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Arbeitsspeicher mit Langzeitgedächtnis  
  Auch die Arbeitsspeicher der neuesten Personalcomputer und Notebooks haben nur ein extrem kurzes Gedächtnis, das einige hundert Male in der Sekunde elektronisch aufgefrischt werden muss. Deshalb gehen alle auf dem Bildschirm gezeigten Informationen sofort verloren, sobald der Computer von der Stromversorgung getrennt wird. Nanometer dünne Schichten könnten dem Erinnerungsvermögen jedoch nachhaltig auf die Sprünge helfen. Wissenschaftlern gelang es erstmals so genannte nichtflüchtige Festkörperspeicher von besonders hoher Qualität zu erzeugen und so die Grundlage für eine neue Generation von Gigabit-Computerspeichern zu schaffen.  
Nach dem Wiedereinschalten des Computers - beim Booten - müssen alle Informationen wieder mühsam von der Festplatte geladen werden (sofern sie zuvor rechtzeitig gespeichert worden sind). Das ist ein zeitaufwändiger und lästiger Prozess.

Weshalb sich viele Forschergruppen weltweit mit der Entwicklung so genannter nichtflüchtiger Festkörperspeicher befassen. Diese sollen einmal gespeicherte Informationen nicht wieder verlieren und damit das ständige Wiederauffrischen der Informationen überflüssig machen.
Durchbruch in der Entwicklung neuer Speicherchips
Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle gelang es erstmals, dünne Schichten aus dem ferroelektrischen Material Lanthan-Wismut-Titan-Oxid auf Silizium-Wafern in einer besonders günstigen Kristallorientierung aufzubringen und damit die Grundlage für Computerchips mit einem sehr großen Speichervermögen pro Quadratzentimeter zu schaffen .

Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals "Science".
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Der Artikel: "Ferroelectric Bi3.25La0.75Ti3O12 Films of Uniform a-Axis Orientation on Silicon Substrates" ist erschienen im aktuellen "Science", Bd.296, S. 2006 bis 2009 (14. Juni 2002).
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
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Nichtflüchtige Festkörperspeicher
Nichtflüchtige Festkörperspeicher sind heute eines der interessantesten Forschungs- und Entwicklungsziele in der Halbleitertechnologie. Sie sollen die einmal eingespeicherte Information nicht wieder verlieren und damit das in den dynamischen Festkörperspeichern der integrierten Mikroelektronik (DRAMs) ständig notwendige Wiederauffrischen der Information überflüssig machen.

Die aussichtsreichsten nichtflüchtigen Speicherbausteine - die Magnetic Random Access Memories (MRAMs) und Ferroelectric Random Access Memories (FRAMs) - beruhen auf ferromagnetischen und ferroelektrischen Materialien.

Um solche nichtflüchtigen Speicherbausteine in die Silizium-Mikroelektronik integrieren zu können, müssen sie als dünne Schichten auf Silizium-Wafern hergestellt werden.
->   Verschiedene Speicherarten
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Kristallorientierung beeinflusst Speichereigenschaften
Eines der aussichtsreichsten Materialien für nichtflüchtige Speicherbausteine aus ferroelektrischen dünnen Schichten ist das Lanthan-Wismut-Titan-Oxid La0,75Bi3,25Ti4O12.

Bisher war es jedoch nicht gelungen, dieses Material als dünne Schicht so auf Silizium-Wafern abzuscheiden, dass die guten Speichereigenschaften des Materials auch in der dünnen Schicht erhalten bleiben. Das liegt daran, dass diese Schichten stark dazu neigen, in einer für die Anwendung "falschen" Kristallorientierung zu wachsen.

Die besonderen Speichereigenschaften sind nämlich an eine bestimmte Kristallorientierung gebunden, die so genannte a-Achsen-Orientierung, die bisher in dünnen Schichten nicht verwirklicht werden konnte.
"Richtige" Orientierung auch in dünnen Schichten
Den Wissenschaftlern des Max Planck-Institutes gelang es auf Silizium-Wafern dünne Lanthan-Wismut-Titan-Oxid-Schichten herzustellen, die zu 99 Prozent über die notwendige a-Achsen-Orientierung verfügen und somit die gewünschten Speichereigenschaften behalten.

Dieser Erfolg gelang ihnen vor allem durch die Kombination einer 60 Nanometer (ein Nanometer = ein millionstel Millimeter) dicken Pufferschicht aus Yttrium-Zirkon-Oxid mit einer darüber befindlichen, elastisch gedehnten, nur 10 Nanometer dünnen Elektrodenschicht aus Strontium-Ruthenium-Oxid.

Bei der Herstellung der Schichten wurde ein Laserverfahren mit besonders hohem Sauerstoffdruck verwendet, der für die richtige chemische Zusammensetzung dieser Schichten sorgt.
Querschnitt des Schichtaufbaus und der Elektrodenanordnung auf einem Silizium-Wafer.
 
Bild: Max-Planck

Im Bereich der Lanthan-Wismut-Titan-Oxid-Schicht zwischen den beiden Elektroden sind ein Farbmodell der Kristallgitterstruktur des La0,75Bi3,25Ti4O12 sowie eine hochauflösende elektronenmikroskopische Abbildung des Kristallgitters zu sehen.

Die im Modell als Kügelchen dargestellten Atome sind farblich gekennzeichnet: Wismut und Lanthan - gelb; Titan - blau, Sauerstoff - rot. Die blauen Vierecke stehen für TiO6-Gruppen.

Die Übereinstimmung der Lage der Atome im Modell mit dunklen (La, Bi, Ti) bzw. hellen (Sauerstoff) Punkten in der elektronenmikroskopischen Aufnahme verdeutlicht die Perfektion der gewachsenen Lanthan-Wismut-Titan-Oxid-Schicht.

Der rote Pfeil bezeichnet die Richtung der remanenten Polarisation Pr, deren Ausrichtung nach oben bzw. unten dem zu speichernden Binärsignal 0 bzw. 1 entspricht.
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EU stellt 700 Millionen Euro für Nanotechnologie bereit
Die EU-Kommission stellt innerhalb des Sechsten Forschungs-Rahmenprogramms 700 Millionen Euro für die Nanotechnologieforschung bereit. Dadurch soll die Koordinierung und Unterstützung der Nanotechnologie auf EU-Ebene erheblich an Effizienz gewinnen. Denn ohne Maßnahmen der EU werde es diesem Sektor in Europa nicht gelingen, die Rentabilitätsschwelle zu erreichen und sein Potenzial voll zu entfalten, hieß es in einer Pressemitteilung der EU-Kommission. Die US-Regierung fördert diesen Sektor mit 600 bis 700 Millionen Dollar jährlich.
->   Die Chancen der Nanotechnologie
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Speichersignal und Langzeitstabilität
Die Speichereigenschaften werden durch zwei physikalische Größen beschrieben, die "remanente Polarisation" - sie beschreibt die Größe des möglichen Speichersignals als gespeicherte Ladung pro Flächeneinheit, und die "Ermüdungsfestigkeit" - die Auskunft über die Langzeitstabilität der Speicherschicht gibt.
Weltweit bester Wert für Größe des Speichersignals
Bei der remanenten Polarisation haben die Max-Planck-Wissenschaftler mit den a-Achsen-orientierten Lanthan-Wismut-Titan-Oxid-Schichten den weltweit größten Wert für Schichten dieser Art erzielt - 32 Mikrocoulomb pro Quadratzentimeter.

Die bisher erreichten Werte lagen wegen der deutlich schlechteren Kristallorientierung um wenigstens zehn Mikrocoulomb pro Quadratzentimeter niedriger.
Auch Langlebigkeit des Speichers verbessert
Bei der Ermüdungsfestigkeit zeigen die bisher durchgeführten Langzeitexperimente, dass die remanente Polarisation nach zehn Milliarden (109) Lese-Schreib-Zyklen lediglich um etwa neun Prozent abnimmt - ein guter Wert angesichts der durch die große remanente Polarisation gegebenen hohen Speicherkapazität.
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EU setzt auf zukünftige Entwicklung der Nanotechnologie
Die Nanotechnologie fließt bereits in Gebieten wie Informationstechnik, Kraftfahrzeugbau, Chemie, Kosmetik und Verpackung ein. Besonders vielversprechend sind Anwendungen laut EU-Kommission bei der Energiespeicherung- und -verteilung, in der Nachweis-, Mess- und Prüftechnik, in der Prozessor- und Displaytechnologie, in Bioanalyse und gezielter Pharmakaverabreichung sowie in Robotik und Prothetik.
->   Nanotechnologie für die praktische Anwendung
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Grundstein für Computerspeicher der Zukunft gelegt
"Dank der perfekten Kristallorientierung erfüllen diese dünnen Schichten alle unsere Erwartungen. Die erfolgreiche Herstellung von a-Achsen-orientierten Schichten ermöglicht es nun, ihre Eigenschaften gezielt zu untersuchen und für ihre künftige Nutzung als nichtflüchtige Speicherschichten in der Mikroelektronik zu optimieren", meint der Direktor am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik Prof. Gösele.
->   Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik
->   Grundlage für die ersten Nano-Chips?
->   EU-Forschung: Erstmals Infrastrukturen gefördert
 
 
 
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01.01.2010