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Antilopenweibchen kämpfen um die "besten" Männchen  
  Gängigen Lehrbuchmeinungen zufolge sind es im Tierreich zumeist die Männchen, welche mit ihren Artgenossen um die Gunst der weiblichen Sexualpartner kämpfen müssen. Das Beispiel afrikanischer Antilopenweibchen passt allerdings nicht in dieses Schema: Wie ein Biologe nun berichtet, konkurrieren bzw. kämpfen diese untereinander um die "besten" Männchen.  
Jakob Bro-Jorgensen von der schottischen Stirling University hat zwei Jahre lang das Verhalten der Topi-Antilopen im Serengeti Nationalpark in Tansania sowie im kenianischen Maasai Mara Reservat untersucht - und dabei besonderes Augenmerk auf die weiblichen Vertreter der Art gelegt.
Auch Weibchen sammeln sich in der "Arena"
Wie der Wissenschaftler in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" berichtet, versammeln sich nicht nur Antilopenmännchen an bestimmten Plätzen - Lek genannt - um dort ihre "ritualisierten Kämpfe" auszuführen.

Auch weibliche Topi-Antilopen zeigen sich dort zur Paarungszeit - weshalb Biologen bislang davon ausgingen, dass dies aufgrund verschiedenster Vorteile geschieht.

Schutz vor Raubtieren, weniger Belästigung durch Männchen ohne Territorium oder besseres weil nahrhafteres Futter standen dabei als Begründungen zur Debatte.
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Fortpflanzungsstrategien (I)
Der auf den amerikanischen Soziobiologen Robert L. Trivers zurückgehende Terminus "parental investement" besagt, dass beide Geschlechter - z.B. von Säugetieren - unterschiedlich große Investitionen in ihren Nachwuchs tätigen. Der ausschlaggebende Unterschied zwischen Männchen und Weibchen, so die Logik der Soziobiologie, besteht in der Tatsache, dass sich schwangere Weibchen nicht fortpflanzen können - werdende Väter hingegen schon.

Da aber nach den Gesetzen der Soziobiologie jedes Individuum zur Maximierung seines genetischen Fortpflanzungserfolges tendiert (Prinzip des "Genegoismus" nach R. Dawkins), sind die von den beiden Geschlechtern angewandten Fortpflanzungsstrategien unterschiedlich.
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Gegenteil ist der Fall
All dies konnte Bro-Jorgensen allerdings nicht bestätigen. Im Gegenteil: Seine Analyse ergab, dass gerade auf dem Lek Weibchen weniger nahrhaftes Gras finden. Zudem seien sie wahrscheinlich einem höheren Risiko durch Hyänen ausgesetzt sowie stärker durch ungewollte Aufmerksamkeiten von männlichen Artgenossen belästigt.
Topi-Antelopen in Kenia
 
Bild: Jakob Bro-Jorgensen/ Courtesy of PNAS

Die Topi- oder Leierantilope (Damaliscus lunatus) ist durch die bläulichen Flecken auf den Flanken, Beinen und Schultern gekennzeichnet. Die Tiere sind sehr kontaktfreudig und sammeln sich in kleineren Gruppen von Weibchen und Jungtieren mit einem einzelnen Männchen. Sie sind Grasfresser und bevorzugen offene Tiefebenen.
->   Mehr Informationen zu Topi-Antilopen
Ablenkung von der Konkurrenz
Bro-Jorgensen nahm also das Verhalten der Weibchen genauer unter die Lupe - und fand tatsächlich neue Hinweise: So konnte er etwa beobachten, dass sich Weibchen mit den Männchen "rauften" - um sie von anderen Weibchen abzulenken, meint der Biologe.

Er beobachtete zudem Szenen, die miteinander kämpfende Weibchen zeigten - oder gar, wie Antilopen-Weibchen den Koitus eines Männchens mit einem anderen Weibchen unterbrachen.
Kampf um die "besten Junggesellen"
Die Erklärung des Biologen: Die weiblichen Topi-Antilopen rotten sich rund um den Austragungsort der männlichen Wettkämpfe zusammen, um selbst um die bevorzugten Männchen kämpfen zu können.
Kämpfende Weibchen
 
Bild: Jakob Bro-Jorgensen/ Courtesy of PNAS

Aktive Partnersuche
Wie der Wissenschaftler erklärte, suchen sich die Weibchen ihre Partner höchst aktiv aus. Dabei gehen sie offenbar nach einer einfachen Regel vor: Je zentraler das Männchen sich im Lek befand, desto begehrter war es bei den Weibchen.
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Fortpflanzungsstrategien (II)
Weibchen versuchen das Risiko einer Schwangerschaft durch eine möglichst strenge Partnerauslese zu minimieren - eine Situation die Tierreich oft angetroffen wird und im Fachjargon "female choice" genannt wird. Männchen optimieren ihre Fortpflanzung hingegen, indem sie um ihre wählerischen Sexualpartnerinnen mit weiteren Männchen konkurrieren.

Dies wird im soziobiologischen Fachjargon "male competition" genannt - und kann zum Beispiel in ritualisierter Form geschehen (sog. Kommentkämpfe). Die umgekehrten Verhältnisse ("male choice", "female competition") sind im Tierreich hingegen äußerst selten.
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Größere Männchen bevorzugt
Dies könne erklären, warum gerade im Zentrum dieses Kampfplatzes die Männchen zumeist größer bzw. stärker seien als weiter am Rand, so der Biologe.

Die wählerischen Weibchen - im Fachjargon mit dem Terminus "female choice" bezeichnet - bringen die Männchen dazu, sich im Kampf zu messen. Nur die "besten" gelangen letztlich zum Zentrum des Leks und steigern somit ihre Chance auf ein paarungswilliges Weibchen.
->   "Proceedings of the National Academy of Sciences"
->   University of Stirling, Scotland
 
 
 
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01.01.2010