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Neutrinos - Botschafter aus dem All  
  Das in großen Bereichen scheinbar leere Weltall wird von einem Schwarm geisterhafter Elementarteilchen durchzogen. Allein rund 100 Milliarden dieser so genannten Neutrinos kommen von der Sonne aus pro Sekunde und Quadratzentimeter auf der Erde an. Im Rahmen einer internationalen Neutrino-Konferenz (Neutrino 2002) in München präsentierten Forscher am Mittwoch neue Erkenntnisse der Neutrinoforschung.  
->   Neutrino 2002
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Neutrinos
Neutrinos unterliegen nur einer der vier fundamentalen Wechselwirkungen, die heute der Physik bekannt sind. Die für die Neutrinos relevante schwache Wechselwirkung ist für den radioaktiven Beta-Zerfall und ähnliche Prozesse verantwortlich.

Da Neutrinos zudem sehr kleine Reaktions-Wirkungsquerschnitte besitzen, können sie nahezu ungehindert Materie durchdringen. Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik bilden Neutrinos zusammen mit den drei geladenen Fermionen Elektron, Myon sowie Tau die Gruppe der so genannten Leptonen.
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Durchdringende Partikel
Die fast masselosen Neutrinos eignen sich besonders als Botschafter aus dem Innern von Sternen und den Weiten des Alls. Da sie elektrisch nicht geladen sind, werden sie von elektromagnetischen Feldern nicht abgelenkt.

"Zudem zeichnen sie sich durch ihre extrem hohe Durchdringungsfähigkeit aus", sagte Franz von Feilitzsch von der Technischen Universität München am gegenwärtig stattfindenen Neutrino-Kongress. Die Partikel durchdringen beispielsweise mühelos die gesamte Erde.
Spekulations-Objekte
Lange galten Neutrinos in der Wissenschaft als reine Spekulation. 1930 postulierte der österreichische Physiker Wolfgang Pauli die Existenz von leichten, neutralen Teilchen, um die scheinbare Verletzung der Energieerhaltung im so genannten Betazerfall erklären zu können.

Erst 1956 gelang deren direkter Nachweis durch die Physiker Reines und Cowan. Bis zu diesem Zeitpunkt kam diesen Partikeln nur der Status eines theoretischen Postulats zu, weswegen sie auch "Geisterteilchen" genannt wurden. Neutrinos entstehen unter anderem in der Sonne, in der Erdkruste durch Radioaktivität, bei Sternenexplosionen und in Kernkraftwerken.
Vom Geisterteilchen zum Werkzeug
Auf Grund ihrer hohen Durchdringungsfähigkeit sind sie nur sehr schwer zu fassen. Neutrinos sind nach den bisherigen Erkenntnissen so leicht, dass sie sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Zwar ist das Wissen über die Teilchen nach wie vor noch unvollständig.

"Dennoch ist das Neutrino in den vergangenen Jahren von einem Geisterteilchen zu einem Teilchen geworden, das gut nachweisbar ist", wie Manfred Lindner von der Technischen Universität München betont. Mit Hilfe von Neutrinoteleskopen und -detektoren benutzen Physiker die Partikel heute als Werkzeug zur Erkundung anderweitig verborgener Prozesse.
Hoffnung für Neutrino-Nachweise?
Eine kürzlich erschiene Veröffentlichung hat die Hoffnung genährt, dass der Nachweis von Neutrinos in Zukunft einfacher zu gestalten sei. Um detektiert werden zu können, müssen Neutrinos mit Nukleonen (d.h. Protonen und Neutronen) interagieren. Unglücklicherweise ist nicht bekannt, wie stark diese Wechselwirkung ist.

Alexander Kusenko von der University of California in Los Angeles und Thomas Weiler von der Vanderbilt University in Tennessee sind jedoch der Ansicht, dass das kein Problem sei. Laut ihren kürzlich in den "Physical Review Letters" veröffentlichten Berechnungen müsste es ausreichend Kollisionen zwischen Neutrinos und Nukleonen geben - und zwar unabhängig von der Stärke der Wechselwirkung.
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"Neutrino Cross Sections"
Der Aufsatz "Neutrino Cross Sections and Future Observations of Ultrahigh-Energy Cosmic Rays" von Alexander Kusenko und Thomas J. Weiler erschien in den "Physical Review Letters" (Nr.88, 161101; 2002).
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Botschafter kosmischer Vorgänge
Als "astrophysikalische Botschafter" könnten die Teilchen verschiedenste Nachrichten von bisher verborgen gebliebenen Ereignissen vermitteln. "Neutrinos können zum Beispiel ein Abbild der Energie-Prozesse in der Sonne liefern", sagte Feilitzsch. Die Teilchen entstehen in der Sonne als Nebenprodukte der Kernfusion.

Dank ihrer hohen Durchdringungsfähigkeit seien die Teilchen auch bei der Beobachtung von Stern-Explosionen aufschlussreich. Auch über den Ursprung der kosmischen Strahlung könnten die Teilchen Informationen liefern.
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01.01.2010