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Nanoröhrchen: Neue Technik für "alte" Röntgengeräte  
  Die technologischen Voraussetzungen zur Erzeugung von Röntgenstrahlen haben sich seit dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung Ende des 19. Jahrhunderts im Wesentlichen kaum verändert. Nun könnten US-Wissenschaftler die "betagte" Technik durch Nanoröhrchen aus Kohlenstoff revolutionieren. Die winzigen Röhrchen könnten demnach eine neue Generation von Röntgenapparaten ermöglichen, die wesentlich handlicher in der Bedienung und vor allem energiesparender im Betrieb wären.  
Der Wissenschaftler Otto Z. Zhou und Kollegen von der University of North Carolina, Chapel Hill konnten im Rahmen ihrer Experimente nachweisen, dass Nanoröhrchen aus Kohlenstoff einen exakten und intensiven Elektronen-Strahl erzeugen können, der beim Auftreffen auf ein metallenes "Ziel" Röntgenstrahlen entstehen lässt.
Neue Generation von Röntgengeräten
"Wenn das so gut funktioniert, wie wir glauben, dann werden wir bald in der Lage sein, Röntgengeräte herzustellen, die um einiges kleiner und energiesparender sein werden", kommentiert Zhou die in Applied Physics Letters veröffentlichten Ergebnisse der Forschung.

"Auch wird es künftig möglich sein, diese Geräte im Vergleich zu den heute üblichen wesentlich schneller an- und abzuschalten", so der Forscher weiter.

Ungeachtet zahlreicher Entwicklungen im Bereich von bildgebenden Verfahren sind Röntgenaufnahmen nach wie vor ein unentbehrliches Diagnoseverfahren im medizinischen Alltag.
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Der Artikel "Generation of continuous and pulsed diagnostic imaging x-ray radiation using a carbon-nanotube-based field-emission cathode" erscheint in den Applied Physics Letters am 8. Juli, Bd. 81/2, S. 343-345.
->   Der Artikel Online (kostenpflichtig)
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Herkömmliche Verfahren aufwändig und teuer
Die herkömmlichen Röntgenapparate haben allerdings den gravierenden Nachteil, dass ihre Betriebsfähigkeit enormer Temperaturen bedarf.

Um Röntgenstrahlen erzeugen zu können muss beispielsweise im Inneren der Strahlungsquelle eine Temperatur von ungefähr 1.500 Grad Celsius herrschen.

Entsprechend aufwändig ist der damit verbundene Stromaufwand sowohl für die Erzeugung der notwendigen Temperaturen als auch für das dazugehörige Kühlsystem rundherum.
Erzeugung von Elektronen bei niedriger Temperatur
Mit den Nanoröhrchen könnte nun die enorme Erhitzung durch Stromfluss in Zukunft überflüssig werden, da sie schon bei normalen Temperaturen in der Lage sind, Röntgenstrahlen zu erzeugen.

In der Vergangenheit haben zwar eine Reihe von Wissenschaftlern das Potenzial der noch relativ jungen Nanotöhrchen aus Kohlenstoff erkannt - auch gab es bereits zahlreiche Versuche, Elektronen zu erzeugen. "Allerdings gelang es bisher noch nicht, ausreichend Elektronen zu produzieren, um ähnlich differenzierte Bilder zu erhalten, wie es bei den Röntgenstrahlen der Fall ist" erklärt Zhou die bisherigen Schwierigkeiten.

Zhou und seinem Team ist es nun gelungen, Nanoröhrchen gezielter anzuwenden und dadurch die für die Röntgenstrahlung notwendige Menge von Elektronen zu erzeugen.
Erzeugung von Röntgenstrahlen und Elektronen
Röntgenstrahlen sind elekromagnetische Wellen, die entstehen, wenn Kathodenstrahlen, also schnell fliegende Elektronen, auf feste Körper wie Metalle auftreffen. Konkret passiert das in einem evakuierten Glaskolben, der so genannten Röntgenröhre.

Mit Hilfe einer Glühwendel als Kathode - Heizspirale aus Wolfram, mit einem Schmelzpunkt von 3.410 Grad Celsius - werden freie Elektronen erzeugt, die durch eine zwischen Anode und Kathode angelegte Hochspannung zur Anode hin beschleunigt werden. Beim Auftreffen entstehen Röntgenstrahlen, die unter flachem Winkel zur Anodenoberfläche abgestrahlt werden.
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Zwei Strahlungstypen
Die von Wilhelm Conrad Röntgen 1895 entdeckten Röntgenstrahlen auch als "X-Strahlen" bekannt entstehen durch zwei unterschiedliche physikalische Prozesse. So wird unterschieden zwischen charakteristischer Strahlung und Bremsstrahlung. Erstere beginnt damit, dass Elektronen, die auf ein Material geschossen werden, Elektronen aus den Bahnen der Atome herausschießen und dabei Energie freisetzen, welche sich in Form von Licht, nämlich Röntgenlicht, äußert.

Die Bremsstrahlung hingegen entsteht, wenn die Elektronen durch Anziehungseffekte der Atomkerne abgebremst und/oder in ihrer Bewegungsrichtung geändert werden. Die entstehende Röntgenstrahlung wird außer als "Bremstrahlung" auch als "weiße Strahlung" oder als "kontinuierliche Strahlung" bezeichnet. Sie ist prinzipiell unerwünscht.
->   Mehr zu Röntgenstrahlen
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Nanoröhrchen ersetzt die Glühwendel
Zhou und sein Team verwendeten nun statt der Glühwendel ein Nanoröhrchen aus Kohlenstoff als Kathode. Diese sind gerade ein Milliardstel Meter groß und bestehen aus winzigen aufgerollten Lagen Graphits.

An der Spitze dieser Röhrchen sammeln sich Ladungen, die durch das elektrische Feld in der Röntgenröhre "gebunden" werden.

Auf diese Weise und mit Hilfe der Röntgenröhre gelang es den Wissenschaftlern, ausreichend Elektronen zu erzeugen, um die gewünschte "Bildqualität" zu erhalten.
Gleiche Aufnahmequalität erreicht
"Wir haben bereits Aufnahmen von menschlichen Händen und einem Fisch gemacht, die genauso gut sind wie beim herkömmlichen Verfahren", wie Zhou betont.

Der Wissenschaftler geht sogar davon aus, dass Aufnahmen mit Hilfe der neuen Technik künftig noch exakter werden könnten als jene der bisher üblichen Röntgenverfahren.
->   North Carolina Center for Nanoscale Materials
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01.01.2010