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Ausstellung zum "Rätsel der Kelten"  
  Bei einer Routinegrabung am Glauberg bei Frankfurt am Main stießen die Archäologen 1995 auf eine wissenschaftliche Sensation. Sie entdeckten zwei reich ausgestattete keltische Fürstengräber. Erstmals werden diese Funde nun bei einer Ausstellung in Frankfurt gezeigt. Unter dem Titel " Glaube - Mythos - Wirklichkeit" werden neue Einblicke in den Ahnenkult der frühen Kelten und in die kulturelle und politische Macht dieser europäischen Hochkultur aus dem 5. Jahrhundert vor Christus geboten.  
Größtes frühkeltisches Heiligtum in Zentraleuropa
Vier lebensgroße Sandsteinfiguren hatten die beiden Gräber bewacht. Sie lagen im Zentrum eines sakralen Bezirkes, der mit 1,5 Quadratkilometern das größte frühkeltische Heiligtum in Zentraleuropa ist.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die vier lebensgroßen Kriegerstatuen. Sie werden im Kreis von 40 keltischen Großplastiken präsentiert, die aus acht europäischen Ländern stammen.
Abbild des Toten
Die lebensgroßen Sandsteinskulpturen waren 1994 in unmittelbarer Nähe der Fürstengräber vom Glauberg, 30 Kilometer nordöstlich von Frankfurt, gefunden worden. Eine der Statuen ist nahezu vollständig erhalten. Dargestellt ist ein Krieger mit Panzer, Schmuck und Schild.

Der Grabungsleiter Fritz-Rudolf Hermann: "Diese Großplastik ist bis heute das detailreichste Abbild eines frühkeltischen Fürsten des 5. Jahrhundert v. Chr. Sie stellt die Herrscherpersönlichkeit in voller Rüstung und mit ihren Machtsymbolen dar."
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Die Ausstellung
Die Hessische Landesausstellung "Das Rätsel der Kelten vom Glauberg. Glaube Mythos Wirklichkeit" stellt die frühen keltischen Großplastiken in ihren umfassenden kulturellen Kontext. Mit insgesamt 900 Objekten aus 60 Museen der Welt wird in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt im Ausstellungsdesign von Hans Dieter Schaal ein umfassendes Bild keltischer Kunst und Kultur präsentiert. Zu sehen ist die Sammlung noch bis zum 1. September 2002.
->   Keltenausstellung
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Kultisches Zentrum
Luftaufnahmen hatten in unmittelbarer Nähe des keltischen Fürstensitzes auf dem Glauberg einen Kreisgraben gezeigt. Eine zehn Meter breite Prozessionsstrasse führt auf den sakralen Bezirk zu. Mit einer geschätzten Fläche von 1,5 Quadratkilometern ist er das größte bekannte frühkeltische Heiligtum in Zentraleuropa. Die steinernen Abbilder der Fürsten waren innerhalb des Tempelbezirkes deponiert worden.

Fritz - Rudolf Herrmann: "Vermutlich handelt es sich um ein kultisches Zentrum für ein weites Umland, eine Stätte der Ahnenverehrung ebenso wie vielleicht den Platz von Wettkämpfen und Festspielen."
Riskante Bergung
Die Bergung der Fürstengräber war für die Archäologen eine Herausforderung. Von Grabräubern verschont, waren die 80 Zentimeter hohen Grabkammern durch die Bodenerosion und die Flurbegradigungen auf wenige Zentimeter zusammengepresst worden. Eine Grabung unter offenem Himmel war zu risikoreich.

In einer so genannten "Blockbergung" wurden die gesamten Grabkammern eingeschalt und in das Restaurierungslabor nach Wiesbaden transportiert. Die Röntgenaufnahmen zeigten den Archäologen, was sie erwartete: Grab 1 enthielt das Skelett eines 28 - 32 jährigen Mannes. Schwert und Schild, Pfeile und Bogen und der Goldschmuck zeichneten ihn als Fürsten aus. Eine bronzene Schnabelkanne war mit Honigwein gefüllt und sollte dem Toten symbolisch als Wegzehrung dienen.
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Herrschaftsgebiet so groß wie Hessen
Die Pollenanalyse zeigte, dass Weinproben aus verschiedenen Regionen im Umkreis von 80 - 100 Kilometern zusammengemischt waren. Das Herrschaftsgebiet der Fürsten vom Glauberg umfasste eine Region, die so groß ist wie das heutige Hessen. Die wirtschaftliche Grundlage für die Macht der Fürsten war den Archäologen bis vor kurzem noch unklar. Doch im Sommer 2001 wurden im 30 Kilometer entfernten Bad Nauheim Salinenbecken aus der Keltenzeit entdeckt. Hunderte von Menschen waren hier im 5. Jahrhundert in der Salzindustrie beschäftigt gewesen.
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Weit reichende Kulturkontakte
Ein Fund vom Glauberg - ein Goldring mit persischen Motiven - zeigt, über welche Distanzen die frühen Kelten Kulturkontakte pflegten. Aber auch Zitate der Skyten, der Griechen und der Etrusker verarbeiteten die keltischen Kunsthandwerker bei ihren Ausschmückungen.

Wobei Motive wie der Löwe, der Adler, das Pferd oder der Drache von den Kelten adaptiert und mit neuen Bedeutungsinhalten versehen wurden.
Europäische Zusammenschau
Rätselhaft ist den Archäologen die Funktion der Skulpturen. Die Zusammenschau der frühen keltischen Großplastiken aus ganz Europa zeigt Parallelen. So verschieden die regionalen Trachten und Rüstungsdetails sind: die lebensgroßen Figuren nehmen alle die gleiche Haltung ein. Sie stehen breitbeinig und in aufrechter Haltung, die Arme sind vor Brust und Bauch gekreuzt.
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01.01.2010