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Aids: Nur ein Impfstoff könnte Epidemie stoppen  
  Am Sonntag beginnt in Barcelona der dritte Welt-Aids-Kongress. Während immer neue Hiobsbotschaften über Anzahl und Zuwachs der HIV-Infizierten bekannt werden, sind sich die Experten einig: Nur ein Impfstoff könnte die Ausbreitung der Epidemie, die vor allem in den ärmeren Ländern wütet, eindämmen. Doch der scheint noch in weiter Ferne.  
Zu einem Impfstoff gebe es keine Alternative, meinte Osamah Hamouda, Leiter der Abteilung HIV/Aids beim Robert-Koch-Institut in Berlin im Vorfeld des Kongresses.
Keine Lösung für alle Probleme
"Aber selbst wenn sie zur Verfügung stünde, wäre das nicht die Lösung für alle Probleme", ergänzte er in einem dpa-Gespräch. Auch bei den Pocken habe es von der Entdeckung des Impfstoffes bis zur Ausrottung der Krankheit viele Jahre gedauert.

Mediziner wie Robert Gallo, der bekannte amerikanische Aids-Forscher, arbeiten an "sterilisierenden Impfstoffen", die die Infektion von Anfang an verhindern könnten. Bis dahin werden aber noch einige Jahre vergehen.
->   science.ORF.at: Aids-Impfstoff in fünf Jahren?
->   science.ORF.at: Aids - 90 Impfstoffe im Test
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Welt-Aids-Konferenz in Barcelona
Vom 7. bis 12. Juli 2002 nehmen mehr als 15.000 Wissenschaftler, Ärzte, Aidskranke und Politiker an der 14. Welt-Aids-Konferenz in Barcelona teil. Zentrales Thema wird der Zugang zu den wirksamen antiretroviralen Kombinationstherapien sein.
->   Welt-Aids-Konferenz 2002
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Infektionen verhüten als bestes Mittel
"Wie es im Moment aussieht, müssen wir davon ausgehen, dass uns HIV für lange Zeit auf der Welt begleiten wird", meinte Hamouda. "Auch eine Therapie bringt keine Heilung, sondern verzögert nur den Krankheitsverlauf."

Die kostengünstigere und humanere Variante sei es, Infektionen zu verhüten. Dies sei nach wie vor das beste Mittel gegen die tödliche Immunschwäche.
Aids-Medikamente zielen auf Enzyme der Viren
Da es bisher keinen Impfstoff gibt, sind Infizierte und Erkrankte derzeit ein Leben lang auf Medikamente angewiesen. Diese Substanzen werden in drei große Klassen eingeteilt. Ihr Angriffsziel sind die Enzyme der Viren, mit denen sie in die Zelle eindringen und sich vermehren.

Das Aids-Virus bringt seine Erbinformation nicht in Form von DNA (Desoxiribonukleinsäure) mit in die Zelle. Es enthält die chemisch verwandte RNA (Ribonukleinsäure).

Das Virus-Enzym Reverse Transkriptase schreibt diese RNA erst in der infizierten Zelle in DNA um. Nur diese wird in das Erbgut des Menschen eingebaut und dient als Bauanleitung für neue Viren.
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Die drei Typen von Aids-Medikamenten
1.) Die Gruppe der "nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer" heftet sich an die Reverse Transkriptase und behindert damit ihre Arbeit. Auf diese Weise entsteht keine DNA-Kopie des Viren-Genoms.

2.) Die künstlichen Verbindungen aus der Gruppe der "nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer" ähneln den einzelnen chemischen Bestandteilen von RNA und DNA. Werden statt der natürlichen diese "falschen" Bausteine in die entstehende Erbsubstanz eingebaut, stockt die Vermehrung der Viren ebenfalls.

3.) Die "Protease-Inhibitoren" greifen in den letzten Schritt der Virusvermehrung ein. Um aus den in der Zelle entstandenen einzelnen Viren-Komponenten neue, vollständige Partikel zusammenzubauen, ist das Enzym Protease notwendig. Wenn dieses Werkzeug der Zelle blockiert ist, zum Beispiel durch die Anlagerung eines Wirkstoffes, können keine neuen Viren zusammengebaut werden.
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HAART: Kombinationstherapie aus allen drei Klassen
Ein Mix aus drei oder mehr Medikamenten aller drei Klassen soll verhindern, dass die Viren resistent werden. Diese Kombinationstherapie, genannt HAART (Highly Active Anti-Retroviral Therapy), senkt die Sterberate und kann bei HIV-Infizierten den Krankheitsausbruch verzögern.

Künftige Medikamente sollen zudem verhindern, dass das Virus seine Zielzellen erkennt und daran andockt. Solche Substanzen sind noch nicht auf dem Markt.
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Langer Weg der Aids-Forschung I
1980: Zu Beginn der 1980er Jahre werden zunächst in Kalifornien und dann in New York gehäuft neuartige Krankheitsbilder beobachtet. Allen gemein sind ausgeprägte und schwere Störungen der Immunabwehr. Am 5. Juni 1981 beschreibt die US-Gesundheitsbehörde CDC erstmals offiziell die seinerzeit mysteriösen Krankheitsfälle.
1982: Die Krankheit bekommt den Namen Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome/erworbene Immunschwäche) und taucht auch in Europa auf.
1983: Ein Team um Luc Montagnier in Paris entdeckt und isoliert das Aids-Virus. Auch der Amerikaner Robert Gallo nimmt diesen Erfolg für sich in Anspruch.
1984: Robert Gallo entwickelt ein Zellkultursystem und schafft damit die Voraussetzung für die Entwicklung erster Aids-Tests.
1985: Das Team um Montagnier findet einen zweiten Typ des Aids-Virus.
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Therapieunterbrechung zur Regeneration der Immunabwehr ...
Seit Jahren werden die Auswirkungen der Infektion mit dieser Kombinationstherapie mit relativ gutem Erfolg bekämpft. Doch kann dieses Verfahren langfristige Nebenwirkungen haben und vor allem als Folge einer Resistenzentwicklung der Viren abgeschwächt werden.

Aus diesem Grund wird seit einiger Zeit auf die Methode der gezielten Therapieunterbrechung zurückgegriffen. Bei frisch infizierten Patienten hatte eine wiederholte Unterbrechung der medikamentösen Behandlung zur Folge, dass sich die gegen die HI-Viren gerichtete Immunabwehr immer wieder regeneriert.
... aber nur bei frisch infizierten HIV-Patienten
Laut einer Studie der Aids-Forscher Jan van Lunzen aus Hamburg und Marcus Altfeld aus Boston haben die Therapieunterbrechungen bei schon länger zurückliegenden Infektionen keinerlei positive Auswirkungen auf die körpereigene Abwehr.

Und auch eine langfristigen Unterdrückung der Virusvermehrung mit Hilfe von Medikamenten sei nicht in der Lage, diese spezifische Immunabwehr zu regenerieren, berichten die Experten.
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Langer Weg der Aids-Forschung II
1987: Das erste Aids-Medikament (AZT) wird in den USA und wenig später auch in Deutschland zugelassen.
1988: Untersuchungen ergeben, dass sich die Immunschwächekrankheit in Zentral- und Ostafrika rasant ausbreitet. Erste Impfstudien mit gentechnisch hergestellten experimentellen Mitteln starten.
1992: In den USA beginnen kontrollierte Studien mit Impfstoffen.
1993: Erste klinische Studien zeigen die Wirksamkeit einer Kombination aus zwei Medikamenten.
1996: Forscher setzen auf die Kombination neuer Medikamente, vor allem die Protease-Hemmer. Für Aufsehen sorgt die Entdeckung, dass einige Menschen eine genetisch bedingte, wenn auch nicht vollständige Resistenz gegen HIV haben.
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UN-Schätzung: 68 Millionen Todesopfer bis 2020
Nach neuesten Untersuchungen der Vereinten Nationen hat die weltweite Aids-Epidemie ihren Höhepunkt noch längst nicht erreicht. Die Krankheit verbreitet sich demnach mit rasendem Tempo gerade in drei der bevölkerungsreichsten Ländern der Erde: China, Indien und Indonesien.

Bis 2020 werden laut UN-Schätzung 68 Millionen Menschen in den 45 am meisten betroffenen Staaten an Aids sterben - das ist fünf Mal so viel wie die Gesamtzahl der Toten in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten. Im vergangenen Jahr starben schätzungsweise drei Millionen Menschen an der Immunschwächekrankheit.
->   science.ORF.at: UNO - Immer mehr, immer jüngere HIV-Neuinfizierte
->   UN-Report: ''Young People & HIV/AIDS - Opportunity in Crisis''
->   UN-Report: ''The Report on the Global HIV/AIDS Epidemic''
->   UNAIDS
->   Mehr zu Aids in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010