnell abgebaut und ist deshalb nur für kurze Zeit nach der Anwendung im Urin nachweisbar.

Auch die Prohormone von Nandrolon unterliegen einem intensiven Stoffwechsel, der im Wesentlichen zu den gleichen Endprodukten führt. Doping mit Nandrolon in Form von Injektionspräparaten ist mit der herkömmlichen Dopinganalytik sehr lange nachweisbar, unter Umständen bis zu einem Jahr.
Doping-Grenzwerte knapp an den "natürlichen"
Norandrosteron kommt im Körper aber auch natürlich als Nebenprodukt der Östrogenproduktion vor. Die vom Internationalen Olympischen Comite (IOC) festgesetzten Grenzwerte liegen bei zwei Nanogramm pro Milliliter bei Männern und fünf Nanogramm bei Frauen.

Nach Ansicht von Le Bizec können die natürlichen Norandrosteron-Werte knapp an jene Dopinggrenzen stoßen und - im Falle unpräziser Tests - unschuldige Sportler dem Dopingverdacht aussetzen.

Der Forscher untersuchte deshalb zwischen den Jahren 1998 und 2000 385 Urinproben von 40 französischen Fußballspielern und Trainern auf ihren so genannten 19-Nonandrosteron (19-NA)-Gehalt - und gelangten zu Werten bis zu 1,8 Nanogramm pro Milliliter.
Unterschiedliches Bindungsverhalten
Um die Abbauprodukte von eingenommenen Nandrolon-Präparaten von dem natürlichen 19-NA zu unterscheiden, gab Le Bizec sechs Freiwilligen eine Nandrolon-Wasser-Mixtur zu trinken.

Dabei entdeckte er, dass sich das 19-NA der Letzteren zu dreißig Prozent an ein bestimmtes Sulfat bindet. Das körpereigene Produkt dagegen bindet sich im Urin fast vollständig an die so genannte Glucuronsäure.
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Gefährliche Nahrungsergänzungsmittel
Ein weiteres Problem von anabol-androgenen Steroiden für Sportler betrifft ihr Vorkommen in den so genannten nicht hormonellen Nahrungsergänzungsmitteln (NEM). Nach einer Untersuchung des IOC im April 2002 enthielten 94 der 634 getesteten NEMs Spuren von Nandrolon und/oder Testosteron - ihre Einnahme hätte zu positiven Dopingtests geführt. Von den 22 aus Österreich untersuchten Produkten etwa waren fünf "positiv".

In der Vergangenheit hatten des Dopings überführte Athleten immer wieder die Einnahme von NEMs, die seit 1997 auf dem Markt sind, als Entschuldigung für Manipulationsvergehen angegeben. Das IOC warnte deshalb grundsätzlich vor der Einnahme solcher Produkte und wies dabei auch auf mögliche Gesundheitsgefährdungen hin.
->   Abstract der IOC-Studie (pdf-Datei)
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Unklare Zukunft des neuen Testverfahrens
Le Bizec glaubt, dass sein Test für all jene Sportler sinnvoll sein könnte, deren Grenzwerte mit herkömmlichen Verfahren ermittelt wurden und nur knapp überhöht waren. Ob die neue Testmöglichkeit in größerem Rahmen wahrgenommen werden wird, hängt nicht zuletzt von den finanziellen Gegebenheiten der Doping-Labors ab.

Patrick Schamasch, der medizinische Direktor des IOC in Lausanne, meinte jedenfalls gegenüber dem "New Scientist": "Wir besitzen bereits jetzt hervorragende Tests, wenn sich das neue Verfahren aber als besser erweist, wäre das sehr wertvoll."
->   Mehr über Doping in science.ORF.at
->   WADA (Anti-Doping-Agentur des IOC)
->   Anti-Doping-Spiele virtuell (IOC)
->   Österreichisches Anti-Doping-Komitee
 
 
 
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01.01.2010