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EU verabschiedet Tierversuchsverbot für Kosmetika  
  Das Europäische Parlament hat in seiner Plenarsitzung am Dienstag in Straßburg für ein Tierversuchsverbot bei der Entwicklung und Herstellung für Kosmetika gestimmt. Dieses wird jedoch erst Anfang 2005 in Kraft treten. Das Vermarktungsverbot für tiergetestete Kosmetika soll frühestens fünf Jahre nach Annahme dieser Richtlinie - d.h. ab 2007 - umgesetzt werden.  
Das EU-Parlament lehnte damit die Pläne des Ministerrates ab, der ein Vermarktungsverbot erst dann erlassen will, wenn es Alternativen zu Versuchen an lebenden Tieren gibt.

Nun muss in einem Vermittlungsverfahren ein Kompromiss zwischen Parlament und Rat gefunden werden. Dies dürfte nach Einschätzung von Experten nicht vor dem Oktober der Fall sein.
Kritik: "Verlagerung in Drittländer"
Gerda Matias, Präsidentin des Internationalen Bundes der Tierversuchsgegner (IBT) ist von diesem Ergebnis enttäuscht:

"Die Regelung, dass in drei Jahren innerhalb der EU keine Tierversuche mehr bei der Entwicklung und Herstellung von Kosmetika durchgeführt werden dürfen, derartige Produkte aber weiterhin verkauft werden können, wird am Leid der Tiere wenig ändern. Es wird lediglich eine Verlagerung der Tierversuche in Drittländer stattfinden", so Matias.
->   IBT Österreich
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38.000 Tiere jährlich
Nach Angaben der deutschen Europa-Abgeordneten Dagmar Roth-Behrendt gibt es derzeit über 8.000 Substanzen, die mit Tierversuchen geetestet wurden und für Kosmetikprodukte verwendet werden. Verfügbaren Informationen zufolge würden allein in der EU jährlich mindestens 38.000 Tiere, darunter Hunde, Mäuse, Kaninchen und Ratten, für Tests mit Kosmetika verwendet. Vermutlich sei die Dunkelziffer aber weit höher.
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Industrie: "Fristen nicht einhaltbar"
Heftige Kritik an den Forderungen erhob bereits die Kosmetikindustrie. Die vom Parlament verlangten Fristen seien "nicht einhaltbar", sagte eine Sprecherin des Verbands der europäischen Kosmetikindustrie.

Das Argument seitens der Industrie: Die Entwicklung von Alernativmethoden nehme mindestens zehn Jahre in Anspruch.
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Alternativen zum Tierversuch
Tierveruche können zwar nicht immer ersatzlos gestrichen, aber doch in vielen Fällen reduziert werden. Bereits in den 1950er-Jahren hatten der der Zoologe W.M.S. Russel und der Mikrobiologe R.L. Burch in ihrem Buch "The Principles of Human Experimental Technique" systematische Überlegungen angestellt, wie sich durch Experimente verursachtes tierisches Leid reduzieren lasse.

Ergebnis dieser Niederschrift war das so genannte 3R-Konzept, das im wesentlichen auf drei Säulen basiert. Das Kürzel "3R" bezieht sich auf die Schlagworte "Refinement, Reduction, Replacement", was zu deutsch mit den Worten "Verbesserung, Verminderung und Ersatz" übersetzt werden kann.

In der Kosmetikindustrie setzt man vor allem auf Ersatzmethoden durch Verwendung schmerzfreier Materie (Zellkulturen statt leidensfähiger Tiere). Die Reduktion von Tierversuchen wird im Wesentlichen durch verbesserte Prüfstrategien oder computerunterstützte Methoden erreicht.
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Kommission vs. EU-Parlament
Die Kommission unterstützte die Position der Kosmetikindustrie und schlug vor, Herstellern eine Erlaubnis zu erteilen,
ihre Tierversuche zwar nicht innerhalb der EU, aber sehr wohl außerhalb der EU vornehmen zu dürfen. Also z.B. auch in Ungarn, Polen oder Bulgarien. Dies wurde von den Abgeordneten empört zurückgewiesen.

Parlamentarier aus allen politischen Richtungen votierten für den Gesetzentwurf. Lediglich französische Abgeordnete stimmten dagegen. Sie waren besorgt, dass Gesetz könne negative Auswirkungen auf Kosmetikfirmen wie das in Frankreich ansässige Unternehmen L'Oreal haben.
Links zu diesem Thema:
Das Scientific Commitee for Cosmetology and Non Food Products der EU ist zuständig für den Verbraucherschutz und damit auch für die Prüfrichtlinien von Kosmetika (pdf-File).
->   Scientific Commitee for Cosmetology and Non Food Products
Die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) hat die Aufgabe, Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch zu dokumentieren, zu bewerten und ihre Anerkennung national und international zu empfehlen bzw. auch durchzusetzen.
->   ZEBET
->   Europäischer Verband der Hersteller von Kosmetika COLIPA
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Weltversuchstiertag: Alternativen zum Tierexperiment
->   Mehr Tierversuche durch neue EU-Chemikalienpolitik?
->   Zellversuche statt Tierversuche
 
 
 
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01.01.2010