News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben .  Wissen und Bildung 
 
EU-Parlament: Grenzwert für Gentech-Lebensmittel  
  Das EU-Parlament hat sich am Mittwoch dafür ausgesprochen, Lebensmittel als genetisch veränderte Produkte zu kennzeichnen, wenn sie mehr als 0,5 Prozent solcherart modifizierter Substanzen enthalten. Der von der EU-Kommission vorgeschlagene Schwellenwert von einem Prozent wurde damit halbiert.  
Für die SPÖ-Abgeordnete Karin Scheele, die die Position des EU-Parlaments vorbereitet hat, ist das "ein großer Erfolg" für die Konsumenten, wie die APA berichtete.

Scheele brachte in der Abstimmung auch ihre Forderung durch, dass alle Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen, die auf Basis von GVO-Produkten - für "genetisch veränderte Organismen" - hergestellt wurden. Auch wenn die genetisch modifizierten Substanzen nicht mehr nachweisbar sind.
Beispiel Maiskeimöl
Maiskeimöl aus Gen-Mais müsse daher künftig gekennzeichnet werden, falls die EU-Staaten im EU-Ministerrat der Position des EU-Parlaments folgen, erklärte Scheele nach der Abstimmung.
...
Streit um die Details
In dieser Frage waren sich die Parlamentarier uneinig: Es geht dabei um Produkte, die zwar genetisch modifizierte DNA-Sequenzen oder Proteine enthalten, diese aber - auf Grund der Verarbeitung - nicht mehr nachweisbar sind. So ist etwa Maiskeimöl aus traditionellem Mais analytisch nicht zu unterscheiden von Öl aus GVO-Mais.

Gegner der Kennzeichnung für diese Art von Produkten argumentierten, dies sei nicht praktikabel. Zudem ändere sich die Nachfrage und damit der Preis. Die Befürworter jedoch sprachen sich für eine Kennzeichnung aus, sonst müsse man etwa die Gentech-Tomate kennzeichnen, nicht aber das daraus hergestellte Ketchup.
...
Volle Rückverfolgbarkeit gewährleistet
Das EU-Parlament hat sich weiters dafür ausgesprochen, dass künftig bei jedem Lebensmittel rückverfolgbar sein muss, ob es einen Anteil an genetisch veränderten Produkten enthält bzw. auf Basis eines GVO erzeugt wurde.
Keine Kennzeichnung von Fleisch
Dagegen hat das Parlament den Ansatz abgelehnt, Fleisch von Tieren zu kennzeichnen, die mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert wurden.

Auch soll es keinen Hinweis geben, wenn bei der Herstellung von Lebensmitteln gentechnisch veränderte Enzyme verwendet wurden.
Nächste Runde im Ministerrat
Das Ergebnis der heutigen ersten Lesung des EU-Parlaments geht nun in den Ministerrat der EU, wo die Regierungen der Mitgliedsländer in den nächsten Monaten über die Gesetzesvorlage beraten. Danach kommt es zur zweiten Lesung im EU-Parlament, wo die Abgeordneten abermals Änderungen vorschlagen können.

Dann werden allerdings 314 Stimmen (absolute Mehrheit der 626 Abgeordneten) nötig sein. Die heutigen Abstimmungen zu den zentralen Punkten fielen ausnahmslos knapp aus, sodass es ungewiss ist, ob das EU-Parlament gegen den Willen der Mitgliedsländer Änderungen durchbringen wird.
...
Die populären Mythen über die grüne Gentechnik
Wie denkt die europäische Bevölkerung über Gentechnik in der Landwirtschaft? Wenn man einer im Mai veröffentlichten Studie glaubt, beantworten Politiker und Wirtschaftsvertreter diese Frage selten richtig. Die Annahme, wonach die meisten Menschen entweder strikt für oder strikt gegen Gentechnik seien, stellt sich der Studie zufolge als weit verbreiteter Mythos heraus.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
...
Keine Neuzulassungen seit 1998
Tatsächlich hat die EU-Kommission seit Oktober 1998 keine neuen GVO-Produkte zugelassen. Basis dafür war kein offizielles Moratorium, sondern schlichte Untätigkeit - auch gestützt auf das Einsehen, dass unter den Mitgliedsländern derzeit die nötigen Mehrheiten nicht zu erreichen wären.

Wann wieder ein Produkt zur Zulassung vorgeschlagen wird, lässt sich die EU-Kommission offen. Erstes Zieldatum ist der kommende Oktober, wenn die neue Richtlinie über die Anpflanzung von GVO-Pflanzen in Kraft tritt (Freisetzungsrichtlinie).
Warten auf endgültigen Beschluss
Politisch dürfte man aber wohl warten, bis auch die Kennzeichnungsrichtlinie, über die das EU-Parlament nun in erster Lesung abgestimmt hat, beschlossen ist. Das wird noch ein Jahr dauern, da EU-Parlament und EU-Rat sich in zwei Lesungen in vollen Mitentscheiden darüber einigen müssen.
...
Bislang 12 GVO-Lebensmittel in EU zugelassen
Bis Oktober 1998 waren in der EU zwölf Lebensmittel auf GVO-Basis zugelassen. Der Großteil von ihnen ist nach aktuellem Recht nicht kennzeichnungspflichtig, da die gentechnische manipulierten Teile (DNA oder Proteine) im Endprodukt nicht nachweisbar sind. Auch müssen nach aktuellem Recht die Inhaltsstoffe nicht rückverfolgbar sein.
...
Europa: Noch kaum GVO-Produkte auf dem Markt
Genaue Angaben über die Vermarktung der bisher zugelassenen zwölf Produkte hat die EU-Kommission nicht, dennoch dürften diese Produkte in Europa kaum auf dem Markt sein, meint man in der EU-Kommission, wo nur vereinzelte Ausnahmen in den Niederlanden bekannt sind.

Denn die Supermärkte fürchten die Ablehnung der Konsumenten. Auch in Großbritannien wurde eine Mitte der 80er Jahre vermarktete genetisch veränderte Tomate wieder vom Markt genommen. Derzeit kommen GVO-Pflanzen daher praktisch nur als Futtermittel auf den EU-Markt.
EU-Kommission erwartet "wenig" GVO-Waren
Gegner argumentierten auch gegen eine Kennzeichnung aller GVO-Produkte, da somit etwa 80 Prozent aller Lebensmittel in Zukunft diesen Hinweis tragen müssten. Das aber erwartet die EU-Kommission derzeit nicht.

In den USA gebe es zwar inzwischen etwa 30.000 Produkte auf Basis von GVO, Europas Industrie sei jedoch sehr zurückhaltend bei der Verwendung der neuen Produkte. Daher könnte sich die Zahl der zu kennzeichnenden Waren in Grenzen halten, so die Erwartung der EU-Kommission.
->   Das EU-Parlament
->   Die EU-Kommission
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Grüne Gentechnik vs. Biolandbau
->   Ist die grüne Gentechnik wirklich grün?
->   Molterer: Gentechnik nicht generell ausschließen
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010