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Uni-Reform: Für Rektorenchef "tragfähige Basis"  
  Am Donnerstag wird das neue Universitätsgesetz (UG) vom Nationalrat beschlossen. Der Rektoren-Vorsitzende Georg Winckler hält es für eine "tragfähige Basis für die künftige Universitätsentwicklung", kritisiert aber auch einzelne Punkte.  
Der Begutachtungsentwurf im März sei für die Unis nicht akzeptabel gewesen, was zu einer breiten Ablehnungsfront quer durch alle universitären Gruppen geführt habe.

In den vergangenen Wochen sei aber "doch eine Lösung gefunden worden, mit der wir mit einiger Zuversicht in die Zukunft schauen können", sagte der Vorsitzende der Österreichischen Rektorenkonferenz und Rektor der Universität Wien im Gespräch mit der APA.
Notwendigkeit der Reform
Georg Winckler nannte drei Gründe für die Notwendigkeit der Reform: Die Universitäten würden immer mehr in einen Wettbewerb geraten. Einerseits durch die Internationalisierung der Hochschul-Räume, andererseits innerhalb des Landes, etwa durch die Einführung der Fachhochschulen. Aus diesem Grund seien neue rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen notwendig.
Keine Fortsetzung der Ministerialuniversität
Neu definiert werden müsse auch das Verhältnis zwischen Staat und Universität. "Wir wollten keine Fortsetzung der Ministerialuniversität aus den Zeiten der Organisationsgesetze von 1975 und 1993 und auch keine Politisierung der Universitäten", sagte Winckler, der in ganz Europa den Trend ortet, dass sich die Unis aus der Umklammerung des Staates zu lösen beginnen.

Deshalb habe man auch die ersten UG-Entwürfe abgelehnt, weil diese keine echte Autonomie für die Unis bedeutet hätten.
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->   Das UG 2002 (Dateien des Bildungsministeriums)
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Gegen Ökonomisierung ...
Schließlich sei man auch gegen eine Ökonomisierung der Hochschulen, so Winckler. Deshalb habe man darum gekämpft, dass das vom Staat zugewiesen Budget real und nicht nur nominell erhalten bleibe und damit klar sei, dass die Unis weiterhin einem öffentlichen Interesse nachkommen.
... und Politisierung der Hochschulen
Weil diese Voraussetzungen erfüllt worden seien, habe die Rektorenkonferenz dem Gesetz zugestimmt. Vorsichtig ist Winckler nur bei der Frage einer möglichen Politisierung der Universitäten. Erst die Praxis werde zeigen, wie etwa die Universitätsräte im kommenden Frühjahr besetzt werden.

"Das Gesetz lässt vermuten, dass keine Politisierung einsetzen wird, aber es ist nicht ausgeschlossen. Deshalb werden die Universitäten in dieser Frage sehr wachsam sein", sagte Winckler.
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Wichtige Anliegen verankert
Im Zuge der Gesetzwerdung sei es gelungen, wichtige Anliegen der Universitäten im UG zu verankern. Der Uni-Rektor nannte als Beispiele den Universitätsrat, der zwar wichtige Aufsichtsfunktionen, aber im wesentlichen keine operativen Funktionen wahrnehmen werde. Der Senat sei gestärkt und die außerordentlichen Professoren dienstrechtlich abgesichert worden. Im Studienrecht habe man einen Kompromiss zwischen der Einführung der europäischen Studienarchitektur (Stichwort: Bakkalaureat) und den bestehenden studienrechtlichen Bestimmungen gefunden, auch wenn man in drei bis vier Jahren "sehr genau prüfen wird müssen, ob die Entwicklung in Österreich jener in Europa entspricht".
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Durchsetzung bei Leistungsvereinbarungen
Schließlich hätten sich die Unis bei den Forderungen im Zusammenhang mit der geplanten Leistungsvereinbarung durchgesetzt: Sie hätten nun eine stärkere Verhandlungsposition, es handle sich dabei um öffentlich-rechtliche Verträge, und es seien "echte dreijährige Vereinbarungen", weil die Mittel als Vorbelastungen auf künftige Budgets gesehen würden und nicht nur als Verwendungszusagen.
Kunsthochschulen: "Über Unis drübergefahren"
Nicht durchgesetzt haben sich die Rektoren beim Übergang der Kunsthochschulen in das neue Recht, räumt Winckler ein. Das ursprünglich geplante, um ein Jahr spätere In-Kraft-Treten der neuen Regelungen an den Kunsthochschulen wäre gerechtfertigt gewesen. Schließlich seien sie erst viel später in das derzeit noch gültige Organisationsgesetz eingetreten.

Nun ist vorgesehen, dass sie gleichzeitig mit den wissenschaftlichen Unis per 1. Jänner 2004 in das neue Recht überwechseln. "Da ist die Politik über die Unis drübergefahren", sagte der Rektorenchef.
Gegen eigenständige Medizin-Unis ...
Noch schmerzlicher ist für Winckler die Umwandlung der medizinischen Fakultäten in Wien, Graz und Innsbruck in eigenständige Medizin-Universitäten. "Das ist ein großer Punkt, bei dem es keine Zustimmung von uns gibt." Gerade heute gewinne die Grundlagenforschung zunehmend an Bedeutung in der Medizin, etwa im Bereich Molekularbiologie, aber auch ethische Fragen würden immer wichtiger.

Dies mache eine Zusammenarbeit in Lehre und Forschung immer erforderlicher, "die Idee der 'universitas' ist wichtiger denn je", so Winckler. Es sei klar, dass die Medizin vor allem im klinischen Bereich über eine bestimmte rechtliche Selbstständigkeit verfügen müsse, aber das heiße nicht, dass sie in eine eigene Universität ausgelagert werden müsse.
... Verbundlösung besser
In anderen europäischen Ländern oder in den USA gebe es vielfach Verbundlösungen mit der Medizin, und auch das von den Rektoren und Dekanen ausgearbeitete Alternativmodell habe eine solche vorgeschlagen. Für Winckler hätte man mit viel mehr Zeit und Sorgfalt Verbundlösungen diskutieren müssen, es sei ein Versäumnis des Ministeriums, das nicht rechtzeitig angegangen zu haben.

"Ich habe den Eindruck, dass man in diesem Punkt eher handeln als nachdenken wollte", so Winckler. Für ihn ist das ein Zeichen, dass dieser Punkt "von politischen Interessen durchsetzt war". Der Rektoren-Chef ist sich sicher, dass sich der jetzige Weg nicht als tragfähig erweisen wird, und "wir in ein paar Jahren diskutieren werden, ob nicht eine Verbundlösung besser ist".
->   Österreichische Rektorenkonferenz
->   Bildungsministerium
Mehr zur Uni-Reform in science.ORF.at:
->   Gesetzesentwurf im Kern fix
->   Medizin-Unis fix - Wissenschaftsrat kommt
->   science.ORF.at-Archiv zur Uni-Reform
 
 
 
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01.01.2010