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Viagra gegen Höhenkrankheit  
  Vor einigen Jahren revolutionierte Viagra die Behandlung der männlichen Impotenz. Nun könnte sein Wirkungsmechanismus auch noch andere Einsatzgebiete ermöglichen: als Prophylaxe bzw. Therapie der Höhenkrankheit per Tablette.  
"Noch ist es zu früh, die routinemäßige Verwendung solcher Phosphodiesterase-5-Hemmstoffe (PDE-5-Hemmer) bei Lungenhochdruck als Folge von Sauerstoffmangel zu empfehlen. Doch es gibt bereits genügend wissenschaftliche Daten, die darauf hindeuten, dass diese Arzneimittel die schlechte Anpassungsreaktion (auf große Höhen, Anm.) günstig beeinflussen könnte", schrieb vor kurzem der britische Pharmakologe M. R. Wilkins in der Fachzeitschrift "The Lancet" (4. Mai.)
Senkt Blutdruck im Lungenkreislauf
Was jedenfalls gegen die "erektile Dysfunktion" des Mannes hilft, kann offenbar durch seinen Wirkmechanismus auch den Blutdruck im Lungenkreislauf senken und so einen wesentlichen negativen Effekt eines Aufenthalts in zu großer Höhe bei daran nicht gewöhnten Personen mildern.
Tibetische Erklärungen
So kamen die Wissenschaftler auf die Hypothese: Tibeter leben ihr ganzes Leben lang in Höhen von 4.200 Metern Seehöhe und darüber. Doch eine Höhenkrankheit entwickeln sie natürlich nicht. Wahrscheinlich ist das nicht nur eine habituelle Anpassung, sondern hat seinen Grund in einer bestimmten Veranlagung: Bestimmte Formen des Enzyms NO-Synthase könnten bei ihnen anders sein als bei Menschen, die im Flachland leben.
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Sildenafil hemmt Enzym
NO - Stickoxid - ist jene flüchtige Substanz, die Blutgefäße erweitert und die glatte Muskulatur (Blutgefäße, Anm.) entspannt. Im Penis ist dieser Effekt für die Erektion verantwortlich. Der Viagra-Inhaltsstoff Sildenafil hemmt das Enzym Phosphodiesterase-5, welches das NO wieder abbaut, und verursacht deshalb eine höhere Konzentration dieser wichtigen Substanz.
->   Mehr über die Wirkungsweise von Viagra
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Höhenbewohner atmen mehr Stickoxid aus
Untersuchungen an Tibetern und Anden-Bewohnern haben zusätzliche Hinweise dafür gegeben, dass die Resistenz gegen die Höhenkrankheit bei diesen Menschen etwas mit Stickoxid zu tun hat: Im Vergleich zu gesunden Menschen auf Meereshöhe atmen sie trotz der "dünnen Luft" mehr NO aus.

Sie verfügen offenbar über einen Mechanismus, Stickoxid über die genannte Synthase effizienter im Körper zu bilden. Dieses wehrt dann die sonst drohenden Konsequenzen des Lebens in extrem großer Höhe ab. Der Viagra-Inhaltsstoff - so die Wissenschaftler - könnte eventuell einen ähnlichen Effekt erzielen.
Experimentelle Daten bestätigen These
Dazu gibt es bereits experimentelle Daten aus der Erprobung des Prinzips bei gesunden Probanden. "Die vorsorgliche Behandlung mit dem PDE-Hemmer Sildenafil verhindert die Steigerung des Drucks im Lungenkreislauf als Reaktion auf einen akuten Sauerstoffmangel", schrieb Wilkins.
Tablette gegen Höhenkrankheit?
Sollten sich die Hinweise auf einen solchen nutzbaren Effekt von "Viagra" bzw. ähnlichen in Entwicklung stehenden Substanzen bewahrheiten, ließen sich das Potenzmittel recht leicht gegen die Höhenkrankheit anwenden: Sie können als Tabletten eingenommen werden, haben wenige Nebenwirkungen und könnten den Anti-Höhenkrankheit-Effekt bereits bei einer geringeren Dosierung als in der Behandlung erektilen Dysfunktion entfalten.

Der britische Pharmakologe: "Die Wirkung auf den Penis wäre auch bei dauernder Anwendung kein Problem. Sie stellt sich ja nur bei sexueller Erregung ein."
->   The Lancet
->   Mehr über Viagra in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010