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Querschnittlähmung: Heilung durch Nasen-Zellen?  
  Eine Beschädigung des Rückenmarks kann unter Umständen zu einer völligen Durchtrennung des Nervenstranges führen, was für Betroffene eine Querschnittlähmung ohne Aussicht auf Heilung bedeutet. Nun meinen australische Forscher einen Weg gefunden zu haben, die Verbindung des Nervenstranges wiederherzustellen: Olfaktorische Hüllzellen aus der Nase sollen eine Art Brücke bilden, um die Nervenzellen durch den zerstörten Bereich zu leiten.  
Entsprechende Versuche werden bereits seit Jahren an Ratten durchgeführt. Allen Mackay-Sim von der australischen Griffith University und sein Team wollen die Methode nun erstmals bei Patienten anwenden, wie das Magazin "New Scientist" berichtet.
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Der Artikel "Nose cells could cure paralysis" erscheint am 13. Juli 2002 in der Print-Ausgabe des "New Scientist" S.18, und ist Online abrufbar.
->   Der Artikel in "New Scientist"
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Brückenbildung über beschädigte Regionen
Wie in Tierversuchen festgestellt wurde, kann durch eine Transplantation von olfaktorischen Hüllzellen in beschädigte Rückenmarkregionen eine Art Brücke hergestellt werden, über die Nervenzellen des Rückenmarks weitergeleitet werden.

Auf diese Weise konnten Ratten trotz einer vollständigen Trennung des Rückenmarks wieder Kontrolle über ihre Hinterbeine gewinnen.

"Zahlreiche Versuche weltweit bestätigen, dass olfaktorische Zellen als Spitzenkandidaten für den Prozess der Brückenbildung in beschädigten Rückenmarkregionen zu betrachten sind", erklärt der Neurologe Robin Franklin von der University of Cambridge.
Olfaktorische Hüllzellen ermöglichen den Riechsinn
In ihrer eigentlichen Funktion ermöglichen die Zellen die olkfatorische Erregungsverarbeitung - den Riechsinn. Konkret stellen sie eine Verbindung zwischen dem Nervensystem der Nase und dem Palaeocortex her. In dieser Gehirnregion werden die Geruchsreize verarbeitet.

Im Gegensatz zu anderen Nervenzellen, besitzen sie die Fähigkeit, sich zu regenerieren. Dies könnte mit dem besonderen Umstand zusammenhängen, das diese Zellen aufgrund häufiger Infektionen im Hals- Nasen- und Ohrbereich besonders gefährdet sind. "Es sind nur wenige Mikrometer Schleim zwischen der Luft und den Nervenenden", erklärt Mackay-Sim.
Methode bisher für Menschen ungeeignet
Allerdings wurden die für die Brückenfunktion notwendigen Zellen bisher nur aus dem Gehirn der Tiere entnommen, wodurch die Methode für Menschen ungeeignet schien.
Andere Möglichkeiten der Zellgewinnung scheiterten an der Zahl der Zellen: Es war nicht möglich eine für die Brückenbildung ausreichende Zahl der Zellen nur einer Person zu entnehmen.

Mackay-Sim und seinem Team ist es nun gelungen, das Problem zu lösen: Sie entnehmen unter örtlicher Betäubung die notwendigen Zellen aus der Nase und vermehren diese in einer Zellkultur. Danach werden sie in das beschädigte Rückenmark injiziert.
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Rückenmark
Im Inneren der Wirbelsäule befindet sich das Rückenmark. Es ist für die Weiterleitung aller nervlichen Signale von den Extremitäten bis zum Gehirn und umgekehrt zuständig. Dieser dicke Nervenstrang erstreckt sich vom Hirnstamm, der Verbindung zwischen Rückenmark und Gehirn, bis zum zweiten Lendenwirbel. Jeweils zwischen zwei Wirbelkörpern, also in unmittelbarer Nähe der Bandscheiben, gehen einzelne Nerven von der Wirbelsäule ab und versorgen alle Regionen des Körpers, die auf entsprechender Höhe liegen. Hier teilt sich das Rückenmark in viele einzelne, wesentlich dünnere Nervenstränge, die die Hüft- und Beckenregion, die tiefer gelegenen inneren Organe sowie Beine und Füße versorgen
->   Mehr zu Rückenverletzungen in medicine-worldwide.de
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Test vorerst an drei Patienten
Der Mackay-Sim und sein Team wollen die Methode vorerst an drei querschnittgelähmten Patienten testen, fünf weitere sollen folgen.

"Selbst wenn nur eine geringe Verbesserung des Zustands gelingt, wie etwa die Wiedererlangung des Gefühls in den Beinen, könnte das schon äußerst hilfreich sein um beispielsweise wundgelegene Stellen zu verhindern.", wie Teammitglied Tim Geraghty betont.
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
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01.01.2010