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Zuchtpferde stammen von 77 Ur-Stuten ab  
  Für viele liegt das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde - und zwar seit mindestens 4.000 Jahren, als die ersten Wildtiere gezähmt wurden. Gen-Tests haben nun bewiesen, dass der Vorgang der Domestizierung in verschiedenen Weltgegenden stattgefunden haben muss. Wenn sie Recht haben, dann stammen alle bekannten Pferderassen von 77 "Urstuten" ab - vom amerikanischen Mustang bis zum Shetland-Pony.  
Dies berichten Thomas Jansen von "Biopsytec Analytik" in Rheinbach und Forscherkollegen der Universität Cambridge in einer Vorabpublikation des Fachmagazins "Proceedings of the National Academy of Sciences".
Mehrere Ursprungsorte und Populationen
Der Streit, ob Pferde aus einer einzigen Region der Erde gezähmt worden waren oder aus verschiedenen Populationen, sei somit entschieden, meint Peter Forster vom Labor für Molekulargenetik am Archäologieinstitut der Universität Cambridge.

"Die genetischen Beweise schließen eine einzigen Ursprungsort der Domestizierung aus", meinte er gegenüber BBC Online. Dies scheint überraschend, da andere Haustiere - etwa Rinder, Ziegen oder Schafe - über einen weit beschränkteren Herkunftskreis verfügen.
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Die Original-Studie erscheint als Vorabpublikation in den "Proceedings of the National Academy of Sciences".
->   PNAS
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Untersuchung der mitochondrialen DNA
Die Forscher unterzogen 300 Pferden von 25 Pferdearten aus sieben Ländern in Afrika, Europa und Amerika einer Genanalyse.

Die DNA-Proben wurden mit DNA von 2.000 Jahre alten Wildpferden aus Schweden und Estland sowie mit jener von 28.000 Jahre alten fossilien Überresten aus dem Eis in Alaska verglichen.

Danach wurde die Mutationsrate der mitochondrialen DNA (mtDNA) ermittelt, die sich im Laufe der Jahrhunderte ergeben hatte.
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Mitochondriale DNA
Mitochondrien sind Organellen der Zellen, die als "Kraftwerke" für Zellatmung und Energiegewinnung verantwortlich sind. Obwohl sie sich in der Zelle befinden, besitzen sie eigene DNA, die so genannte mitochondriale-DNA (mtDNA). Weil diese DNA nur über die Mitochondrien der Weibchen einer Art vererbt wird (sie entstammt der Eizelle, ein Spermium liefert nur Kern-DNA), wird sie nicht mit "Fremd"-DNA eines männlichen Paarungspartners vermischt. Das bedeutet, dass Veränderungen an ihr allein durch Mutationen entstehen und nicht durch die Rekombination mit der DNA des Partners.
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"Molekulare Uhr"
Wenn man davon ausgeht, dass die Mutationsrate der mtDNA relativ konstant ist, kann man anhand der Unterschiede in den Sequenzen der Organismen Auskunft über die Abstammungslinie einer Spezies geben. Die mtDNA funktioniert somit als eine Art "molekulare Uhr".
Domestizierung weit entfernter Populationen
Der Vergleich der mtDNA durch das britisch-deutsche Forscherteam ergab, dass die gegenwärtig vom Menschen gehaltenen Pferde von nur 77 Wildstuten abstammen.

Ihre Gene waren nach Auskunft der Wissenschaftler sehr unterschiedlich, was darauf schließen lässt, dass ursprünglich weit voneinander entfernte Populationen domestiziert worden waren.
Wann wurden die Pferde gezähmt?
Der nächste Schritt der Forscher ist es ihren Angaben zufolge nun herauszufinden, wann dieser Vorgang eingesetzt hat. Bisher galt dies als relativ schwierig, da es von Pferden nur vergleichswenig wenig fossile Funde gab.

Der erste unleugbare Beweis für die Domestikation von Pferden stammt aus dem Jahr 2.000 v. Chr., als Pferde gemeinsam mit ihren Streitwägen begraben wurden.

Um 1.000 v. Chr. waren gezähmte Pferde in Europa, Asien und Nordafrika üblich.
->   Internationales Pferdemuseum
Last- und Nutztiere für frühe Nomaden?
Einige Experten glauben aber, dass die Zähmung viel früher stattgefunden haben muss - etwa vor 6.500 bis 4.500 Jahren in der Ural-Steppe.

Verwendet wurden sie ihnen zufolge als Lasttiere nomadischer Völker, aber auch zur Gewinnung von Fleisch oder Häuten.
->   Labor für Molekulargenetik, Archäologieinstitut, Universität Cambridge
->   Biopsytec Analytik
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01.01.2010