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Homo erectus: Gehirn kleiner als angenommen  
  In Georgien wurden 1,75 Millionen Jahre alte Relikte eines Homo erectus entdeckt. Die Schädelknochen lassen auf ein extrem kleines Gehirn schließen und stellen so die "Flucht aus Afrika"-Theorie in Frage, die ein wesentlich größeres Gehirn voraussetzt.  
Bei dem Homo erectus handelt es sich um die erste Hominiden-Art, die ihrer Heimat Afrika den Rücken zukehrte. Bisher vermuteten Paläontologen allerdings, dass erst ein rasantes Hirnwachstum die Hominiden zur Auswanderung befähigte.
Halb so groß wie Gehirn des modernen Menschens
Der in Georgien entdeckte Wanderer hat aber nur ein relativ kleines Hirn von 600 Kubikzentimetern. Das sind 0,6 Liter. Sein Hirn war damit etwa halb so groß wie das des modernen Menschen.

Die Wissenschaftler rund um Abesalom Vekua von der Georgischen Akademie der Wissenschaften in Tiflis beschreiben das Fossil in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals "Science".
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Der Artikel: "A New Skull of Early Homo from Dmanisi, Georgia" ist erschienen in "Science", Bd.297, Seite 85, vom 5. Juli 2002.
->   Originalartikel (kostenpflichtig)
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Kurze Nase und große Zähne
 
Bild: Science

Nach den Funden zu schließen, war der Wanderer von schmächtiger Statur, hatte eine kurze Nase und mächtig grosse Zähne. Der neue Schädelfund ist zwar grazil gebaut, kann aber wegen seiner großen oberen Eckzähne nicht ohne weiteres als weiblich eingestuft werden.
Nicht der einzige Fund
Die Wissenschaftler hatten am Fundort in Dmanisi zuvor schon zwei Schädel ausgegraben. Beide aber übertrafen mit einem Hirnvolumen von rund 800 Kubikzentimetern den neu entdeckten Schädel.

Diese frühern Funde hatten bereits eine andere Theorie widerlegt. Bis zu ihrer Präsentation im Mai 2000 ebenfalls in "Science" hatten Experten den Beginn der Auswanderungswelle aus Afrika nur eine Million Jahre zurückdatiert.
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Homo ergaster: Eine Variante des Homo erectus
Die Forscher rechnen die Funde zur Gruppe der Homo ergaster, der afrikanischen Variante des Homo erectus, die von Afrika aus die Welt besiedelten. Möglicherweise könnte die Dmanisi-Population sogar mit dem noch ursprünglicheren (und momentan als eigene Spezies unter Anthropologen heftig umstrittenen) Homo habilis verwandt sein. Auf jeden Fall aber hatten die Vorfahren der Dmanisi-Population Afrika verlassen, bevor dort die Evolution zu den typischen Homo erectus Formen stattgefunden hatte.
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Weiter Annahme widerlegt
Zudem herrschte bei Wissenschaftlern die Meinung vor, die ersten Wanderer bzw. Migranten hätten bereits über fortgeschrittenere Steinwerkzeuge verfügt.

Auch das war nicht der Fall, berichten Vekua und Kollegen jetzt. Sie fanden nur primitive Kieselsteine, die in ihrer Machweise den Oldowan-Werkzeugen aus Ostafrika sehr ähnlich sind.
Mehrere Gründe für Auswanderung
Vekua und sein Kollege David Lordkipanidze schließen aus dem neuen Fund, dass "das größere Hirn nicht der einzige Anlass für die Abkehr von Afrika war." Vielmehr dürfte es mehrere Gründe gegeben haben, sich nach neuem Land umzusehen.
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
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01.01.2010